Von Servicekatastrophen und Wegen in die Eskalation, von Fröschen, die geküsst werden wollen und einem 10-Punkte-Plan für Friedensverhandlungen

Es ist immer wieder bemerkenswert, mit welch gleichgültiger Ignoranz Unternehmer die katastrophale Servicequalität ihres Betriebes hinnehmen. Vermutlich in dem festen Glauben, dass Kunden auf Bäumen wachsen und schlecht bzw. nicht geschulte (und wahrscheinlich schlecht bezahlte) Mitarbeiter günstiger sind als ein verlorener Kunde. Doch das ist ein fataler Irrtum! Schlechte Servicequalität vernichtet Kundenvertrauen, verscheucht Stammkunden, spricht sich rasend schnell rum und verunsichert die Mitarbeiter.

Vier Abkürzungen zur Eskalation

Wenn Sie mit Ihren Kunden schnell so richtig viel Ärger haben wollen, dann machen Sie Folgendes: Sie schneiden sich ins eigene Fleisch, dann sägen Sie den Ast ab, auf dem Sie sitzen und dann schießen Sie sich ins Knie.

Schieben Sie die Verantwortung von sich “Das hat mein Kollege verbockt” – “Das macht das System automatisch” – “Dafür kann ich nichts” – “Da müssen Sie sich woanders beschweren” – “Das ist nicht mein Problem” – “Normalerweise darf das nicht passieren”.

Es ist dem Kunden egal, wer verantwortlich ist. Er will seinen Unmut jetzt äußern. Und zwar bei dem Mitarbeiter, der ihm hier und jetzt gegenübersteht. Dieser Mitarbeiter IST DAS UNTERNEHMEN.

Die Regel: jeder Mitarbeiter ist verantwortlich. IMMER. Für ALLES.

Betonen Sie die Innensicht “Bei uns läuft das immer so” – “Das ist bei uns nicht üblich” – “Da sind Sie aber der Erste, der das verlangt” – “Das haben wir noch nie so gemacht” – “Dafür haben wir feste Regeln”

Die Regel: sprechen Sie NIEMALS aus der INNENSICHT. Warum? Sie ist dem Kunden egal, das belästigt ihn … und er hat Recht damit!

Jammern Sie “Was diese Änderung wieder Zeit kostet” – “Wenn Sie das am Anfang gesagt hätten” – “Wir sind immer die Gelackmeierten” – “Muss das jetzt sein?” – “Dafür ist es heute zu heiß/kalt, früh/spät, feucht/trocken, voll/leer”.

Die Regel: NIEMALS JAMMERN. Jammern ist furchtbar, damit erniedrigen Sie sich zum Opfer. Niemand wird sich dafür interessieren.

Drohen Sie “Das haben schon andere bereut” – “Haben Sie sich das gut überlegt?!” – “Wenn Sie dem nicht zustimmen, müssen wir …” – “Dann machen wir eben gar nichts mehr”

Die Regel: NIEMALS DROHEN: Wer droht ist raus. Selbst wenn der Kunde einknickt – er ist ja in gewisser Weise von Ihnen abhängig – er wird sich rächen, garantiert. Spätestens, wenn es an die Rechnung geht. Oder er findet plötzlich lauter Kleinigkeiten, die Ihnen das Leben zur Hölle machen.

Lösung 1: Mit dem Gast schmusen – Küss den Frosch

Küss den Frosch! Gerät ein Kunde außer sich und deckt Sie mit Vorwürfen ein, dann ist es zu spät für einen ruhigen, abgeklärten Dialog. Das müssen Sie einfach aushalten. Wichtig ist hier, mit Gesten, der Mimik und Ihrer zugewandten Art zu vermitteln, dass Sie sich das jetzt einfach anhören.

Bitte kommentieren Sie nichts, lassen Sie den Kunden leer reden. Wenn die Zeit gekommen ist, dann sprechen Sie ruhig: „Vielen Dank für Ihre Offenheit und Ihre klaren Worte. Ich nehme Ihre Verärgerung wahr“. Das Folgende lässt sich schlecht planen, das müssen Sie spontan entscheiden.

