Schlagwort: Wohlstand

Die nachhaltige Kommune | Das Buch

Sachstand

Aktuell schreiben wir das 4te Buch über Nachhaltigkeit. Sein Titel: Die nachhaltige Kommune – Gestaltungsmacht nutzen für Wohlstand und Wohlfahrt im Einklang mit dem Weltzukunftsvertrag. Die Veröffentlichung ist für das Frühjahr 2025 geplant.

Die Intention des 4ten Buches

Die Berichtspflicht für kommunale Beteiligungsunternehmen greift spätestens ab dem Jahr 2026. Von dieser Berichtspflicht sind alle knapp 11.000 Kommunen in Deutschland mit ihren Versorgungsbetrieben betroffen. Die Berichtspflicht umfasst die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den europäischen etablierten Standards ESRS und CSRD. Dieses Buch erfüllt diese Anforderungen mit seiner Rahmenhandlung innerhalb der 17 SDG, der GRI und dem DNK.

Kommunen sind die Keimzelle des politischen Handelns. Als kleinste politische Verwaltungseinheit bestimmen sie innerhalb ihrer Gestaltungsmacht wesentlich die Lebensqualität der Menschen. Doch die Überfülle dringender Aufgaben führt oft zu Aktionismus, zu Fatalismus oder zur empfundenen Ohnmacht – während die Anforderungen an die Kommunen weiterwachsen.

Viele Kommunen wissen nicht, wie sie das Thema Nachhaltigkeit anpacken sollen. Viele Aktivitäten sind nicht nachhaltig, sie reichen kaum über Einmaleffekte hinaus oder beziehen sich nur auf Teilaspekte der Nachhaltigkeit, meist ökologische Projekte. Viele kommunale Entscheider wissen zu wenig über ihre Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb des Rechtsrahmens der Länder, Deutschlands und Europas. Dieses Buch zeigt konkrete Handlungsmöglichkeiten innerhalb des Kommunal- und Verwaltungsrechts auf.

Der wachsende öffentliche Druck und politische Wille pro nachhaltigem Handeln in der Kommune resultieren aus dem wachsenden Bewusstsein, die Welt vor Ort besser zu gestalten. Die Kommunen brauchen gesunde Betriebe, die ausbilden, eine gut organisierte Pflege, vorhandene und funktionierende Kindergärten und Schulen, einen verlässlichen öffentlichen Nahverkehr, eine regionale Energieversorgung, die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft, Klimaschutzkonzepte – diese und andere Aspekte gehören zum nachhaltigen Handeln.

Im Tunnelblick der Getriebenheit im kommunalen Alltag verschwindet die Perspektive, die Geschicke vor Ort kraftvoll in die Hand zu nehmen und eine gute Gegenwart aus eigener Kraft zu gestalten. Eine gute Gegenwart bedarf immer eines klar durchdachten und machbaren Zukunftsentwurfs. Im Denken von Zukunft wohnt die Chance, in der Gegenwart gute Entscheidungen zu treffen und die Bürger aktiv einzubinden. Handeln schafft Zukunft.

Unterfüttert wird das Buch von einem empirischen Teil. Wir führen mit ca. 50 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus unterschiedlich strukturell verfassten Gemeinden in ganz Deutschland im Rahmen einer Pilotstudie qualitative Tiefeninterviews durch über den Sachstand, die Gestaltungsspielräume, die Hindernisse und die Zukunftsperspektiven ihrer Kommunen entlang verschiedener Szenarien.

Die Pilotstudie ist eingebettet in das Forschungsprogramm der Weltethos-Forschungsgruppe Finanzen und Wirtschaft. Der Würzburger Wirtschaftsethiker und ehemalige Dekan an der THWS – Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt – Prof. Dr. Harald Bolsinger beteiligt sich mit großer Überzeugung an diesem Projekt. „Die kleinste politische Aushandlungseinheit zu Nachhaltigkeitsfragen ist die Kommune – ihr gilt besonderes Augenmerk bei der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft.” Er bringt seine Erfahrungen aus der kommunalen Praxis und der Hochschulbildungspraxis mit ein. Lesen Sie hierzu auch die Pressemitteilung auf der Website der THWS: THWS und Weltethos-Forschungsgruppe: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene entwickeln

Dieses Buch richtet sich an die Entscheider:innen, die ihre Kommune nachhaltig gestalten wollen. Die Autoren legen eine fundierte Rahmenhandlung entlang der 17 SDG vor, sie beziehen das internationale Kennzahlensystem GRI ein und den Berichtsstandard des DNK. Die Autoren ermutigen zur Selbstermächtigung und sie zeigen auf, welche rechtlichen Gestaltungsspielräume Kommunen nutzen können.

Die Nutzen des Buches

Kommunen können die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für die Planung und Gestaltung ihrer Zukunft nutzen.

Die Autoren zeigen Handlungsmöglichkeiten der Kommunen für Wohlstand und Wohlfahrt durch nachhaltiges Handeln auf.

Entscheider erkennen die Spielräume des Kommunal- und Verwaltungsrechts und können diese für ihre Ziele einsetzen.

Die Autoren

Anja Theßenvitz, M.A. Kommunikationswissenschaft ist seit 1997 selbständige Unternehmensberaterin mit den Schwerpunkten Kommunikation und Marktforschung. Aus ihren qualitativen Befragungen und Tiefeninterviews erstellt sie psychografische Analysen, die einen klaren Blick auf Tatsachen ermöglichen, fundierte unternehmerische Entscheidungen und wirksame Kommunikation der Unternehmen, Ministerien, Kommunen und Institutionen begünstigen.

Stefan Theßenvitz, Dipl. Betriebswirt (FH) arbeitet seit 1997 als selbständiger Unternehmensberater für Unternehmen, Ministerien, Kommunen, Verbände, Verbünde, Hochschulen und Institutionen in ganz Deutschland. Seine berufliche Expertise umfasst die nachhaltige Unternehmensführung, das Management und das Marketing. Stefan Theßenvitz arbeitet in der betrieblichen Praxis, er hält Vorträge, Seminare und Workshops und er arbeitet als Autor von Fachbüchern und Essays.

Dr. Werner Knaier promovierte zur Verwaltungsmodernisierung der Kommunalverwaltung, arbeitete als Rechtsanwalt und 24 Jahre lang im Gemeinderat von Wiesentheid, Bayern – davon 12 Jahre als Bürgermeister und ist umfassend mit dem Kommunalrecht vertraut. Seit 2020 lehrt Dr. Werner Knaier an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern und an der Bayerischen Verwaltungsschule zum Kommunalrecht, Verwaltungsrecht und zur Verwaltungsorganisation.

Die nachhaltige Kommune | Die Befragung der Bürgermeister:innen

Sehr geehrte Bürgermeisterin,
Sehr geehrter Bürgermeister,

wir sind in der Arbeit an dem Fachbuch Die nachhaltige Kommune – Gestaltungsmacht nutzen für Wohlstand und Wohlfahrt im Einklang mit dem Weltzukunftsvertrag.

Die Berichtspflicht für kommunale Beteiligungsunternehmen greift spätestens ab dem Jahr 2026. Von dieser Berichtspflicht sind alle knapp 11.000 Kommunen in Deutschland mit ihren Versorgungsbetrieben betroffen.

