Schlagwort: Strom

Lost in Abstraktistan

Eigentlich lässt es sich für die Nachhaltigkeit ganz gut an seit dem Jahr 2022. Die fossile Energie ist teuer, die regenerative Energie nicht minder, es fehlen Fachkräfte hinten und vorne, die hohen Preise für Material und Rohstoffe führen zu weniger Verbrauch. Das wären eigentlich gute Voraussetzungen für den Einstieg in eine nachhaltige, ausbeutungsfreie Wirtschaftsweise und eine Ära der klugen Innovationen in Wissenschaft und Wirtschaft. Denn Knappheit führt zur Achtsamkeit. Knappheit ist die Voraussetzung für Kreativität.

In der Überwindung der Knappheit finden wir den stärksten Handlungsimpuls der Menschen. Alle Menschen, deren Großeltern die Nachkriegsjahre nach 1945 in Deutschland bewusst erlebt haben, kennen das aus eigenen Erzählungen in ihren Familien. Lebensmittel werden bis zum Schluss verbraucht.

Bei uns daheim gab es immer montags ein Essen aus Resten der letzten Woche, Papier wurde eng und doppelseitig beschrieben, Strümpfe wurden gestopft, auf Triangeln in Hosen kamen Flicken, die jüngeren Geschwister trugen die Kleidung der Älteren auf, in den Deckenleuchtern brannte außer an Festtagen nur eine Glühbirne und so weiter.

Aus dieser Knappheit – und dem Verlangen, mit harter Arbeit die Gräuel des zweiten Weltkrieges hinter sich zu lassen – entstand das Wirtschaftswunder.

Ein Schlaglicht auf den Sommer 2023: Die Übergabe eines Holzschwertes, eines Speers, eines Fischernetzes und eines Rindenschälers durch die deutsche Außenministerin (Grüne)  an einen Aborigine-Stamm in Australien scheitert an einem defekten Airbus. 160 über Abu Dhabi in die Luft geblasene Tonnen Kerosin später kehrt sie unverrichteter Dinge heim, die deutsche Außenministerin. Gleichzeitig wirbt der Wirtschaftsminister (ebenfalls Grüne) für einen deutlich reduzierten Industriestrompreis und gerät sich damit sowohl in die Wolle mit dem amtierenden Kanzler (SPD) als auch mit seinem Kollegen aus dem Finanzministerium (FDP). Dieser wirbt für ein Wachstums-Chancen-Gesetz. Der sich vor Salz im Essen fürchtende Gesundheitsminister indes schafft Fakten mit dem Cannabisgesetz.

Was dieses Schlaglicht jenseits meines mir zur Verfügung stehenden Verständnisses und meiner mangelnden Vorstellungskraft mir unerreichbarer Einsichten in höhere Zusammenhänge unserer Politik auf jeden Fall klar ausleuchtet: Niemand will das alte Spiel verlassen. Die eine gefällt sich im bedeutungsvollen und irgendwie auch übergriffig überheblichem gönnerhaften Gestus „Ich bring es Dir, Dein Holzschwert. Nimm es hin. Es und ich flogen zu Dir – im Vogel aus Stahl von weit weit weg nach hier.“

Der andere will mit aus Steuermitteln subventioniertem Strom das alte Geschäftsmodell der Ausbeutung am Laufen halten „Nehmet hin den billig Strom. Ich denke und lenke und ihr fahret fort in eurem Thun.“ Der dritte im Bunde verordnet Wachstumchancen per Gesetz „Vernehmet und frohlocket. Ich bring es auf euch nieder. Vom Berg herab das Wachstum, ihr frisch hinan zu den Chancen. Und jetzt hopp hopp.“ Na, dann bauen wir uns doch den Homegrown an und lallen sanft sabbernd mit weichen Lippen nach einer Tüte oder zwei „Gebenedeit sei eure Weisheit, die uns herrliche Dröhnung verspricht.“ Im Klangfarbenrausch des sedierten Bewusstseins breitet sich ein großes Egal aus. „Legal, aber …“

