Kategorie: Veränderungsmanagement

Systeme verbessern

Jedes Unternehmen ist in einen Kreislauf eingebunden. Menschen haben Bedürfnisse, ihr Leben besser zu gestalten. Unternehmen ersinnen und erstellen Lösungen in Form von Produkten und Dienstleistungen. Diese Ergebnisse werden als Angebot auf den Markt gebracht und treffen dort idealerweise auf die Nachfrage. Und so geht das immer weiter, denn Bedürfnisse sind unendlich.

Unternehmen sind dann dauerhaft erfolgreich, wenn sie stabile Systeme schaffen, innerhalb dessen Produkte und Dienstleistungen hergestellt werden. Ein System ist dann stabil, wenn die Produkte und Dienstleistungen ökonomisch produziert werden – zu  vernünftigen Kosten und Preisen und einer vernünftigen Qualität.

Laufen die Kosten aus dem Ruder, ist das sehr schlecht, kann man keine kostendeckenden Preise erzielen, ist das noch schlechter und wenn die Qualität nicht stimmt, ist das Ende des Unternehmens nahe. Gute Gründe, Kontrollgrenzen zu definieren und Kontrollen durchzuführen.

Innerhalb des Systems finden viele Ereignisse statt. Der Qualitätskorridor definiert die akzeptierten Abweichungen, die das System nicht destabilisieren.

Durch Kontrollen kann man die Ereignisse bewerten und zuordnen. Finden die Ereignisse innerhalb der Kontrollgrenzen statt, ist alles in Ordnung. Nicht jede Schwankung ist ein Problem oder führt zu einem Problem. Diese Kontrollen schützen auch davor, in Aktionismus zu verfallen und jede kleine Abweichung nachjustieren zu wollen.

So ist übrigens das Kernkraftwerk in Tschernobyl geplatzt: weil man zu hektisch jede Veränderung händisch nachjustierte und somit ein unkontrollierbares Aufschaukeln der Reaktortemperatur herbeiführte. Nachzulesen im sauber recherchierten Buch „Die Logik des Mißlingens“ von Dietrich Dörner.

Variationen entstehen immer. Allein die Möglichkeit der Beeinflussung des Systems durch externe Faktoren ist unendlich (z.B. das Wetter und damit verbundene Verspätungen, Grippewellen, die Teile der Belegschaft lahmlegen).

Natürlich wird das System auch durch systemische Einflüsse gestört. Viele Systeme sind das Ergebnis eines austarierten Kompromisses, z.B. von Herstellkosten und Qualität oder Lagerfläche und Verfügbarkeit. Solche systemischen Widersprüche führen ebenfalls zu Variationen innerhalb des Qualitätskorridors.

Spezielle Einflüsse führen zu speziellen Ergebnissen. So führte z.B. das mehrtägige Münsterländer Schneechaos beginnend am 25. November 2005 zu einer Vielzahl von Einzelschäden (Bäume, Strommasten, Gebäude, Straßen), die in der Summe das System „Öffentlicher Raum“ zu erliegen brachten.

Der Handlungsbedarf der Krankenhäuser war ganz klar die Sicherstellung der Stromversorgung für die wichtigsten Operationen, der „Normalbetrieb“ wurde eingestellt. Diese speziellen Ergebnisse – die Nichtversorgung von Patienten mit „aufschiebbaren“ Beschwerden – müssen gesondert ausgewiesen werden. Die Nichtversorgung war kein Fehler im System.

Wenn allerdings die Erfahrung zeigt, dass mehrtägige massive Nassschneefälle im Münsterland zur Normalität werden – also mit einer gewissen Regelmäßigkeit erwartbar sind – dann muss man die Systeme neu justieren. Jedes System muss an seine Umwelt angepasst sein.

So wie mit den Nassschneefällen im Münsterland verhält es sich mit allen externen Einflüssen. Sie beeinflussen und in der Regel beeinträchtigen sie das laufende System. Neue Wettbewerber treten auf den Markt – mit besseren oder billigeren Produkten und Dienstleistungen, die Kundenbedürfnisse wandeln sich und steigen und mancher Megatrend gewinnt exponentiell an Bedeutung (vegetarische Ernährung, Diesel-PKW). Wer im Jahr 2018 als Gastronom nur Fleischgerichte und als Automobil-Hersteller nur Diesel-PKW im Angebot führt, hat ein Problem.

