Schlagwort: Ordnungsrahmen

Das neue Gleichgewicht der Kräfte

Für ein gutes Zusammenleben brauchen menschliche Gemeinschaften einen Ordnungsrahmen. Manchmal ist dieser besser gefügt, manchmal weniger gut. Manche Gemeinschaften organisieren sich als Sippe, Clan oder Stamm. Früher waren Fürstentümer sehr beliebt, dann König- und Kaiserreiche.

Aktuell wandeln sich einige offene Gesellschaften in geschlossene Gesellschaften um – man liebäugelt wieder mit autokratischen und diktatorischen Elementen. Manchmal putscht das Militär und verspricht Demokratie und sie beginnen ihre neue Herrschaft mit Ausgangssperren und dem Abschaffen aller staatliche Institutionen – natürlich nur vorübergehend.

Der demokratisch verfasste Teil der Welt ist weitgehend in einer Krise. Von allen Rändern fressen sich totalitäre Kräfte in die besorgte Mitte, sie testen die Grenzen des Sag- und Machbaren aus und selbst die Nazis unter uns gerieren sich mittlerweile als verfolgte Opfer. Diese Strategie hat sich am linken Rand sehr erfolgreich etabliert – und so lernen sie voneinander, die Nationalisten und die Sozialisten. Die Gestaltungskraft der bürgerlich getragenen politischen Kräfte scheint an ihre Grenzen gekommen zu sein.

Man gewinnt den Eindruck, die Demokratie ist kein Sehnsuchtsort mehr, für den es sich zu kämpfen lohnt. Der Staat wird je nach monetärer und geistiger Verfasstheit wahlweise als Dienstleister angesehen, als zu plündernder Geldsack begriffen oder als Schweinesystem diffamiert – was dem eigenen Anspruch gegenüber dem Staat auf Dienstleistungen und Geldtransfers keinen Abbruch tut. So ungefähr jeder Dritte hat sich aus dem demokratischen Miteinander verabschiedet, man geht schlicht nicht mehr zur Wahl.

Entscheidend für den folgenden Gedanken ist das Verständnis dafür, wie menschliche Gemeinschaften ticken. Ausnahmslos keine menschliche Gemeinschaft funktioniert ohne Macht. Ob Patriarchat oder Matriarchat, ob Clan, Sippe, Stamm, Fürstentum oder Staat, es funktioniert nur mit Macht. Diese Macht kann das Recht des Stärkeren sein.

Sie erinnern sich an den Film Odyssee im Weltraum? Zu Beginn des Filmes rivalisieren zwei Affenhorden um eine Wasserstelle in der Savanne. Die eine Horde entdeckt den Oberschenkelknochen eines von ihnen getöteten und verzehrten Tapirs als Waffe. Damit zertrümmert der Anführer der einen Horde den Schädel des anderen Anführers.

Macht kann auch eingehegt werden in Form der Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive, Judikative und der hier bewusst hinzugenommenen Pressefreiheit in Form von Information und Aufklärung. Die Gewaltenteilung und das Gewaltmonopol des Staates sind wunderschöne Erfindungen, um die der Gewalt und Aggression zugeneigte – vermutlich ausgelieferte – Menschheit zu zügeln und sie in Schach zu halten. Diese Urkraft des Menschen ist Teil unseres Schicksals. Eingehegt in einen Ordnungsrahmen kann diese Kraft ungeheuerlich schaffensfroh, erfinderisch und segensreich wirken. Denn Gewalt und Aggression sind in ihrem Kern pure Energie. Diese Energie wird sich immer ihren Weg bahnen und wirken – entweder zerstörerisch oder gestaltend.

Neben der Bedingung der kultivierten Macht bedarf es einer zweiten Bedingung, um die Energie der Menschen für das Gute freizusetzen. Der Mensch braucht das glaubwürdige Versprechen, sich aus eigener Kraft ein gutes Leben schaffen zu können. Der Mensch braucht die Zuversicht in seine Leistungsfähigkeit und er braucht die Zusicherung, dass ihm niemand ungestraft die Früchte seiner Arbeit wegnehmen darf.

Der mit diktatorischer Macht eingehegte Mensch wird seine Energie gegen sich und andere richten – besonders beliebt sind auch äußere Feinde wie Religionsgemeinschaften, ethnische Zugehörigkeiten, fremde Länder oder einfach das nächste Dorf. Der von der rechtsstaatlichen Macht beschützte Mensch wird seine Energie für sich und andere einsetzen, er wird Häuser bauen, Kinder unterrichten und Medikamente erfinden.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Eigenverantwortung im guten Miteinander

Der eingehegte Mensch allein ist keine Lösung. Macht muss den Menschen dienen. Jeder Mensch braucht eine faire Chance, sein Leben aus eigener Kraft zu meistern. Der Ökonomie muss wieder ihr Platz als dienender Teil der Gemeinschaft zugewiesen werden.

Die Ökonomie braucht einen Rahmen, um den Wohlstand aller Menschen zu befördern. Das Kapital darf sich nicht obszön kumulieren. Der Staat muss wieder einen Ordnungsrahmen schaffen, in dem die Kräfte in einem ausgewogenen und dem Guten dienenden Miteinander zueinanderstehen. Eine gesunde offene Gesellschaft übernimmt Verantwortung. Diese beginnt immer mit der Eigenverantwortung.

Das Pampern der Menschen durch den Staat muss ebenso aufhören wie das Spiel der freidrehenden verantwortungslosen Ökonomie. Wir müssen unsere Sachen neu regeln, in Gesellschaft und Politik. Wir brauchen eine neue Vereinbarung. Wir brauchen das Primat des Staates im Zusammenspiel mit einer Gesellschaft, die ihr Leben in Eigenverantwortung organisiert. Die Wirtschaft dient der Wohlfahrt in Staat und Gesellschaft.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Nachhaltige Politik

Nachhaltige Politik schafft einen verlässlichen Ordnungsrahmen für das gesellschaftliche Miteinander, sie mildert die existenziellen Nöte der Menschen (zum Beispiel Krankheit, Arbeitslosigkeit und Armut) sie sorgt für die Rahmenbedingungen eines gedeihlichen Gemeinwesens (Bildung, Infrastruktur), setzt das Gewaltmonopol durch und zieht das notwendige Maß an Steuern ein, um die öffentlichen Güter zu finanzieren.

Nicht nachhaltig ist Politik immer dann, wenn sie mit Fördermitteln Strukturen, Institutionen und Projekte schafft, die nicht gemeinwohlorientiert sind, wenn sie politisch opportune Klientel versorgt und wenn sie über ihre Kernaufgaben hinaus wirtschaftliche Entwicklungen aus einem politischen Interesse heraus steuert.

Nicht nachhaltig ist Politik immer dann, wenn sie sorglos oder fahrlässig Sozialsysteme (die durch die Beiträge der Menschen finanziert werden) zweckentfremdet und öffentliches Eigentum privatisiert ohne das Gemeinwohl zu stärken (zum Beispiel sozialer Wohnungsbau).

Zum Thema Nachhaltige Politik arbeiten wir mit Ministerien, Kammern, Verbänden, Verbünden und Initiativen.