Die Politik, scheint es, lebt in anderen Sphären. In dunkler Stunde schwant mir, klare Erhabenheit im Denken, Tatkraft, Sinnhaftigkeit und Konsistenz im schlüssigen, den Anforderungen der Zeit geschuldetem Handeln sehen anders aus.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Die Energiewende in Bürgerhand

Bis zum Jahr 2030 soll der Anteil der erneuerbaren Energien auf 30 bis 40 Prozent am Bruttoendenergieverbrauch steigen. Dem kühn kalkulierten Unterfangen mag entgegengehalten werden, 40 Prozent erneuerbare Energien sind eben auch 60 Prozent nicht erneuerbare Energien und der Plan funktioniert nur bei vielen Wenns.

Wenn der Primärenergieverbrauch zurückgeht (nicht einkalkuliert ist der steigende Bedarf für die E-Mobilität), wenn der Ausbau mit Windkraftanlagen und Sonnenkollektoren gelingt, wenn Lösungen gefunden werden, den Strom zu speichern, wenn die Kosten für die Energie wettbewerbsfähig sind auch gegenüber dem Atomstrom aus Nachbarländern.

Wenn Deutschland ein wohlhabendes Land mit einer wettbewerbsfähigen Industrie, mittelständischen Unternehmen und Handwerksbetrieben, einem komfortablen Wohnen und einer leistungsfähigen Infrastruktur für Mobilität bleiben will, dann muss es seine Energie vollständig selbst zu geringen Kosten herstellen und nein, Kernkraft ist keine Lösung. Diese Energie muss vorrangig erneuerbar und immer überall verfügbar sein.

Diese Aufgabe lässt sich lösen mit Innovationen, mit der breiten Nutzung alternativer Energieerzeugungen und mit Investitionen. Auch hier gilt: Der massive Umbau der Energieversorgung wäre natürlich auch ein schönes Konjunkturprogramm, von dem jede Stadt und jede Gemeinde in dem Maße profitieren würde, wie sie sich der Bewegung hin zur nachhaltigen Energieerzeugung anschließen.

Jede Stadt und jede Gemeinde muss vorrangig energieautark aus eigener Kraft werden für Strom und Wärme – zum Beispiel durch Photovoltaik auf jedem Dach, durch Biogas- und Holzhackschnitzelanlagen, durch Heißwasserspeicher, durch Windparks und regionale Energieversorger in Bürgerhand. Ohne einen klaren politischen Willen für die Stärkung der Regionen und die Veränderung der Spielregeln hin zu Energieautarkie wird es nicht funktionieren.

Der Ausbau der Infrastruktur für Mobilität und Energie auf dem Land verbunden mit einem immer und überall verfügbaren schnellen Internet und einem Inwert- und Instandsetzen der Bausubstanz im Bestand würde von den Städten einen großen Druck nehmen. Der Aufbau einer nachhaltig agierenden Gesellschaft wird durch einen konkreten Lebensentwurf in Eigenverantwortung, Eigenleistung und Selbstwirksamkeit erheblich begünstigt und dafür stehen die Chancen auf dem Land sehr gut.

Die Stärkung des Handwerks stärkt die regionale Wirtschaft. Frei wirtschaftende Bauern, die qualitätvolle Produkte für die Region herstellen, stärken die regionale Wirtschaft. In diesem Zusammenhang sind die Subventionen der Europäischen Union der Bauern nach Fläche für billige Lebensmittel ein großes Hemmnis für eine nachhaltige Landwirtschaft. Diese Subventionen sind der Einstieg in den Regelkreis der Wertvernichtung bis hin zu schlechten Löhnen, Gehältern und Zukunftsaussichten für kleine landwirtschaftliche Betriebe. Nachhaltiges Handeln gedeiht nur in Eigenverantwortung und in direkter Rückkoppelung mit den Menschen, die meine Leistungen kaufen.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz