Schlagwort: Kooperation

Cargo-Kult Management

Der Cargo-Kult | kleine Einführung

Auf den nordöstlich von Australien gelegenen Inseln – von Neuguinea über das Bismarck-Archipel, die Fidschi-Inseln und Neukaledonien reichend und Melanesien genannt – flammt immer wieder eine Bewegung auf, die wir den Cargo-Kult nennen.

Der Cargo-Kult hat vermutlich seinen Ursprung im Zusammenhang mit der Entdeckung der Inseln 1770 durch James Cook. Den Einwohnern der Inseln müssen die fremden Männer mit den großen Schiffen wie Götter vorgekommen sein. Die fremden Männer führten herrliche, nie geschaute Dinge mit sich, neuartiges und wunderbares Frachtgut (englisch Cargo). Springen wir in das 20te Jahrhundert …

Mit dem Kriegseintritt der Amerikaner in den zweiten Weltkrieg im Dezember 1941 stationierten diese in den Folgejahren hunderttausende Soldaten im Pazifik, auch in Melanesien. Diese Soldaten mussten versorgt werden. Mit Kleidung, Lebensmitteln, Dingen des täglichen Bedarfs und mit Kriegsmaterial. Die Amerikaner legten Militärbasen an und schufen Flugplätze für die Flugzeuge mit der wichtigen Fracht. Oder sie warfen die Fracht einfach an Fallschirmen hängend über den Inseln ab. Mit dieser Fracht wurden sowohl die Soldaten als auch die Einheimischen überreichlich versorgt.

Als der Krieg vorbei war, verließen die amerikanischen Soldaten ihre Stützpunkte. Die Flughäfen wurden geschlossen, die Frachtflut versiegte mit einem Schlag. Die Einwohner begannen, das Verhalten der Soldaten zu imitieren, in der Hoffnung, der Cargo-Segen würde wieder zu regnen beginnen. Die Einwohner schufen eigene Landepisten für Flugzeuge, bauten große Flugzeuge aus Holz, Bambus und Stroh, errichteten Flughafentower, dort trugen sie selbst geschnitzte Kopfhörer aus Holz, setzten Signalfeuer mit Fackeln und Lagerfeuern, patrouillierten mit Holzprügeln, schrieben sich die Buchstaben U, S und A auf die Brust und vieles mehr.

Die Einwohner imitierten das Verhalten der Soldaten in der Hoffnung, dass auch sie in den Genuss von materiellen Wohlstand gelangen – ohne Arbeit. Das ist der Kern des Cargo-Kults.

Der Dreiklang des Cargo-Kults

John Frum ist der Messias, er kommt irgendwann wieder … und er wird Geschenke dabeihaben. Der Name John Frum leitet sich vermutlich aus den rudimentären Gesprächen ab, die die Amerikaner mit den Einwohnern führten. Hi, I´m John from … Illinois, Chicago, Detroit, Atlanta … viele Amerikaner hießen und heißen landauf-landab mit Vornamen John …

Der Cargo-Kult ist das Imitieren von Handlungen und die Schaffung von Symbolen (z.B. Flugzeuge aus Bambus, Kopfhörer aus Holz) für materiellen Wohlstand ohne Arbeit.

Custom ist das Beibehalten der eigenen Riten (Tanzen, Singen, Frauen teilen bzw. Polygamie, Männerhierarchie usw.)

Warnhinweis: der folgende Abschnitt ist SATIRE. Ich durfte im Rahmen von einigen selbst gehaltenen Vorträgen erleben, dass die Zuhörer die Regeln für bare Münze genommen haben. Häufiger O-Ton der Zuhörer während oder nach des Vortrages: “Genau das machen wir doch.” (im Sinne von ‘alles ist in bester Ordnung’.)

Das Cargo-Kult-Management (CKM)

Aus dem Cargo-Kult leitet sich das Cargo-Kult-Management ab. Die Ingredienzien sind die gleichen: die Handlungen sind formal richtig, der zur Schau getragene Habitus und Aktionismus sind perfekt choreografiert und das Handeln erzeugt nicht die gewünschte Wirkung – materieller Wohlstand ohne anstrengende Arbeit.

CKM-Regel 1

Stellen Sie die Vergangenheit wieder her (gerne auch falsch oder unvollständig) und dann versuchen Sie, die gleichen Ergebnisse wie in der „guten alten Zeit“ zu erhalten. Ziehen Sie nur die Beweise heran, die Ihre Überzeugungen und Wünsche bestätigen. Beschaffen Sie sich voreingenommen Informationen, interpretieren Sie diese voreingenommen und erinnern Sie sich voreingenommen an die Informationen.

Aus dem CKM-Qualitätshandbuch: „Das Erhalten der Fracht beruht auf der Verwendung von speziellen Holzstäben, damit die Flugzeuge landen.“

CKM-Regel 2

Scheitern Sie daran, die Ursache für ein Ergebnis zu ermitteln. Beharren Sie auf dem Irrtum: die Korrelation beweist die Ursache. Begehen sie den Fehler, dass zwei korrelierende Ereignisse die Ursache für das jeweils andere Ereignis sind. Ignorieren Sie andere miteinander korrelierende Ereignisse. Ziehen Sie nur Einflüsse oder Faktoren hinzu, die Ihre Analyse bekräftigen.

Beobachtung: der Hahn kräht, die Sonne geht auf.
Daraus folgt: der Hahn ist dafür verantwortlich, dass die Sonne aufgeht.

CKM-Regel 3

Ignorieren Sie, wie die Praxis tatsächlich funktioniert. Trainieren Sie den Dunning-Kruger-Effekt (bleiben Sie relativ inkompetent, überschätzen Sie Ihr eigenes Können und unterschätzen Sie die Kompetenz anderer Menschen.) Sie lernen nichts dazu und wollen nichts Neues wissen. Üben und perfektionieren Sie Gesten der Überlegenheit, der Abgeklärtheit und des Durchblicks. Vermitteln Sie stets, dass Sie eine Idee und einen (großen) Plan haben.

CKM-Regel 4

Vertiefen und stärken Sie Ihre Überzeugungen, wenn Sie widersprüchliche Aussagen finden.
Verweisen Sie andere auf ihre gedanklichen Fehlzündungen. Lehnen Sie Beweise ab, die sich im Widerspruch zu Ihrem Glauben befinden. Ergreifen Sie Maßnahmen, Ihren Glauben zu stärken. Laden Sie andere ein, Ihrem Glauben zu folgen. Beginnen Sie eine Diskussion über Grundsätzliches.

CKM-Regel 5

Achten Sie ausschließlich auf Erfolge und ignorieren Sie Misserfolge. Ziehen Sie nur Schlussfolgerungen aus den Erfolgen von Menschen. Beziehen Sie sich nur auf Geschichten, die gut ausgingen. Ignorieren Sie Versagen, Misslingen und Scheitern.

Aus einem CKM-Motivationstraining: „Jeder baut Landebahn-Attrappen. Ich werde Ihnen helfen, eine zu bauen – sonst werden Sie nie Flugzeuge anlocken.“

CKM- Regel 6

Kopieren Sie ein Vorgehen (Strategie, Rezept), einfach weil es viele andere auch tun. Springen Sie auf den Zug auf, da immer mehr Menschen auf den Zug aufspringen. Ignorieren Sie deren Gründe oder die Rahmenbedingungen.

CKM-Regel 7

Entwickeln Sie Ihre Vorlieben für Bekanntes. Kultivieren Sie das Motto:. “Better the devil you know.” “Man weiß was man hat, aber nicht was man bekommt.“ „Von zwei Übeln wählt man besser das, was man schon kennt.“ Entscheiden Sie sich für vertraute Methoden, auch wenn sie für die anstehenden Aufgaben ungeeignet sind.

