Alternativlos Denken

Wer alternativlos denkt, ist geistig insolvent. Es gibt wohl keine dümmere und ideenlosere Art, sein Leben zu denken. Ich sag mal, was alternativlos ist: „In The Long Run We Are All Dead.“ Das antwortete John Maynard Keynes auf die Frage, was denn seine langfristige Prognose sei.

Der Fluch liegt darin, dass wir glauben, jemand, der alternativlos denkt, verfügt über einen geheimnisvollen Algorithmus, der ihn schachcomputergleich befähigt, alles hin zum zwingend logischen einzig möglichen Ergebnis zu berechnen und uns mit den Rechenschritten zu belasten wäre vergebene Liebesmühe, denn wir sind zu dumm und der andere ist besonders klug. Aus dieser zugeschriebenen Überhöhung, die der andere gerne annimmt und auch wirklich glaubt – lässt sich wirklich jeder Mist auf das Volk äpfeln. Wer so etwas sagt, foltert das Wort „Denken“. Wer so etwas sagt, bedient sich satanischer Dialektik, die jeden lebendigen Diskurs zerstört.

Wenn wir schon denken wollen – was meist dramatisch überschätzt wird – dann aus zwei Gründen: Ich will jetzt etwas gestalten und will dafür eine Lösung oder ich nehme mir etwas vor und dann plane ich die Schritte, um mein Ziel zu erreichen. Denken ist also immer ein lebendiger Akt, die Welt zu gestalten. Es ist schlicht nicht möglich, alternativlos zu denken.

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Auszug aus dem Buch: Zur Sonne, Zur Freiheit | Das kleine Handbuch für ein gelingendes Leben“, Stefan Theßenvitz, 260 Seiten, 36 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/zur-sonne-zur-freiheit/