Obwohl das Unternehmen nichts an seinem System ändert, wird es relativ zum externen Druck „schlechter“. Die eigenen Produkte und Dienstleistungen verlieren im Vergleich zu anderen Produkten und Dienstleistungen an Glanz und Anziehungskraft.

Die erste Lösung: Das Unternehmen verbessert das System, es hebt das System auf einen zeitgemäßen und wettbewerbstauglichen Level an – oder darüber hinaus. Z.B. mit besseren Produktionsverfahren, mehr Kundenservice, schicken neuen Produktfeatures oder einer optimierten Vertriebslogistik, die die Produkte und Dienstleistungen schneller an mehr Orte bringt.

Die zweite Lösung ist kniffliger und gleichermaßen ertragreicher: Das Unternehmen hebt den Systemlevel über den des Wettbewerbs an und verringert gleichzeitig die Variation seines Systems. Der Qualitätslevel liegt deutlich über dem des Wettbewerbs und er ist gleichermaßen verlässlicher. So gibt es z.B. keine „Montagsautos“ mehr oder Fehler In Allen Teilen (kleiner Scherz).

Anders formuliert: Das Unternehmen strebt nach Exzellenz. Exzellenz ist die Königsdisziplin der Markenführerschaft und alle exzellenten Unternehmen wissen: Exzellenz sichert dauerhaft die höchsten Deckungsbeträge. Denn verlässliche Spitzenqualität ist fast nicht kopierbar.

Es gibt da diese kleine Geschichte, dass General Electric dereinst in Japan 1 Mio. elektrische Schalter bestellte mit der Bitte, die 6-Sigma-Regel einzuhalten (6 fehlerhafte Schalter in der Gesamtlieferung von 1 Mio. Schalter.) Die Japaner lieferten und legten der großen Lieferung ein kleines Schächtelchen bei mit dem Laufzettel: „Wunschgemäß 6 fehlerhafte Schalter“. Während General Electric den Qualitätskorridor mit 6 fehlerhaften Teilen auf 1 Mio. Teile definiert hatte, waren die Japaner schon weiter. Deren Qualitätskorridor lautete: 0 Fehler.

Für Verbesserungen des Systems und die Verringerung von Variationen benötigen Unternehmen zweierlei. Sie brauchen klare Ziele UND sie brauchen Methoden, um diese Ziele zu erreichen.

Ziele allein nützen nichts. Ziele definieren einen bestimmten Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt. Nicht mehr und nicht weniger. Den Zielformulierungen folgend müssen Methoden entwickelt und definiert werden, die alle an der Zielerreichung Beteiligten befähigen, diese Ziele zu erreichen.

Es ist nutzlos, der Wandergruppe das Ziel zu setzen, binnen 48 Stunden den Gipfel des Mont Blanc zu erklimmen, wenn die Wandergruppe weder die Kondition, noch die Erfahrung oder die Ausrüstung für diese Aufgabe hat.

Manche Unternehmen formulieren in aufwändigen Verfahren – in Mitarbeiterworkshops, mittels Benchmarking oder mit externer Hilfe – hehre Ziele. Diese wohlklingenden und kraftvollen Sätze sind immer dann Parolen und willkürliche Vorgaben, wenn keiner weiß, wie denn nun der Weg zum Ziel angepackt werden soll. Nur ein Aspekt in diesem Vorgehen ist richtig: Das Ziel befindet sich außerhalb der Systemgrenzen. Das Ziel definiert „das Bessere.“

Viele Unternehmen begreifen die Formulierung von Zielen als Motivationsmaßnahme. Wenn jeder weiß, wohin die Reise geht, dann möge er sich bitte entsprechend in die Riemen legen. Das ist natürlich Blödsinn und führt binnen kurzer Zeit zu Verdruss und zu Schuldzuweisungen – je nachdem, auf welcher Seite man steht.