CKM Regeln für Fortgeschrittene

  • Überschätzen Sie die Zahl der Menschen, die Ihren Einschätzungen und Entscheidungen zustimmen.
  • Bleiben Sie unfähig, neutral und objektiv über eine Sache nachzudenken, in der Sie richtig gut sind (der Fluch des Wissens).
  • Ziehen Sie aus einer Information verschiedene Schlüsse. Interpretieren sie über.
  • Missbrauchen Sie spielerische oder Labor-Situationen, um Rückschlüsse über das echte Leben zu erhalten oder es (noch schlimmer) zu gestalten.
  • Schreiben Sie sich jeden Erfolg auf Ihre Fahne. Jeder Misserfolg ist unglücklichen Umständen oder der Unfähigkeit anderer geschuldet.
  • Bleiben Sie fest in dem Glauben, dass Sie Dinge erklären können, nur weil Sie deren Namen kennen.

CKM im Managementalltag

  • Wenn Sie etwas nicht verstehen, dann verpacken sie es in einfache Botschaften (Zwei- oder Drei-Wort-Sätze), in Parolen mit Rufezeichen (Gerechtigkeit!) oder in Schlagwörter (TEAM)
  • Wenn Sie etwas nicht können, dann kaufen Sie es zu.
  • Wenn Sie etwas nicht vermögen, dann lassen Sie es auf Tassen drucken.
  • Kreieren Sie Facebook-Likes als Beliebtheits-Illusion zur Vorspiegelung von Bekanntheit und Relevanz.

Beliebte CKM-Schlagworte (unvollständig)

  • Team
  • Innovate
  • Change
  • Win Win (Win)
  • Synergie(-effekt)
  • Design Thinking
  • Agil
  • Benchmarking
  • Best-Practice

Beliebte CKM Ersatzhandlungen (statt Arbeit)

  • Studien erstellen (lassen)
  • Arbeitskreise und Ausschüsse gründen
  • Leitbilder entwickeln
  • Leuchtturmprojekte initiieren
  • Fusionieren, Kooperieren, Synergien herstellen
  • Abstimmungen über Innovationen
  • Kick-Off-Meetings, Brainstorming
  • Neues Logo, Corporate Design
  • Englische Wörter verwenden
  • Konferenzen, Symposien und Tagungen
  • Meetings und Workshops NEU: Breakout-Sessions ohne Konsequenzen für den Alltag

Zum Schluss

Cargo-Kult-Management ist eine große Lüge.

  • Die Lüge heißt: es ist ganz leicht.
  • Die Wahrheit lautet: es ist harte Arbeit.

Herzlich willkommen im Club der klaren Denker und kraftvollen Macher,

Ihr Stefan Theßenvitz

Volkshochschule Landkreis Neumarkt e.V. | Neue Geschäftsfelder entdecken und entwickeln-Dozenten finden und binden

Jenseits des bewährten Tagesgeschäfts schlummern häufig ungenutzte Möglichkeiten, neue Märkte zu erschließen.

  • Wie erreichen wir neue Zielgruppen, wie gestalten wir attraktive Angebote und wie organisieren wir vielversprechende Kooperationen?
  • Gute Dozenten zu finden und an die Volkshochschule zu binden ist der Schlüssel für Kontinuität und Qualität. Wie gestalten wir den Mix aus der Volkshochschule als attraktiver Arbeitgeber, attraktive (nicht zwingend monetäre) Anreize und kluger Öffentlichkeitsarbeit?

Zu diesen Themen arbeiteten wir am 3. und 4. Mai 2016 mit den MitarbeiterInnen der Volkshochschule Neumarkt e.V..