Lösung 2: Der 10-Punkte-Plan für Friedensverhandlungen

Folgende zehn einfache Regeln helfen Ihnen, den Frieden wieder herzustellen:

  1. Geben Sie Ihrem Kunden Zeit, wirklich alles zu sagen. Werten Sie diese Aussagen nicht, stimmen Sie nicht zu, lehnen Sie nichts ab. Alles was Ihr Kunde jetzt nicht sagt, ereilt Sie zu unpassender Zeit.
  2. Notieren Sie still für sich, was Ihr Kunde sagt und versuchen Sie so, Ordnung in das Gesagte zu bekommen. Manches kommt ja in der Aufregung wirr rüber. In dem Sie notieren, nehmen Sie innerlich auch leichter die Rolle des Beobachters ein. Es geht ja um eine Sache, nicht um Sie persönlich.
  3. Hören Sie aktiv zu und verwenden Sie ab und an kurze Worte, an denen Ihr Kunde merkt, dass Sie noch geistig anwesend sind: „ja“, „ich verstehe“ „hmm“, „gut“,„ach“ „oh“, ….
  4. Kühlen Sie sich runter. Dampf ablassen beginnt damit, dass Sie tief ausatmen – das hilft. Behalten Sie einen klaren Kopf. Notieren Sie sachlich das Gesagte mit.
  5. Denken Sie nach und reflektieren Sie das Gesagte. Jenseits der Verärgerung, die Sie empfinden kann es sein, dass Ihr Gegenüber zumindest in Teilen Recht hat.
  6. Rechtfertigen Sie sich nicht. Wer sich rechtfertigt, verliert den Kampf. Vermitteln Sie immer, dass Sie sich eine Lösung wünschen. Bleiben Sie an der Sache orientiert und aufrichtig. Wenn Ihr Unternehmen einen Fehler gemacht hat, dann nennen Sie das auch so. „Ja, da haben wir einen Fehler gemacht“.
  7. Wenn Ihr Kunde leer geredet ist, dann fassen Sie das Gesagte zusammen: „Bitte erlauben Sie, dass ich kurz zusammenfasse – damit ich verstehe, worum es geht“. Wenn Sie darin unterbrochen werden, dann lassen Sie es zu und beginnen von vorne. Das ist lästig, aber ein sehr wichtiger Schritt. Am Ende des Gesprächs müssen sich beide Seiten sicher sein, dass beide vom Gleichen sprechen.
  8. Versuchen sie, den entscheidenden Punkt zu finden. Häufig rankt sich rund um eine Beschwerde ein Wust an Kleinigkeiten, die für sich genommen nicht so wichtig sind. Sprechen Sie das an: „Ich glaube, der entscheidende Punkt ist …“
  9. Versuchen Sie, SOFORT zumindest eine Teillösung zu finden. „Als erstes biete ich Ihnen an” … “Was meinen Sie dazu” … “Für die anderen Punkte bitte ich um ein wenig Geduld. Ich finde eine gute Lösung und dann sprechen wir weiter. Ist das in Ordnung für Sie?“ Menschen sagen viel lieber Ja als Nein. Stellen Sie Fragen, die leicht mit Ja beantwortet werden können.
  10. Nach dem Gespräch fassen Sie das Gesagte zusammen und senden Sie Ihrem Kunden einen Brief oder eine E-Mail mit den wesentlichen Punkten. Und: Bleiben Sie sachlich, vermitteln Sie Ihr Interesse an einer Lösung.

Nehmen Sie sich folgende Aspekte bitte zu Herzen:

  • JEDER Kunde ist wichtig, insbesondere Stammkunden.
  • Bei einer Beschwerde müssen Sie erstmal den Sachverhalt klären.
  • Sie brauchen regelmäßig und professionell geschulte Mitarbeiter, die die Regeln der Deeskalation beherrschen und eigenverantwortlich entscheiden und handeln können (und dürfen).

Wer das beherzigt, öffnet das Tor zum unternehmerischen Paradies. Wer das ignoriert, dem bleibt eine aggressive Billigpreis-Strategie, schnäppchensüchtige Kunden und lustlose, desinteressierte Mitarbeiter – er öffnet das Tor zur unternehmerischen Hölle.