Der entscheidende Punkt um Ziele zu erreichen, ist immer, das System zu verbessern. Der Knackpunkt ist weniger das sauber definierte Ziel, der Knackpunkt ist die Methode, es sind die Hilfestellungen die nötig sind, sich auf den Weg zu machen und das Ziel zu erreichen.

Diese Hilfestellungen sind kein Geheimwissen, sie sind ein Bündel an Werkzeugen, die vernünftig ausgewählt und zu Methoden kombiniert das Veränderungsmanagement ergeben.

Im Gegensatz zur Führung – die die Zukunft beschreibt, diese vorstellbar macht und die Mitarbeiter dafür gewinnt, bezieht sich das Management auf die Durchführung und die Realisierung von Maßnahmen, um Ziele zu erreichen. Die Führung beschreibt die Zukunft, das Management baut die Straßen in Richtung Zukunft. Beschreitet man diese, ist man auf dem Weg in Richtung Zukunft, man ist auf dem Weg der Veränderung.

Herzlich willkommen im Club der klaren Denker und kraftvollen Macher,

Ihr Stefan Theßenvitz

Veränderung gestalten

Sie kennen das? Das Geschäftsjahr verläuft in Zyklen. Phasen erhöhter Aktivität (z.B. Weihnachtsgeschäft) wechseln mit ruhigeren Phasen (z.B. Jahresanfang und Sommer). Jedes Unternehmen erlebt im Jahresverlauf Phasen der Hochsaison und entspanntere Wochen.

Aus dem Jahresverlauf abgeleitet etablieren sich betriebliche Verfahren und Abläufe. Sie resultieren aus Erfahrungen mit der Vergangenheit. Sie sind vorhersehbar und damit gut planbar.

Die betrieblichen Verfahren und Abläufe dienen dazu, Wertschöpfung zu generieren. Der Input führt zu einem Output, der idealerweise höher ist als der Input. Denn nur so ist das Unternehmen auf Dauer lebensfähig.

Beispiele für Output: Produkte, Dienstleistungen, Bekanntheitsgrad, Image, Umsatz, Marktanteil, Preisposition – in Euro gemessen
Beispiele für Input: Zeit, Kapital, Knowhow – in Euro gemessen

Im Verlauf der Zeit sinkt die Wertschöpfung jedes Unternehmens, obwohl die betrieblichen Verfahren und Abläufe eingespielt sind und gut funktionieren. Neue Wettbewerber treten in den Markt ein mit besseren oder günstigeren Produkten und Dienstleistungen, gesetzliche Regelungen verändern sich, die Kunden werden anspruchsvoller, Megatrends gewinnen an Bedeutung (z.B. internetbasierte Geschäftsmodelle) – kurz: die Welt verändert sich.

Ändert das Unternehmen nichts an seinen Verfahren und Abläufen, dann sinkt die Wertschöpfung (der Output), bis diese schließlich den 0-Punkt erreicht. Input und Output sind gleich, die Kosten der Leistungserstellungen (der Input) entsprechen den Erträgen (dem Output).

Der Preis der Nichtveränderung ist eine dauerhafte Verlustzone. Gleichzeitig steigt der Veränderungsdruck, meistens leidet das Betriebsklima und die Suche nach Schuldigen beginnt.

Veränderung alleine macht es nur schlimmer. Die bestehenden Verfahren und Abläufe bleiben erhalten (das kann man schließlich und es hat sich lange Zeit bewährt) und obendrauf packt man neue Verfahren und Abläufe. Besonders beliebt: Qualitätsmanagement. Das Ergebnis ist eine dauerhafte Mehrbelastung. Der Input steigt, der Output bleibt unverändert negativ.

Gehen wir einen Schritt zurück: Sinkt der Output beständig und nähert sich dem 0-Punkt, dann gibt es nur einen guten Weg: Die bestehenden Verfahren und Abläufe überprüfen und verändern.

Meine Erfahrungen aus der Praxis. Viele Unternehmen neigen zu neurotischem Verhalten. Sie behalten ihre Verfahren und Abläufe bei, auch wenn diese ökonomisch kein Sinn mehr ergeben. Der einzige Sinn ist die Bedeutungsillusion, man sei schließlich fleißig.

Zeigt man Mut, lässt das Alte los und wendet sich dem Neuen zu, so verbessert sich die Wertschöpfung erst nach und nach. In dieser Phase der Veränderung – steigende Arbeitsbelastung und eine sich langsam verbessernde Wertschöpfung – muss man die Nerven behalten. Denn jetzt treten die Kritiker auf den Plan. Sie kennen folgende Sätze? „Ich habe gleich gewusst, das wird nichts“, „Früher hat es besser funktioniert.“

Dauerhafte Veränderung hält das System lebendig. Ab und zu kommen besondere Herausforderungen auf einen zu, verbunden mit größeren Anstrengungen. Doch wer systematische Veränderungen als Teil der Gesamtaufgabe versteht, führt ein gutes unternehmerisches Leben.

Herzlich willkommen im Club der klaren Denker und kraftvollen Macher,

Ihr Stefan Theßenvitz

Der Grenzertrag als Kennzahl

Sie kennen die Situation? Sie investieren, doch Ihre Investitionen führen nach einer bestimmten Zeit immer weniger zum gewünschten Erfolg. Der Bekanntheitsgrad steigt nicht mehr und das Image verbessert sich nicht mehr, die Umsatzzuwächse sind rückläufig, die Deckungsbeiträge werden immer niedriger, der Marktanteil erodiert, die Preisposition gerät unter Druck.

Der Grenzertrag ist der Zuwachs des Ertrags, der durch den zusätzlichen Einsatz eines Produktionsfaktors erzielt wird.

 

Geht der Grenzertrag auf 0, wird die Wertschöpfung negativ. Die Ziele, Strategien und Maßnahmen, das organisatorische Geflecht – die Aufbau- und Ablauforganisation – tragen nicht mehr zum unternehmerischen Erfolg bei.

Es ist wichtig zu erkennen, dass auch ein dysfunktionales System ein System es. Es ist eben ein System, das nicht funktioniert. Und dennoch kann es bestens organisiert sein – mit  Investitionen, Stellenbeschreibungen und Aufgabenplänen. Gerade öffentliche Einrichtungen neigen zur Selbstreferenzialität, wenn der Zusammenhang von empfangenen öffentlichen Mitteln und der Aufgabe der öffentlichen Einrichtung verloren geht. Die empfangenen Geldmittel versorgen die öffentliche Einrichtung mit der Relevanzillusion „Ich bekomme Geld, also bin ich von Bedeutung“.

Selbstreferenziell: Eine Handlung nimmt auf sich selbst Bezug. Sie erfüllt keinen über die Handlung hinausgehenden Zweck. So können z.B. jede Woche täglich mehrstündige Besprechungen durchgeführt werden, ohne dass diese etwas bewirken (besserer Kundenservice, neue Produkte, innovative Idee, die in die Tat umgesetzt werden). Der einzige Zweck der Besprechungen ist das Besprechen von Themen. Und abends gehen alle zufrieden auseinander, man hat ja schließlich Zeit im Unternehmen verbracht. Hier öffnet sich ein weites Feld, ob man sich beschäftigt oder ob man arbeitet, doch das führt hier zu weit.

Der Grenzertrag ist eine wesentliche Kennzahl, das System zu überprüfen. Sinkt der Grenzertrag, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, über neue Systeme nachzudenken. Der Grenzertrag wird immer im Zeitablauf sinken, das ist normal, denn die Welt verändert sich. Genau so normal muss es sein, die Systeme des Unternehmens auf ihren Beitrag zum Erfolg zu überprüfen. Die systematische Analyse des Grenzertrages kann hierbei große Dienste leisten.

Unternehmen, die ihre Systeme regelmäßig überprüfen und sinnvoll anpassen, werden mit einem entspannten und verlässlichen Geschäftsbetrieb belohnt. Um einem Missverständnis vorzubeugen: Es geht nicht um ein besinnungsloses Steigerungsspiel. Es geht darum, dauerhaft relevant zu bleiben – mit seinem Unternehmen einen Beitrag zu leisten, der die Welt ein bisschen besser macht.

Herzlich willkommen im Club der klaren Denker und kraftvollen Macher,

Ihr Stefan Theßenvitz