EROBERER, BESESSENE, PREDIGER und GEFÄHRTEN – eine kleine Typologie von Mitarbeitern in Unternehmen

EROBERER

EROBERER interessiert der Kick, der schnelle Sieg, der Abschluss. EROBERER finden wir häufig im Vertrieb. Dort können sie ihr Naturell voll ausleben. Sie lieben blitzartige Aktionen mit raschen Resultaten. Gefährlich werden sie, wenn sie zu viel Macht bekommen, denn ihr Naturell zerstört die Gemeinschaft. EROBERER schließen nur Allianzen auf Zeit, um den nächsten Treffer zu landen; und dann suchen sie sich neue Mitstreiter. Lassen Sie die EROBERER machen und schicken Sie EROBERER mit einem klaren Auftrag auf Beutefang. So nützen sie allen. Verschonen Sie EROBERER mit Sachbearbeitung, Routinen oder starren Regeln, dort verkümmern sie wie Raubtiere im Käfig. Belohnen Sie die EROBERER immer konkret für den errungenen Sieg.

BESESSENE

BESESSENE sind unerträglich und unersetzlich. Sie wollen alles ganz genau wissen, sie wollen alles perfekt lösen. BESESSENE sind nie zufrieden und machen nicht selten sich, ihre Kollegen und Mitarbeiter unglücklich. Lassen Sie BESESSENE in Frieden tüfteln und werkeln, ob als Ingenieur oder Controller – jeder Betrieb braucht BESESSENE, denn sie sind der Garant für funktionierende Lösungen. BESESSENE machen den Unterscheid. Sie schaffen herausragende Produkte, Dienstleistungen und Lösungen. BESESSENE sind selten Teamplayer. Die Gemeinschaft verträgt deren starkes Konzentrat nur verdünnt. Geben Sie BESESSENEN harte Nüsse zu knacken. Deren größter Lohn ist das Gelingen.

PREDIGER

PREDIGER haben ein geschlossenes Weltbild, in dem sich alles trefflich fügen würde, wenn es die Realität nicht gäbe. Dadurch sind PREDIGER unangreifbar, denn sie müssen nie den Beweis für die Richtigkeit ihrer Theorien antreten. PREDIGER sind daran interessiert, im Diskurs die Oberhand zu behalten. Recht zu behalten ist ihnen sehr wichtig, gerne auch im Nachhinein. PREDIGER widmen sich gerne dem großen Ganzen: Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Gender. PREDIGER sind für konkrete, schnelle und pragmatische Lösungen nicht zu gebrauchen, häufig werden sie als Nervensägen beschrieben. Dennoch können sie im Unternehmen von großem Nutzen sein, denn von ihnen geht ein wichtiger Störimpuls aus. Es macht Sinn, sich deren Hinterfragen und Alles auf den Prüfstand stellen ab und zu anzuhören, einfach um die Perspektive zu wechseln und Routinen zu prüfen. Ein gutes Unternehmen braucht auch PREDIGER. Geben Sie PREDIGERN ab und zu eine Bühne und eine anspruchsvolle Arbeit in einer beratenden Stabsstelle.

GEFÄHRTEN

GEFÄHRTEN lieben die Gemeinschaft. Sie nehmen ihre Aufgaben sehr ernst, wenn sie gegenseitiges Vertrauen spüren. Erfolg bedeutet für sie, wenn es möglichst allen gut geht. Dann sind GEFÄHRTEN zufrieden und geben alles. Sie arbeiten für das Team, die Gruppe, das Unternehmen. GEFÄHRTEN arbeiten nicht für sich allein. Dafür erwarten sie Schutz vor Konkurrenz und Ellenbogen, eine gute Pflege der Beziehungen und Sicherheit – ein auskömmliches Gehalt und Versprechen, die gehalten werden. GEFÄHRTEN beobachten sehr genau, wie mit ihren Kollegen umgegangen wird. Die Vorzugsbehandlung oder Ausgrenzung anderer seitens der Führung beziehen sich immer auch auf sich. So führen Sie die GEFÄHRTEN ihres Betriebes gut: nehmen Sie sich Zeit für Gespräche, haben Sie ein offenes Ohr für deren Belange, sprechen Sie klar, bleiben Sie verlässlich, fördern Sie den Gemeinschaftssinn und vermeiden Sie Wettbewerbsanreize innerhalb einer Gruppe.

Natürlich ist die vorliegende Typologie mit grobem Strich gezeichnet und erfasst bei weitem nicht den Kosmos der individuellen Lebensbewältigung. Auch gibt es eine Vielzahl von Mischformen wie den besessenen Eroberer, den predigenden Gefährten usw.. Jeder Mensch ist einzigartig.

Die Quintessenz 1

Lassen sie Ihre Mitarbeiter in Ruhe sie selber sein, jeder Mitarbeiter hat sein spezifisches Naturell. Schaffen Sie Systeme, in dem jeder Mitarbeiter sein Talent frei entfalten kann – zum Wohl und zur Zufriedenheit aller.

Die Quintessenz 2

Nur wer sich selber erkennt, erkennt andere Menschen. Nur wer sich selbst führen kann, kann andere Menschen führen.

Herzlich willkommen im Club der klaren Denker und kraftvollen Macher,

Ihr Stefan Theßenvitz

Vom Aufstieg und Zerfall von Unternehmen

Kennen Sie die sarkastische Antwort auf die Frage, wie man ein kleines Unternehmen führt: „Übernehmen Sie ein großes Unternehmen.“ Wir durften viele Unternehmen kennenlernen – Kleine, Mittlere und Große – StartUps und Etablierte, Mutige und Ängstliche – Blühende, Stagnierende und Kollabierende. Und immer wieder stellten wir uns die Fragen:

  1. Wie gelingt die Gründung eines erfolgreichen Unternehmens?
  2. Welche Faktoren sind wichtig für gesundes Wachstum?
  3. Was lähmt die Entwicklung von Unternehmen?
  4. Wie zerfällt ein Unternehmen?
  5. Was zerstört ein Unternehmen?

Folgende Zeilen sind mit Sicherheit nicht der Weisheit letzter Schluss. Wir wollen nur das berichten, was uns selbst in vielgestaltiger Form wiederholt begegnet ist. Wir wollen nur das weitergeben, was uns selber sehr hilft, Muster zu erkennen, um schnell die richtigen und wirksamen Maßnahmen zu ergreifen.

Die Gründung

Am Anfang jedes Unternehmens steht die große und starke Idee, der unbedingte Wille etwas Gutes zu tun. Die Gründer sind überzeugt von ihren Leistungen: wir können einen bestimmte Sache signifikant besser als andere lösen und gestalten. Am Anfang steht das Sendungsbewusstsein: wir wollen einen Beitrag leisten, die Welt ein wenig besser zu machen. Daraus schöpfen Gründer ihre Energie.

Die Gründer vermitteln der eigenen Mannschaft ihre starke Idee: die Mannschaft ist begeistert, dass sie mitmachen und mitgestalten darf. Es scheint keine Grenzen zu geben. Jede Idee darf ausprobiert werden. Man begeistert sich am Engagement der anderen. Es herrscht eine ausgesprochene Kultur des Lobes, des Vertrauens und des Respekts.

Die Energie wird sichtbar gemacht: in Form der Markierung der Leistung. Denn die Verpackung ist Teil des Produkts. Im Logo und Design, in der Art, wie man mit dem Markt kommuniziert schwingt die Begeisterung mit und elektrisiert die ersten Kunden: auch wir dürfen Teil einer neuen, kraftvollen Bewegung sein.

In diesem sich positiv verstärkenden Regelkreis gedeiht eine sehr fruchtbare Qualitätsparanoia: jedes Detail zählt, Qualität ist unteilbar und unverhandelbar, jeder Mitarbeiter engagiert sich und arbeitet hart daran, sich zu verbessern. Die Qualitätsentwicklung wird Teil der Unternehmenskultur.

Das Wachstum

Die Führung vermittelt jedem neuen Mitarbeiter: Du bist Teil einer exklusiven Gruppe, wir glauben an Dich, wir sind Freibeuter und erobern gemeinsam die Welt.

Die Führung verstetigt und systematisiert das Wachstum und die Qualitätsentwicklung: sie wirkt nach innen durch regelmäßige Treffen zu den Themen Produktoptimierung, Produktentwicklung, Vertrieb, Organisation und Mitarbeiter.

Die Führung investiert viel Zeit in den Vertrieb: Kontakte knüpfen und pflegen, neue Kunden von der eigenen Idee begeistern und überzeugen und aufbauen.

Die Führung hat keine Angst vor großen Tieren, denn sie weiß: die Welt ist neugierig auf neue Leistungen. Die ersten großen Projekte dienen auch dazu, die innere Haltung und Verfasstheit des Unternehmens zu überprüfen und die Strukturen anzupassen.

Die Führung ist Vorbild in Allem: Sie ist qualitätsbesessen, fleißig, diszipliniert und entwickelt sich weiter. Die wichtigsten Eigenschaften im Miteinander sind Verlässlichkeit und Klarheit. Durch das Vorbild der Führung findet jeder Mitarbeiter stets den Bezugspunkt für richtiges und falsches Verhalten.

Die Lähmung

Das Unternehmen hört auf, sich weiter zu entwickeln. Es beginnt die Endlosschleife der Wiederholung alter Rezepte, denn das Unternehmen ist davon überzeugt: die Erfolge der Vergangenheit sind ein Garant für eine strahlende Zukunft.

Kurz: man macht es sich gemütlich. Man sitzt Störungen aus, gibt sich zufrieden mit mäßigem Niveau, ruht sich auf den Lorbeeren aus und schiebt anderen die Schuld für Misserfolge in die Schuhe. Das lähmende Gift der Welt- und Mitarbeiterbeschimpfung dringt in die Poren des Unternehmens ein. Die innere Verfasstheit des Unternehmens wird als Naturgesetz hingenommen: der Schwanz wackelt mit dem Hund.

Die guten Mitarbeiter verlassen nach und nach das Unternehmen. Die notwendigen neuen Mitarbeiter werden nicht oder unzureichend in das Unternehmen eingeführt, sie erfahren nichts über die große und starke Idee. Sie müssen ihren Job machen und Lücken füllen, um den Laden am Laufen zu halten. Talent, Qualität und Fleiß zählen weniger, vielmehr zählt die Dienstbarkeit.

Die Führung spürt den beginnenden Zerfall und versucht, die Lähmung kräfteschonend zu beseitigen: mit Schnellschussaktionen, ruckartigen Strategiewechseln und hoch auflodernden Strohfeuern. Die große und starke Idee flackert noch einmal auf, sie verschafft dem Unternehmen kurzzeitig die Illusion, dass sich alles zum Besseren wendet.

Um die Illusion der Festigkeit zu bekräftigen, beginnt man mit anderen Unternehmen zu kooperieren. Man erzählt den Partnern die eigene großartige Geschichte und lauscht begeistert den Geschichten der Kooperationspartner über deren große Vergangenheit. Schnell ist man sich einig: wenn wir uns zusammentun, dann wird alles wieder gut.

Entweder gleichen die Kooperationen hilflosen Menschen, die sich händchenhaltend beim Ertrinken zusehen und sich wechselseitig wärmenden Trost spenden. Oder – und nicht minder gefährlich: kluge und tatkräftige Kooperationspartner erkennen die Schwächen des Unternehmens und nutzen diese für ihre eigenen Ziele. Sie entkernen das Unternehmen, indem sie sich die vitalen Teile nutzbar machen. Das Unternehmen wird so nach und nach zum Hausmeister im eigenen Haus, es wird zum Erfüllungsgehilfen der Interessen der Kooperationspartner.

Der Zerfall

Es bilden sich Gruppen – erste Verschwörungszellen – die übereinander und nicht miteinander reden. Die anderen sind schuld an der Misere, selber weiß man es besser. Doch es hat keinen Sinn, offen darüber zu sprechen.

Stattdessen versucht jede Gruppe, einen Abgesandten in die Nähe der Führung zu bringen, um die eigenen Interessen besser durchsetzen zu können. Das freut die Führung, denn die Abgesandten versorgen die Führung mit Informationen aus allen Teilen des Unternehmens. Damit werden die Gruppen besser beherrschbar.

Die sich rasch voneinander abschottenden Gruppen sind ideal für die Durchsetzung verdeckter Motive der Führung. Denn jetzt geht es nicht mehr um die große Idee. Es geht der Führung darum, möglichst viel persönlichen Nutzen aus dem Unternehmen zu ziehen und ihre eigenen Absichten zu verfolgen.

Die Führung instrumentalisiert die Abgesandten der Gruppen. Die Führung errichtet eine Günstlings-Herrschaft. Es entsteht eine Klima der willkürlichen Heraushebung von Einzelnen, die nicht auf Leistung und Miteinander beruhen sondern auf Speichelleckerei. Damit sichert sich die Führung die Kontrolle der Gruppen und begünstigt gleichzeitig die Durchsetzung eigener Absichten.

Wirklich störend sind nur noch die Mitarbeiter, die trotzig auf der großen und starken Idee beharren. Sie sind die „unverbesserlichen Ewiggestrigen“. Sie stören die Speichellecker in der Durchsetzung der Gruppeninteressen und sie stören die Führung in der Durchsetzung ihrer verdeckten Motive.

Diese Mitarbeiter muss man loswerden. Sie werden isoliert, nicht oder falsch informiert, geschnitten, kritisiert und so lange zermürbt, bis sie das Handtuch werfen. Haben diese Ewiggestrigen Schlüsselpositionen inne, macht man ihnen das Leben zur Hölle mit beigestellten Beratern aus dem Kreis der Speichellecker. Die letzten guten Mitarbeiter verlassen das Unternehmen.

Das Ende

Das Unternehmen schafft sich einen selbstreferenziellen – von der Wirklichkeit abgeschotteten – Kosmos, in dem sich alles trefflich fügt: Die Welt ist schlecht, wir sind gut und leider kapiert das keiner. Die letzten willigen Mitarbeiter verlassen das Unternehmen, übrig bleibt ein Häufchen isolierter Verschwörungstheoretiker.

Lösungsansätze für dauerhaftes Wachstum

Vorstehende Entwicklungen haben wir selbst erlebt. Alle. Vielfach. Und vieles noch viel drastischer, als es hier niedergeschrieben werden kann. Anbei ein paar Stichpunkte, worauf es sich lohnt zu achten – für ein dauerhaft gesundes Unternehmen.

  • Stellen Sie die große und starke Idee ins Zentrum jedes Zieles, jeder Strategie und jeder Maßnahme.
  • Leben Sie die große und starke Idee vor. Im konkreten Handeln, in Ritualen, in Symbolen. Machen Sie die große und starke Idee sinnlich erfahrbar – täglich!
  • Haben Sie Mut zur Führung. Mut zur Klarheit, Mut zur Wertschätzung und Mut zum Respekt vor Talent und Spitzenleistung Ihrer Mitarbeiter.
  • Sorgen sie dafür, dass Ihr Unternehmen wächst. Was nicht wächst, stirbt. Wachsen Sie beständig – quantitativ und qualitativ gleichermaßen.
  • Bleiben Sie wachsam für Entwicklungen: unternehmensintern, für Strömungen am Markt und für Trends Ihrer Branche.
  • Beobachten Sie die Besten und lernen Sie von den Besten.
  • Machen Sie es sich als Führungskraft dauerhaft unbequem. Führen Sie sich straff und pflegen Sie Ihre produktive Paranoia.
  • Machen Sie es allen Mitarbeitern dauerhaft unbequem. Halten Sie das Feuer der Begeisterung am Brennen und fordern und fördern Sie persönliches und fachliches Wachstum.
  • Lassen Sie alle Mitarbeiter am Erfolg teilhaben. Jeder Mitarbeiter ist unersetzbar.
  • Hüten Sie sich vor neurotischem Verhalten: das Wiederholen von ehemals erfolgreichen Maßnahmen ohne deren Sinn für die Gegenwart zu überprüfen.
  • Fordern Sie die Umsetzung jeder getroffenen Vereinbarung ein. Kompromisslos – sich selbst gegenüber und Ihren Mitarbeitern gegenüber. Das einzige was zählt sind Fortschritte.
  • Unterscheiden Sie die Mitarbeiter, die engagiert für die große und starke Idee kämpfen von denen, die ihre eigenen Absichten verfolgen.
  • Haben Sie den Mut, Mitarbeiter einzustellen, die zumindest in Teilbereichen besser sind als Sie. So schaffen Sie auf Dauer ein Unternehmen von Riesen. Wer Menschen in ihrer Entwicklung behindert, sie kleinhält um selbst besser dazustehen und blind ist gegenüber den Fähigkeiten anderer, schafft eine Organisation von Zwergen.
  • Hüten Sie Ihre für die Sache engagierten Mitarbeiter in Schlüsselpositionen wir Ihre Augäpfel – sie leisten 80% der Arbeit. Binden Sie diese Mitarbeiter inhaltlich ein und freuen Sie sich über unbequeme Analysen.
  • Ermuntern und befähigen Sie der Sache treue Mitarbeiter, die in der Lage sind, andere zu fördern, zu führen und zu verbessern. So machen Sie sich das Leben leichter.
  • Jeder Mitarbeiter ist verdächtig, der Ihnen nach dem Mund redet. Jeder Mitarbeiter ist verdächtig, der im Namen einer Gruppe oder „Vieler“ spricht.
  • Hüten Sie sich vor Ihren eigenen Befindlichkeiten und den Befindlichkeiten Ihrer Mitarbeiter. Befindlichkeiten sind das Sprachrohr des inneren Schweinehundes.
  • Jeder Mitarbeiter der mitredet, muss konkret mitgestalten. Übertragen Sie Verantwortung, delegieren Sie, vertrauen Sie und kontrollieren Sie die Ergebnisse.
  • Hüten Sie sich vor Beratern, die Ihnen nach dem Mund reden und Ihnen vermitteln, alles sei ganz leicht. Entlarven Sie selbsternannte Besser-Wisser. Ermutigen Sie Besser-Könner.
  • Bleiben Sie der großen und starken Idee treu: überprüfen Sie sich aufrichtig und lassen Sie sich überprüfen, ob Sie eigene (verdeckte) Motive entwickeln und beginnen, ihre Mitarbeiter als Statisten zu missbrauchen.
  • Hüten Sie sich vor Überheblichkeit: Macht ist eine starke Droge und verführt manchen zur Hybris. Bleiben Sie menschlich zugewandt, demütig in der Sache und stark in der Überzeugung.
  • Hüten Sie sich vor Instantlösungen und dem big trick. Es gibt keine Tricks und es gibt keine Instantlösungen. Jeder Mensch ist einzigartig. Jedes Unternehmen ist einzigartig. Jede Lösung muss passgenau zubereitet werden.
  • Hüten Sie sich vor dem Rettungsanker Kooperationen. Das ist das Ende der eigenen Profilierung und zieht das Unternehmen in die Tiefe. Nur mit (Feder-)Führung kann man Kooperationen gestalten.
  • Hüten Sie sich vor Weltbildern, die von der Realität abgekoppelt sind. Das wichtigste Indiz für entkoppelte Weltbilder: sie definieren sich durch Abschottung und Ausgrenzung.
  • Halten Sie die Finanzen sauber. Finanzielles Missmanagement beginnt immer mit nachlässiger Kontrolle. Finanzielles Missmanagement ist die Abkürzung auf dem Weg zur Hölle.
  • Pflegen Sie Ihren hyperaktiven Vertrieb: Beziehungen sind alles. Die Einbindung vor Ort ist Gold wert. Nur Menschen öffnen Türen.

Herzlich willkommen im Club der klaren Denker und kraftvollen Macher,

Ihr Stefan Theßenvitz