Das Buch wird sich an Entscheider:innen richten, die ihre Kommune nachhaltig zukunftsfähig gestalten wollen. Wir, die Autoren ermutigen zur Selbstermächtigung und wir wollen aufzeigen, welche rechtlichen Gestaltungsspielräume die Kommunen nutzen können.

Wir unterfüttern das Buch mit einem empirischen Teil. Wir führen mit ca. 50 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus unterschiedlich strukturell verfassten Gemeinden in ganz Deutschland im Rahmen einer Pilotstudie qualitative Tiefeninterviews über den Sachstand, die Gestaltungsspielräume, die Hindernisse und die Zukunftsperspektiven ihrer Kommunen entlang verschiedener Szenarien.

Die Pilotstudie ist eingebettet in das Forschungsprogramm der Weltethos-Forschungsgruppe Finanzen und Wirtschaft. Der Würzburger Wirtschaftsethiker und ehemalige Dekan an der THWS – Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt – Prof. Dr. Harald Bolsinger beteiligt sich mit großer Überzeugung an diesem Projekt. „Die kleinste politische Aushandlungseinheit zu Nachhaltigkeitsfragen ist die Kommune – ihr gilt besonderes Augenmerk bei der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft.” Er bringt seine Erfahrungen aus der kommunalen Praxis und der Hochschulbildungspraxis mit ein. Lesen Sie hierzu auch die Pressemitteilung auf der Website der THWS: THWS und Weltethos-Forschungsgruppe: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene entwickeln

Gerne lade ich Sie zu der Befragung ein. Sie können entweder an dem Tiefeninterview teilnehmen, gerne vereinbaren wir einen Telefontermin – oder Sie antworten hier in dem Online-Fragebogen. Wir speichern Ihre Daten nur für die Laufzeit des Buchprojekts.

Ihre Antworten werden selbstverständlich anonymisiert. Zitate werden ohne Namen, nur mit Nennung des jeweiligen Bundeslandes (z.B. ein Bürgermeister aus Hessen) veröffentlicht. Als Dankeschön senden wir Ihnen – wenn Sie mögen – ein Exemplar des Buches zu.

Ihre Kontaktdaten für das Telefoninterview:

THESSENVITZ
erkennen – beherrschen – begeistern

Veilchenweg 7a
97353 Wiesentheid

Anja Theßenvitz
Kommunikationswissenschaft, M.A.

Fon: +49 9383 909 99 86
Mobil: +49 177 723 09 43

Ein paar Begriffsdefinitionen vorab für das bessere Verständnis des Fragebogens

Wohlstand: Privater Wohlstand, der aus eigener Kraft geschaffen wird für den materiellen Eigenbedarf und das persönliche Wohlbefinden und dessen man sich sicher sein kann (z.B. Immobilien, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, Vermögenswerte, private Dienstleistungen)

Wohlfahrt: Gemeinschaftlich nutzbarer Wohlstand öffentlicher Güter, Dienstleistungen und immaterieller Werte, die aus der Mitwirkung der Gemeinschaft entstehen (z.B. Krankenhäuser, Schulen, Polizei, ÖPNV, Pflegeeinrichtungen, Verwaltung, Rechtssicherheit, ethische Ideale)

Nachhaltigkeit: Die auf Dauer angelegte, ausbeutungsfreie und generationengerechte Entwicklung von Wohlstand und Wohlfahrt im gedeihlichen Miteinander und des Schutzes, der Erhaltung und Förderung der natürlichen Lebensräume und der Artenvielfalt.

Kultur [ist die] elementare Basis für die Bewertung des menschlichen Zusammenlebens [und] für den Umgang mit der Mitwelt […]. Kulturell nachhaltiges [… Handeln umfasst], die manifesten Vorstellungen, Institutionen, Regeln, Rituale, Symbole und Mythen aufzugreifen und zu respektieren, auf deren Basis in einer Kultur Problemlösungen angegangen werden. […] Probleme lösen zu können, hängt entscheidend von dem Ordnungswissen ab, das in der jeweiligen Kultur zur Verfügung steht. [… Das] Ordnungswissen […] ist fundamentaler Bestand der Tradition [und] kann zur Problemlösung mobilisiert werden. Quelle: Auszüge aus dem Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden

Ihr Online-Fragebogen:

    Bestandsaufnahme

    Regionale Kultur und Identität

    Interne und externe Hemmnisse

    Zukünfte denken

    Wohlstand, Wohlfahrt, soziales Miteinander und natürliche Lebensräume

    Zukunft gestalten

    Ihr persönlicher Traum für Ihre Kommune





    Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

    Mit herzlichem Gruß, Ihre

    Anja Theßenvitz


     

    Im Kindergarten

    Achtung! Folgende Polemik ist nicht geeignet für sensible Gemüter, die achtsam jedes Wort wägend sanft einer höheren Erkenntnis entgegenschwingen wollen. Bitte überspringen Sie den Kasten einfach.

    Die aktuelle Verfasstheit unserer Gesellschaft empfinde ich als einen Kindergarten voller narzisstischer, egozentrischer und übergriffiger Kinder, die vollständig impulsgetrieben und wild durcheinanderschreiend ihre Spielstube verwüsten. Sie werfen ihr Spielzeug an die Wand, zerren ihren Spielkameraden die Schaufeln und Puppen aus der Hand, beschimpfen ihre Kindergärtnerinnen, reißen deren Haare büschelweise aus und fordern mit wutverzerrten Gesichtern noch mehr Spielzeug. Es reicht nicht. Mehr und immer mehr soll es sein und dennoch wird es nie reichen.

    Zarten Hinweisen, es sei bereits mehr als genug, begegnen sie laut aufheulend, man befände sich im schlimmsten Verbotskindergarten der Welt und das Essen wäre auch furchtbar und damit würde man jetzt die Wände beschmieren und die Ungerechtigkeit anprangernde Parolen an die Fassade kleistern und nein, aufräumen würde man auch nicht und aus Protest träte man umstandslos in den Mittagsschlafstreik. Zur Strafe würde man sich einnässen und vollkoten und sich und alle mit einer Schmierinfektion anstecken und abends würde man sich bitterlich bei seinen Eltern beschweren und dann würde man ja sehen, wenn Papa den Rechtsanwalt vorbeischickt.

    Umstandslos übernimmt eine Gruppe robuster und empathiearmer Kinder das Kommando im Kindergarten und bildet mit ihren Günstlingen ein auf Korrumpierung und Androhung seelischer und körperlicher Gewalt gegründetes Regime, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Alles Spielzeug der Welt und keine Regeln – außer den eigenen. Man wüsste schon selbst, was Freiheit ist und die Demokratie würde man sich jetzt auch zurückholen. Alles andere ist Bevormundung und wer das nicht so sieht, der hat den Oasch offen. Klingt das nach der Hölle? Ja.

    Es wird höchste Zeit, erwachsen zu werden. Zum Erwachsenwerden gehört, Tatsachen zu akzeptieren. Mit unserer bisherigen Wirtschaftsweise zerstören wir die Lebensgrundlagen der Spezies Mensch. In der westlichen Welt leben die meisten Menschen weitgehend in einem überbordenden Wohlstand mit einem Übermaß an Konsumgütern, die wir achtlos herstellen, nutzen und wegwerfen. Global betrachtet plündern wir die Erde an jeder Ecke aus; für unseren kurzfristigen Konsumkick und mit langfristigen Folgen für die Menschen, die dort leben, deren Wirtschaft, Gesellschaft und die sie umgebenden Ökosysteme.

    Die Folgekosten unseres Handelns wären – sofern man diese bepreisen würde – so groß, dass sich diese Form des Handelns nicht mehr rechnen würde. Machen wir aber nicht. Stattdessen wird jede Form von angedachter Regulierung, jede Frage nach dem Sinn unseres Tuns – wir brauchen viel Wirtschaftswachstum und billigen Industriestrom –,  jede über Quartalszahlen hinausgehende Perspektive als übergriffige Zumutung diffamiert.

    Jede Aufforderung, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, sich gar hie und da zu beschränken wird niedergebrüllt mit dem Schlachtruf Freie Fahrt für freie Bürger. Mit diesem kruden Ideologiegedöns spielen wir all den Playern in die Hände, die ein großes Interesse daran haben, das alte Spiel weiterzuspielen. Unsere kurzfristige, triebhafte Dummheit ist deren langfristiger, strategischer Profit.

    Je weniger wir meinen, uns sagen lassen zu müssen, desto kleinteiliger unser Streit in immer kleineren Gruppen wird, desto mehr Energie wird im Gegeneinander verballert, desto weniger Energie bleibt für reflektiertes gemeinsames Handeln. Am Ende sind wir alle willfährige Konsumwürstchen mit ach so wichtigen Haltungen, wir sind saftlose Systemlinge.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Wohlstand für alle

    Erwachsensein bedeutet, Wohlstand auch zu begreifen als den Wohlstand, den wir gemeinsam für alle schaffen; für Krankenhäuser, Schwimmbäder, Schulen, Polizei und die Feuerwehr. Für bezahlbare Wohnungen und einen intakten Nah- und Fernverkehr, für einen unbestechlichen Rechtsstaat und eine funktionierende Verwaltung. Für ein gerechtes Steuersystem, das niemanden unter- und überfordert und jedem spürbar auf die Finger klopft, der sich extraschlau entziehen will. Erwachsene Menschen richten ihr Handeln so aus, dass niemand zu Schaden kommt.

    Dazu gehören auch Regeln, denn nicht alle verhalten sich erwachsen. Wer sich wie ein Kind benimmt, der wird wie ein Kind behandelt, als unmündiger Teil der Gemeinschaft. Mit Kindern diskutiert man nicht. Erwachsensein bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, für sich und andere. Verantwortung bedeutet auch, Widerstand zu leisten gegen Entwicklungen, die unsere Lebensgrundlage zerstören.

    In Freiheit leben bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Also beenden wir jetzt das rasende Toben im Kindergarten, wenn nötig mit Nachdruck und schaffen eine Welt mit auskömmlichem privaten Wohlstand für jeden Einzelnen und überbordendem öffentlichen Wohlstand für alle.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Nichts ist unendlich in einer endlichen Welt

    Es gibt kein unbegrenztes Wachstum in einer endlichen Welt. Dieses Gesetz – nichts ist unendlich in einer endlichen Welt – ist ein Ewigkeitsgesetz auf der Erde ebenso wie die Schwerkraft. Sie wird so lange wirken wie sich die Erde um die Sonne dreht und bis sich diese in wenigen Milliarden Jahren ihrem Ende zuneigend unfasslich aufblähen und als Folge die Oberfläche der Erde mit ihrer Strahlungshitze verflüssigen wird. Doch keine Sorge, solange die Sonne über genügend Wasserstoff verfügt, klappt das auch mit der Kernfusion und damit die Versorgung der Erde mit Sonnenenergie, sie ist die Grundbedingung allen Lebens. In the long run gilt: Auch Sonnenenergie ist endlich.

    Der Streit, der Zank, der Dissens, die brutale Gewalt, die Menschen gegeneinander anwenden, resultiert vermutlich als Folge des Dichtestress. Dieses Phänomen finden wir in der gesamten Tierwelt und damit auch bei den Menschen. Als die Menschen in der Bronzezeit noch in kleinen Gruppen lebten, war der Umgang untereinander vermutlich um einiges entspannter. Gab es Stress, zog man weiter, alleine oder in einer kleinen sich abspaltenden Gruppe.

    Der Bevölkerungsdruck und die Erfindung des Eigentums an knappen Gütern, auf die alle angewiesen sind – vor allem an Grund und Boden – sind aus meiner Sicht die Hauptfaktoren für die desolate psychische Verfasstheit der Spezies Mensch. So begrüßenswert jedes neue Menschenleben ist, so groß das Wunder jedes auf die Welt kommenden Babys ist und das damit verbundene Elternglück – wir sind vermutlich zu viele und jeder von uns beansprucht zu viel Materie für sein kommodes Leben im Wohlstand.

    Die segensreichen Erfindungen seit Beginn der Industrialisierung – und natürlich auch die Fortschritte in der Medizin – haben für Milliarden Menschen unvorstellbar günstige Überlebensbedingungen geschaffen mit einer bisher nicht erreichten langen Lebensspanne für viele von uns.

    Der reiche Segen scheint sich nun gegen die Spezies Mensch zu richten. Ein sehr großer Teil unserer Artgenossen profitiert Nullkommanull von den Segnungen der Wirtschaft und Medizin und sie fordern zu Recht ihren gerechten Teil ein, der, wenn sie ihn denn erhielten, zur massiven Übernutzung aller Ressourcen und dem raschen Kollaps dieser führen muss. Die Folgen unseres Handelns sind heute schon wahrnehmbar, insbesondere die Verödung der landwirtschaftlich nutzbaren Böden und das daraus resultierende Elend sowie aus politisch, gesellschaftlich und klimatisch unwirtlichen Ländern flüchtende Menschen, oft unter Inkaufnahme des Risikos, die Flucht nicht zu überleben.

    Ohne rasch wirksame globale und lokale Maßnahmen sind die exponentielle Zunahme von Kriegen, Elend, verwüsteten Landschaften und Flucht erwartbar und wahrscheinlich. Die Folgen wären für alle Menschen katastrophal. Insbesondere Völkerwanderungen und verheerende Kriege werden zum Ende unserer Art führen, einfach weil die Lebensverhältnisse auf der Erde für unsere Spezies toxisch werden – Wasser, Boden, Luft und Klima. Auch der mit unüberwindbaren Mauern geschützte und damit für viele Menschen unerreichbare Segen verwandelt sich spürbar in einen Fluch für alle Menschen – die armen und die reichen unter uns. Mauern und Grenzen werden diese Entwicklungen nicht verhindern, nur verzögern. Es dauert halt ein wenig länger.

    Unsere Lebensbedingungen auf der Welt entwickeln und wandeln sich entlang der Inputfaktoren auf diese: Sonnenlicht, CO2-Emissionen, Plastikmüll, abgeholzte Wälder, versiegelte Böden, industrielle Landwirtschaft und vieles mehr beeinflussen das Klima – die Beschaffenheit der Böden, den Wasserhaushalt, die Nutzbarkeit der für den Menschen lebensnotwendigen Ressourcen Süßwasser und Boden.

    Mit der Veränderung der Inputfaktoren können wir Menschen unsere Lebensbedingungen beeinflussen. Ohne Veränderung der Inputfaktoren wird es einen Kipppunkt ohne Rückfahrkarte für uns Menschen geben. Diese Tatsache ist gewiss, die Uhrzeit nicht. Die Welt kennt keine Uhr, sie weiß nicht, ob es fünf vor 12 oder fünf nach 12 ist.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Der König ist nackt, die COP bringen nichts

    Das Wissen um den Beitrag des Menschen zur Klimaveränderung ist seit 1979 weltweit bekannt ebenso wie die dort benannten zentralen Faktoren – Verbrennung fossiler Energieträger und Waldbestand – und im gleichen Zeitraum haben sich beide Entwicklungen massiv verstärkt. Vielleicht muss ein Kind die Wahrheit aussprechen: Der König ist nackt, die COP bringen nichts. Die vielen hunderttausend Menschen, die abermillionen Stunden des Nachdenkens über eine gute Welt für alle Menschen haben nichts bewirkt.

    Zu unterschiedlich sind die Interessen der Staaten, sie reichen von dem existenziellen Wunsch, nicht Landunter zu gehen bis hin zum Wohlstandsversprechen für ihre Bürger nach westlichem Vorbild.

    Die Friktionen im Ringen um das gemeinsame Ziel einer guten Welt für alle Menschen vertiefen sich entlang neuer Gräben. Der Russlandfeldzug, der Krieg in Israel bzw. im Gazastreifen und die anhaltende ungesteuerte Migration nach Europa offenbaren weltweit massive Unterschiede in der Vorstellung einer guten Welt. In diesem Zusammenhang gewinnen national orientierte, konservative – manche sprechen von populistischen Vorstellungen – massiv an Gewicht. Die Parole „My Country First“ gewinnt weltweit innerhalb demokratisch verfasster Staaten an Zuspruch, ganz zu schweigen von den nicht lupenreinen Demokratien, den Fassadendemokratien und den unverhohlen totalitären Regimen.

    Wir müssen der Tatsache ins Auge blicken. Die COP sind ein gutgemeinter Irrweg. Das Thema ist zu komplex. Die Interessen sind zu widersprüchlich. Multilateralismus – alle an einen Tisch – ist ein Irrtum. Auch das klare Wort gegenüber dem Konferenzpräsidenten Sultan Ahmed Al Jaber, Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien und CEO der staatlichen Ölgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate dürfte diplomatischen Regeln folgend nur höchst verklausuliert seinen Weg an seinem Ohr vorbeifinden.

    Die missliche Situation zwingt uns zu einigen unter Umständen schmerzlichen Erkenntnissen. Jeder Staat muss bei sich selbst anfangen, jede Lösung für eine nachhaltige Weltordnung beginnt vor Ort und sie muss immer konkret sein. Wenn schon Abkommen und Partnerschaften, dann nur mit denen, die die gleichen Ziele und Werte vertreten. Es braucht eine neue gesellschaftliche und wirtschaftliche Vereinbarung, die über Reparaturmaßnahmen hinausreicht.

    Es braucht das Neue als Sehnsuchtsort für ein konkret besseres Leben der Menschen. Es braucht die Anerkenntnis, dass nicht alle Folgen der klimatischen Veränderungen aufzuhalten sind und damit verbunden massive Investitionen in Resilienz, in die Widerstandskraft der Staaten. Deutschland als drittgrößte Industrienation der Welt darf sich nicht kleiner machen als es ist. Deutschland darf nicht mehr in Handlungsfeldern agieren, die nachweislich über Jahrzehnte erfolglos waren. Deutschland braucht den Mut, aus eigener Kraft einen neuen Sehnsuchtsort zu schaffen. Deutschland braucht den Mut, einen eigenen Weg innerhalb seiner kulturellen Verfasstheit zu gehen.

    Unser mögliches Vorbild mag höchstens dazu dienen, andere Länder zu ermutigen, ihren eigenen Weg innerhalb ihrer eigenen kulturellen Verfasstheit zu finden. Es geht ausdrücklich nicht darum, das Deutsche Wesen höher zu stellen als andere oder es als Genesung der Welt anzuempfehlen – das war, ist und wird immer ein Irrtum sein. Deutschland braucht auch die Erkenntnis in Demut, die Welt nicht retten zu können.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Eigenverantwortung im guten Miteinander

    Der eingehegte Mensch allein ist keine Lösung. Macht muss den Menschen dienen. Jeder Mensch braucht eine faire Chance, sein Leben aus eigener Kraft zu meistern. Der Ökonomie muss wieder ihr Platz als dienender Teil der Gemeinschaft zugewiesen werden.

    Die Ökonomie braucht einen Rahmen, um den Wohlstand aller Menschen zu befördern. Das Kapital darf sich nicht obszön kumulieren. Der Staat muss wieder einen Ordnungsrahmen schaffen, in dem die Kräfte in einem ausgewogenen und dem Guten dienenden Miteinander zueinanderstehen. Eine gesunde offene Gesellschaft übernimmt Verantwortung. Diese beginnt immer mit der Eigenverantwortung.

    Das Pampern der Menschen durch den Staat muss ebenso aufhören wie das Spiel der freidrehenden verantwortungslosen Ökonomie. Wir müssen unsere Sachen neu regeln, in Gesellschaft und Politik. Wir brauchen eine neue Vereinbarung. Wir brauchen das Primat des Staates im Zusammenspiel mit einer Gesellschaft, die ihr Leben in Eigenverantwortung organisiert. Die Wirtschaft dient der Wohlfahrt in Staat und Gesellschaft.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Wehrhafte Demokratie

    Die Prämissen, die handlungseinschränkenden unverhandelbaren Grundbedingungen aller Überlegungen für eine nachhaltig agierende Gesellschaft sind das Grundgesetz, die demokratische Verfasstheit des Staates, die Gewaltenteilung, die Rechtsstaatlichkeit, die Pressefreiheit, eine offene Gesellschaft und verbindliche kulturelle Vereinbarungen. Diese Prämissen sind die Grundbedingungen für Gemeinsinn, Fortschritt und Wohlstand – sozial, ökologisch und ökonomisch.

    Jede Form von Ideologie oder autoritäre Systeme gleich welcher Art, auch über der demokratischen Verfasstheit Deutschlands stehende Institutionen sind ein Irrtum auf dem Weg in eine vom Volk getragene nachhaltige Gesellschaft. Eine offene Gesellschaft muss sich wirksam gegen alle Kräfte schützen, die innerhalb dieser deren Offenheit nutzend autokratische Systeme errichten wollen, um die offene Gesellschaft zu zerstören. Das gilt gleichermaßen für linksradikale wie rechtsradikale Gruppen – von Extinction Rebellion bis zu den Reichsbürgern – und den politischen Islam, der den Gottesstaat auf Grundlage der Scharia errichten will.

    In diesen Kreisen wird oft von der Überwindung der Demokratie gesprochen, als ob die Demokratie nur eine Etappe zu einer nächst besseren Staatsform wäre. Autokratische Systeme sind es bestimmt nicht, denn sie verhindern und bekämpfen Offenheit. Deshalb muss die Demokratie sich vor diesen Entwicklungen schützen und diese bekämpfen und genau hier finden wir das Paradoxon. Eine wehrhafte Demokratie ist Teil einer offenen Gesellschaft.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Zukunft braucht Zuversicht

    Demokratien gedeihen ausschließlich in einer Gesellschaft mit einem relativ normalverteilten Wohlstand und der Zuversicht der Menschen, es aus eigener Kraft beruflich zu Erfolg und Wohlstand zu bringen. Diese Zuversicht ist sehr brüchig geworden und die Unsicherheit fräst sich bis tief in die Mittelschicht hinein. Ich spiele seit 2021 den Bass in unserem dörflichen Blasorchester, ein Laienorchester, das besetzt ist mit Bäckern, Polizeihundeführern, Krankenschwestern und Krankenpflegern, Reiseverkehrskauffrauen und Steuerfachgehilfen, IT-Fachleuten, Schülern und Studenten, Logistikarbeitern, Lehrern, Feuerwehrleuten, Winzern, Schreinern und anderen Berufsgruppen mehr.

    Ich würde sagen, dass sind die Menschen, die den Laden am Laufen halten, die fleißig sind und zuverlässig, strebsam und gewissenhaft und diese Menschen hat in den letzten Jahren eine große Wut erfasst – über so konkrete Dinge wie das Heizungsgesetz, die Steuern und Abgaben, die Genderdebatte, die erodierende Qualität der Schulbildung, die Inflation, die Bau- und Energiepreise, den Handwerkermangel, die Gesundheitsversorgung, die Diskussion über das Fleisch essen und Wokeness (ja, auch dieses Thema ist im Orchester virulent, ich sage nur Layla). Diese Menschen wählen brav, ich vermute mal mehrheitlich die CSU und die Freien Wähler, doch die Stimmung hat sich massiv gedreht.

    Viele Menschen empfinden Zukunft zunehmend als Bedrohung, sie wollen behalten, was sie sich hart erarbeitet und aufgebaut haben, sie fühlen sich in dem politischen Diskurs zunehmend ungehört auf verlorenem Posten im tosenden Sturm des Zeitgeistes und ja, der Ton in den Probenpausen wird härter, wenn es um Politik geht. Wenn wir diese Menschen verlieren, dann verlieren wir die Demokratie. Es wäre wirklich gut, wieder mehr volksnahe Demokratie zu wagen.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Menschenwürdiger Wohlstand

    Demokratien funktionieren und gedeihen nur auf der Grundlage eines breit verteilten Wohlstandes innerhalb einer Gesellschaft, deren Mitglieder die reelle Chance haben, ihr Leben aus eigener Kraft zu gestalten. Dazu gehört in erster Linie eine Arbeit, von deren Früchten man leben kann, um damit so schöne Dinge zu unternehmen wie eine Familie gründen, ein eigenes Häuschen ersparen und bewohnen, die Ausbildung der Kinder finanzieren, bei Krankheit zum Arzt gehen, sich einen netten Urlaub leisten, vielleicht ein hübsches Auto gönnen und entspannt dem Rentenalter entgegenblicken.

    Es geht darum, ein Leben in Würde ohne fremde Hilfe führen zu können. Dabei ist es gleich, ob ein Staat seinen Bürgern lebenswichtige Dienstleistungen wie Gesundheit, Bildung und Altersvorsorge durch relativ hohe Steuerlasten bereitstellt, wie in Deutschland oder den Menschen viel Eigenverantwortung zutraut bei entsprechend geringeren Steuerlasten wie in der Schweiz oder den USA.

    In dem Maße, wie sich eine Gesellschaft ökonomisch spaltet – viele haben fast nichts und wenige haben fast alles – und gleichzeitig die Chancen schwinden, in einem fairen Wettbewerb und mit harter Arbeit dieses Ungleichgewicht zu überwinden, spaltet sich eine Gesellschaft auch politisch. Sie öffnet autokratischen und demagogischen Denkmustern Tür und Tor, Herz und Hirn.

    Autokratische Systeme wie China und Saudi-Arabien beweisen gerade, dass breit verteilter Wohlstand auch ohne Demokratie möglich ist, und diese Länder entwickeln sich für Diktaturen aller Art zu Vorbildern, ihre Volkswirtschaften ohne demokratische Teilhabe zu entwickeln. Das ist fatal, denn breit verteilten Wohlstand scheint die Demokratie nicht zu brauchen, die Demokratie hingegen den breit verteilten Wohlstand schon.

    Wir nehmen in der industrialisierten westlichen Welt in Amerika und Europa – in den USA, Frankreich, Italien, Schweden, Dänemark, Deutschland und in anderen Ländern der Europäischen Union – zunehmend rechtspopulistische politische Strömungen wahr, die an Zulauf gewinnen und die von Besorgnis getriebene Frage lautet: Warum? Leben wir in Nordamerika und in Europa nicht in der besten aller derzeitigen Welten? Sind hier nicht Wohlstand, Bürgerrechte und Demokratie trefflich zueinander gefügt? Scheinbar nicht, denn unsere Demokratie wird von einer schnell wachsenden Minderheit nicht mehr als schützenswert empfunden.

    Die ökonomische Spaltung ist mit Sicherheit ein Grund, andere Gründe finden sich vermutlich in dem Gefühl, nicht mehr gehört zu werden, auch zu vielleicht irrationalen Wahrnehmungen wie der schwindenden kulturellen Identität und in dem Gefühl der dauerhaften Überforderung mit komplexen Informationen, die nicht immer konsistent und faktenbasiert sind.

    Vermutlich mündet die Unsicherheit vieler Menschen aus dem wahrgenommenen raschen Wandel unserer Welt in dem Bedürfnis, einfache, überschaubare, im bisherigen Mindset verankerte und akzeptierte Antworten zu erhalten. Doch wie soll man diesem Bedürfnis entsprechen? Vermutlich mit guter Politik, die vernunftgetrieben auf der Grundlage unseres Grundgesetzes und unserer kulturellen Vereinbarungen konkrete Antworten für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bürger findet.

    Der Kapitelüberschrift folgend geht es an dieser Stelle um einen menschenwürdigen Wohlstand. Die Menschenwürde ist ein durchaus schwieriges Wort, versuchen wir es möglichst konkret und versuchen wir es in knappen Stichpunkten für Deutschland: bezahlbarer angemessener Wohnraum, kostenfreie qualitätvolle Bildung und erstklassige medizinische Versorgung, Unverletzlichkeit der Wohnung, rechtsstaatlich saubere Verfahren ohne Ansehen der Person, garantierte Bürgerrechte, Pressefreiheit, Berufsfreiheit, faire Chancen auf Teilhabe, Leistungsgerechtigkeit – sie merken schon, die Stichpunkte werden schwammiger.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Öffentlicher Wohlstand ist Reichtum für Alle

    Nehmen wir den Wohlstand und unterscheiden diesen in den öffentlichen und in den privaten Wohlstand. Zum öffentlichen Wohlstand gehören zum Beispiel Straßen, Schwimmbäder, Schulen, Polizeistationen und Krankenhäuser. Dem privaten Wohlstand rechnen wir all das zu, was die Konsumwelt zu bieten hat. Ohne die Schaffensfreude und Zuversicht, seine Lebenszeit in Bildung zu investieren und einen gut bezahlten und gesellschaftlich anerkannten Beruf auszuüben, um sich damit privaten Wohlstand zu erarbeiten, kann es keinen öffentlichen Wohlstand geben. Denn öffentlicher Wohlstand kann nur dann entstehen, wenn ihn die Bürger mehr oder weniger freiwillig durch ihre Steuern finanzieren.

    Am Beispiel Schwimmbad erkennen wir die kulturelle Verfasstheit in Deutschland. Die Steuerlast auf Einkommen ist hierzulande erheblich höher als in den meisten anderen Ländern, doch dafür haben wir öffentliche Schwimmbäder, die wir alle zu vertretbaren Preisen nutzen können. Die Defizite werden von den Kommunen – ebenfalls aus Steuereinnahmen – getragen. In anderen Ländern ist die Einkommenssteuer unter Umständen signifikant niedriger, dafür gibt es keine öffentliche Schwimmbäder. Die gutverdienenden Bürger setzen sich ihren privaten Pool in den eigenen Garten, die nicht so gutverdienenden Bürger haben keinen Pool zum Planschen. Gut, sie haben vermutlich auch keinen Garten.

    Wir könnten die Hypothese formulieren, in Deutschland erkennen wir Reichtum und Armut insbesondere am Zustand unserer öffentlichen Infrastruktur. Haben Sie letztens eine Polizeistation von innen gesehen? Eine Schule? Eine Universität? Ein Krankenhaus? Sind Sie letztens Bahn gefahren? Oder Auto auf der Autobahn? Hatten Sie letztens das Vergnügen, auf dem Land mit Ihrem Mobiltelefon ein Telefonat zu führen? Kennen Sie die digital gestützte Arbeitswirklichkeit von Handwerksbetrieben auf dem Land? Hatten Sie kürzlich ein Anliegen an eine Behörde gleich welcher Art? Ich vermute, Ihre Wahrnehmungen waren meist ernüchternd, ebenso muss die Antwort ernüchternd ausfallen.

    Deutschland wird gemessen an seiner öffentlichen Infrastruktur als ein armes Land wahrgenommen. Das ist bitter, weil die mit Abstand meisten Bürger wirklich hart arbeiten und weil sie sich innerhalb unserer bisherigen kulturellen Vereinbarung betrogen fühlen um den Wohlstand, für den sie gearbeitet haben. Die Vereinbarung war: Reichlicher öffentlicher Reichtum für alle, angemessen bescheidener Wohlstand für die, die dafür etwas leisten. Diese Vereinbarung ist tot und das macht die Bürger traurig, mutlos oder eben wütend.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Werte schaffen und teilen

    In der bisherigen Geschichte der Formung menschlicher Gemeinschaften haben kommunistische und sozialistische Systeme eklatant versagt. Der menschliche Impuls ist immer darauf gerichtet, sein eigenes Leben zu gestalten und ihm zugehöriges Eigentum zu schaffen, dessen er gefahrlos sicher sein kann, um sich daran zu erfreuen und es zu nutzen. Deshalb haben Menschen Rechtssysteme erfunden und Maßnahmen gegen Willkür und Gewalt ergriffen, unsere Polizei schützt die Bürger im Inneren, das Gewaltmonopol des Staates schützt seine Bürger vor der Gewalt untereinander.

    Öffentlich verfügbare Dienstleistungen stehen allen Bürgern zur Verfügung, das vermindert den Neiddruck untereinander. Recht und Gesetz schaffen sichere Lebensverhältnisse und verhindern im Machtvakuum entstehende Clans, die ihre Macht entlang ihrer Gewaltfähigkeiten ausdehnen.

    Eine nachhaltige Gesellschaft braucht den individuellen Antrieb der Menschen, sie braucht den Anreiz, etwas schaffen zu wollen und sie braucht den Ausgleich für den inneren Frieden. Schaffen und Teilen wäre die Kurzformel für einen menschenwürdigen Wohlstand. Ohne die Möglichkeit für die Menschen, entlang ihrer Talente, ihres Fleißes und ihrer Bildung ein Lebenswerk zu schaffen gibt es keinen gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, technischen und politischen Fortschritt. Ohne Anreize erlahmt die Schaffenskraft, sie erlahmt auch bei falschen Anreizen.

    Ein Übermaß an staatlichen Transferleistungen setzt falsche Anreize – für Unternehmen und Privatpersonen gleichermaßen. Ob gerechtfertigt oder nicht, das Bürgergeld ist zu einem Symbol für einen falschen Anreiz geworden, eben nicht mehr zu arbeiten. Doch die Liste der Transferleistungen umspannt mittlerweile gefühlt nahezu das gesamte Alphabet – Ausbildungshilfen, Bildungs- und Teilhabepaket, Energiegeld, Elterngeld, Kindergeld und Kinderzuschlag, Wohngeld. Auf der betrieblichen Seite finden wir die Subventionen, auf Länderseite den Finanzausgleich. All diese Transferleistungen erfolgen ohne Gegenleistung. Letztlich sind alle auf Dauer angelegten Transferleistungen Reparaturmaßnahmen eines ökonomischen Systems, das sich ohne diese relativ rasch selbst zerlegen würde.

    Daraus folgt: Der Wert einer nachhaltige Gesellschaft bemisst sich auch daran, in welchem Maße es gelingt, dass alle Bürger aus eigener Kraft einen menschenwürdigen Wohlstand schaffen und diesen sowohl genießen können als auch miteinander teilen wollen. Das Maß einer dem Menschen würdigen Gesellschaft bemisst sich an ihrem Umgang mit den Schwächsten, an den Chancen zur freien Entfaltung und am Ausgleich untereinander, der Frieden schafft.

    Daraus folgt weiterhin: Der Wert einer nachhaltigen Gesellschaft bemisst sich auch an ihrem öffentlichen Wohlstand und dieser muss zwingend in öffentlicher Hand bleiben. Privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen handeln nach privatwirtschaftlichen Maximen – Umsatz und Gewinn. Öffentlich organisierte Unternehmen, wenn man die Bahn für den Transport, die Schulen und Hochschulen für die Bildung, die Polizei für die innere Sicherheit und Krankenhäuser für die Gesundheit so nennen will handeln nach gemeinwohlorientierten Maximen – Wohlfahrt und Teilhabe.

    Eine Vermischung von Privatwirtschaft und öffentlichen Aufgaben ist ökonomischer und gesellschaftlicher Unsinn gleichermaßen, wie zum Beispiel Krankenhäuser und die Bahn, die Gewinn erwirtschaften müssen. Nein, das müssen sie nicht. Ja, sie müssen selbstverständlich gut haushalten, um unserem Gemeinwohl zu dienen. Der Gemeinwohlgedanke umfasst auch lebensnotwendige und knappe Güter wie Grund und Boden und Wasser.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Geld und Kapital dienen der Wohlfahrt

    In einer Welt des menschenwürdigen Wohlstandes dient das Geld den Menschen, das Kapital dient Investitionen in die Wertschöpfung, Regierungen dienen dem Wohl des Volkes – so weit so banal wie utopisch. Das Maß einer dem menschenwürdigen Wohlstand verpflichteten Gesellschaft bemisst sich an dem System, das diesen Wohlstand ermöglicht.

    Seien Sie versichert, immer dann, wenn Korruption und Kriminalität im großen Stil gedeihen, immer dann, wenn es möglich ist, große Mengen Kapital anzuhäufen und obszönen Reichtum zusammenzuraffen, den man innerhalb seines Clans behalten und über Generationen vermehren darf, immer dann, wenn leistungsloses Einkommen aus Zinsen und Erträgen möglich ist, immer dann geschieht das mit Billigung, Förderung, Zustimmung oder Ermöglichung durch die Politik.

    Gehen Sie getrost davon aus, jedes Steuerschlupfloch, jede Gesetzeslücke, jede Begünstigung eines wasauchimmer Sondertatbestandes ist das Ergebnis menschlicher Intervention in die Politik hinein. Das System hat keine Fehler, es funktioniert wunderbar. Natürlich führt dieses Regierungshandeln nicht zu einem menschenwürdigen Wohlstand auf breiter Front und schon gar nicht zu einem bescheidenen Wohlstand aus eigener Kraft. Auch das erzeugt großes Unbehagen im Volk.

    Die aktuelle ökonomische Verfasstheit in Deutschland mit den weltweit sich in der Spitzengruppe befindlichen Steuersätzen zuzüglich Abgaben aller Art in Verbindung mit den nahezu weltweit höchsten Energiepreisen beschleunigt die Spaltung der Gesellschaft.

    Wenn Sie auf einer Ferienreise wieder die Kamera, vermutlich eher Ihr Mobiltelefon zücken, um eine prächtige Kathedrale, eine beeindruckende Skyline mit sich in den Himmel reckenden Bankentürmen oder architektonisch ausladende Regierungsgebäude abzulichten, dann verbinden Sie Ihr Gefühl manifestierter Macht mit dem Gefühl, dass all dieses Geld, das diese Bauten ermöglichte, den Menschen vorenthalten wurde, die dieses Gepränge hart erarbeitet haben.

    Jedem großen Reichtum wohnt im Anfang ein gutes Stück Piraterie inne. Etwas direkter mit Honoré de Balzac formuliert: „Hinter jedem großen Vermögen steht ein Verbrechen.“ Gerne ergänze ich: Hinter jedem großen Vermögen stehen Menschen, die dieses Vermögen ermöglicht haben, nicht selten eine Melange aus Mafia, Banken und Regierungen .

    Als Betriebswirt lernte ich, dass Staatsausgaben immer dann Sinn ergeben, wenn diese in Investitionen fließen, in die Schaffung von Mehrwert zum Beispiel in Form von Straßen, Häusern, Schulen und Universitäten, in Forschungsinstitute und in Zukunftstechnologien. Ich lernte auch, dass Staatsausgaben in den Konsum – sprich Sozialausgaben – Beschleuniger der Inflation sind, weil der Konsum keine Werte schafft, sondern diese im Gegenteil aufzehrt, zum Beispiel durch Miete zahlen, Essen kaufen, in den Zoo gehen.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Ungleichheit schafft Unfrieden

    Der mit Abstand größte Posten im bundesdeutschen Staatshalt sind mit knapp 39% die Sozialausgaben. Hier verbirgt sich meines Erachtens ein Grund für die stark angestiegene Inflation in Deutschland, die weitgehend dialektisch verbrämt wird als Folge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine.

    Das ist mit Sicherheit auch ein Grund, doch jede Ursache für die steigende Geldentwertung ist hausgemacht – von der verschlafenen Energiewende über die erodierende industrielle Basis bis hin zu der den Konsum finanzierende staatliche Ausgabenpolitik.

    Die Geldentwertung trifft dummerweise gerade die Menschen, die ihr nicht entkommen können, die kein Offshore-Konto in der Karibik haben, kein verschwiegenes Schließfach in der Schweiz, keine stillen Beteilungen an komplex miteinander vernetzten Unternehmen oder idealerweise eine Big Company in einer Steueroase ihr Eigen nennen. Nun gut, das ist jetzt polemisch zugespitzt und gleichwohl eine Tatsache, der man nur die Frage Cui bono? – Wem nützt es? hinzufügen muss. Dem jetzigen System mit den jetzigen Akteuren – dem Großkapital, den Banken und den sie in ihrem Raffen und Häufen geflissentlich unterstützende Regierungen, die vermutlich auch nicht ganz uneigennützig handeln.

    Bei Oxfam nachzulesen: Seit dem Jahr 2020 vereinigte das reichste eine Prozent der Menschen mehr als zwei Drittel des weltweiten Vermögenszuwachses, während im gleichen Zeitraum für knapp zwei Milliarden Arbeitnehmer:innen die Lebenshaltungskosten schneller als die Löhne und Gehälter gestiegen sind. Bitte verabschieden Sie sich von dem Gedanken, all das wäre alternativlos und unausweichlich, denn das ist es nicht. Was Menschen ins Werk setzen, können Menschen ändern.

    Fassen wir kurz zusammen, bevor wir uns dem Gedankenspiel eines möglichen menschenwürdigen Wohlstandes hingeben. Immer, wenn sich in einer Gesellschaft das Kapital auf wenige Akteure konzentriert, immer wenn leistungsloses Vermögen zu noch mehr Vermögen führt, dann läuft was schief. Immer wenn die Staatsausgaben aus dauerhaft überbordenden Sozialleistungen bestehen, dann läuft was schief. Immer dann, wenn die eigene Kraft nicht hinreicht für einen bescheidenen Wohlstand, dann läuft was schief.

    Immer dann, wenn eine Regierung Haltung höherstellt als fachlich fundierte und wirksame Strukturbeiträge, dann läuft was schief. Immer dann, wenn man sich nicht gegen diese Entwicklungen stemmt, dann läuft was schief.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Banken dienen der Wohlfahrt aller Menschen

    Folgender Absatz mag zu der Annahme führen, der Autor sei ein verkappter kommunistischer Radikalinski, doch dem ist nicht so, nichts liegt mir ferner und gleichzeitig näher als ein freies Leben aus eigener Kraft in einer offenen Gesellschaft. Für den Wandel hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft muss man manchmal seinen ganzen Mut zusammennehmen, um das falsch zu nennen, was offensichtlich falsch ist. Und das sei im Folgenden geschrieben.

    Jede Bank unterliegt einer Veröffentlichungspflicht aller Konten. Denn das Bankgeheimnis schützt Menschen und Interessen, die der Mehrheit schaden – von der Steuerhinterziehung bis zum Drogengeld, das auf trickreiche Weise mit der Expertise der Banker gewaschen wird. Alle Einlagen, Guthaben, Kredite, Beteiligungen, Anleihen, Aktiendepots – kurz, alle Geschäfte – der Privatbanken, Banken auf Aktien, Investmentbanken, Genossenschaftsbanken und Banken in kommunaler Verantwortung werden überprüft – deren gesamtes Geschäftsmodell wird unter die Lupe genommen.

    In dem Maße, wie die jeweilige Bank rechtschaffen gewirtschaftet hat und in ihrem Wirken Substanzwerte geschaffen oder an der Schaffung dieser mitgewirkt hat, kann sie ihr Geschäftsmodell weiterführen. Ausgehend von der aktuellen Rechtslage ist die Rechtschaffenheit schwer zu messen, denn die Akteure werden sich auf die Rechtmäßigkeit ihres Tuns berufen und das zu Recht. So müssen wir das Recht ändern und Übergangsfristen auf Sicht vereinbaren, wir müssen vermutlich auch Straffreiheit bei aktiver Kooperation anbieten.

    Um es offen zu sagen: Ohne eine Reform des Bankwesens und des internationalen Zahlungsverkehrs wird es keine nachhaltige Gesellschaft geben. Diese Macht der Wenigen und der ihr Handeln unterstützende Profiteure muss gebrochen werden, mit allen Mitteln und mit aller Konsequenz. Die weitaus größte weltweit verfügbare Geldmenge hat nichts mit der Realwirtschaft zu tun. Es sei denn, eine Bank verzockt sich, wird als systemrelevant eingestuft und die Steuer zahlenden Bürger zahlen die Zeche.

    Diese Banken folgen dem Prinzip: Gewinne privatisieren, Schulden vergemeinschaften. Und leider ziehen große, weltweit vernetzte Bankhäuser unfasslich viel Schwarzgeld, Drogengeld, Waffengeld oder schlicht geplündertes Geld aus zusammenbrechenden Volkswirtschaften an, die Versuchung ist einfach zu groß. Es sind eben nicht die Einzeltäter in einer im Prinzip guten Bank, nein, es sind die Einzeltäter in einer Bank, die dieses Handeln ermöglicht. Das alles muss aufhören. Und es wird einfach deshalb funktionieren, weil die Realwirtschaft davon nichts mitbekommen wird.

    Der Weizen wird weiter auf den Feldern wachsen, die Bäckereien werden weiterhin ihre Kredite für die neuen Öfen abbezahlen, die Löhne und Gehälter werden weiter aus den Erträgen der Unternehmen bezahlt werden, die Menschen werden weiterhin Bort essen, auf ihr Häuschen sparen und sich auf das neue Auto freuen, sie werden weiterhin zur Schule gehen und Maschinen bauen und Computerprogramme schreiben. Nach einem Feuersturm der Entrüstung und ultimativen Endzeitdrohungen aus den Banktürmen heraus wird schlicht nichts passieren.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Die grüne Transformation der Wirtschaft

    Ohne Frieden und Sicherheit gibt es weder Produktion noch Konsum. Produktion und Konsum schaffen Wohlstand. Wohlstand schafft Frieden und Sicherheit. Ohne Fortschritt erodieren Produktion, Konsum, Wohlstand, Frieden und Sicherheit. Die grüne Transformation der Wirtschaft ist Fortschritt. Fortschritt braucht Kapital.

    Die Wirtschaft ist der Motor der grünen Transformation

    Die führenden Unternehmen der deutschen Wirtschaft sind sich einig. Nachhaltiges Wirtschaften gewinnt rapide an Bedeutung. Global betrachtet geht es um Frieden, Sicherheit und Wohlstand, es geht um unsere Lebensgrundlagen und um den Generationenvertrag. Die Wirtschaft ist der Motor der grünen Transformation. Mit ihr gelingt der Green Deal.

    Menschen brauchen Zuversicht

    Lokal betrachtet braucht Wohlstand auch Frieden und Sicherheit. Doch insbesondere braucht es Zuversicht in die Zukunft. Die Menschen brauchen lebenswerte Grundlagen und die Zuversicht in eine erstrebenswerte Zukunft für ihre Kinder. Zuversicht erzeugt eine Aufbruchsstimmung und Schaffensfreude – das ist gut für die Wirtschaft.

    Nachhaltigkeit erzeugt einen starken Gestaltungsimpuls

    Viele Menschen erleben ein Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins und dem wollen sie entgegenwirken. Nachhaltigkeit erzeugt einen starken Gestaltungsimpuls. Damit kann man die Welt konkret mitgestalten und zu einem besseren Ort machen. Und deshalb findet immer mehr Kapital den Weg in nachhaltige Investments.

    Nachhaltigkeit ist ein attraktiver Investitionsimpuls

    Viele Unternehmen in Deutschland sind schon auf dem Weg des nachhaltigen Wirtschaftens. Gerade für börsennotierte Unternehmen wird das zu einem existenziellen Thema, denn das Kapital sucht nach zukunftsfesten Investitionsmöglichkeiten. Und Nachhaltigkeit ist ein attraktiver Investitionsimpuls für das Kapital.

    Ökonomie, Ökologie und Soziales gehören zusammen

    Nachhaltiges Wirtschaften umfasst unter anderem die Ökologie – zum Beispiel Klimaschutz, Artenvielfalt und Ressourcenverbrauch. Es umfasst auch soziale Aspekte – zum Beispiel die Arbeitsbedingungen, die Unternehmensführung, die Diversität, die Kontrolle der Gremien und die Transparenz des Handelns.

    Die grüne Transformation schafft substanzielle Wettbewerbsvorteile

    Ökonomisch betrachtet bietet Nachhaltigkeit starke Innovations- und Wachstumsimpulse. Die meisten Menschen wünschen sich nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Nachhaltiges Wirtschaften gibt Zuversicht und öffnet dem Kapital die Chance für grünen Fortschritt und grünes Wachstum – für substanzielle Wettbewerbsvorteile.

    Immer mehr Unternehmen investieren in ihre grüne Transformation

    Immer mehr Unternehmen in Deutschland orientieren sich an diesen Leitgedanken. Sie wollen als nachhaltiges Unternehmen erkannt werden und investieren viel Geld in ihre grüne Transformation, deren Dokumentation und in die Kommunikation. Sie wollen, dass ihre Kunden und die Gesellschaft erkennen, dass sie es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen.

    Der Druck auf die Fortschrittsverweigerer steigt

    Der Weg des Kapitals hin zu nachhaltigen Investments erzeugt enormen Druck auf die Märkte. Im Voranschreiten der grünen Ökonomie sehen die Beharrer sehr schnell sehr rückständig aus. Wer im alten System verharrt, verzichtet auf Fortschritt durch Innovationen in grüne Technologien, die nicht zuletzt helfen, dauerhaft kostengünstiger zu produzieren.

    Investoren und Konsumenten lieben nachhaltiges Wirtschaften

    Zu den ökonomischen Vorteilen einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, die Ressourcen schont und damit den Unternehmen viel Geld spart, gesellt sich der psychologische Vorteil, die Zukunft mit einer guten neuen Idee zu gestalten. Das lieben Investoren und Konsumenten. Weit über 50 Prozent der deutschen Bevölkerung wollen mehr Nachhaltigkeit im Alltag.

    Die grüne Transformation braucht Wachstum

    Die grüne Transformation der Wirtschaft gelingt nur mit Investitionen. Diese kosten Geld, das erwirtschaftet werden muss, und zwar über das Maß der Reinvestitionen hinaus. Investitionen in grüne Technologien sind Nettoinvestitionen. Ohne Wachstum fehlt das Kapital für diese, die Wirtschaft verharrt im weiter so – oder sie wandert aus Deutschland ab.

    Technischer Fortschritt schafft Frieden

    Ein wesentliches Merkmal rückschrittlicher Volkswirtschaften sind fehlende Investitionen in Fortschritt. Jede prosperierende Wirtschaft gründet sich auf technischen Fortschritt, er ermöglicht Wachstum und Wohlstand und damit Frieden. Und er führt neben der Steigerung der Produktivität zu deutlich besseren Arbeits- Lebens- und Umweltbedingungen.

    Investition in das Weiter so werden zum Risiko

    Die alte Regel der Kriminalistik „Folge der Spur des Geldes“ gilt auch für die Börsen, die Drehscheiben des Kapitals. Kapital ist endlich – und immer mehr davon fließt in nachhaltige Transformationsprozesse der Unternehmen. Weil das Kapital immer den Weg des Wachstums wählt. Und das Kapital geht immer ins Risiko, wenn die Chancen überwiegen.

    Die Politik versagt in der Gestaltung der Zukunft

    Drei Player am Markt – die Unternehmen, das Kapital und die Konsumenten begrüßen die grüne Transformation der Wirtschaft. Der vierte Player – die Politik – verzettelt sich in ihrer regelungswütigen Bürokratie, sie bricht Investitionszusagen, sie setzt unzureichende Wachstumsanreize und sie praktiziert eine unkalkulierbare Energiepolitik.

    In eigener Sache

    Wir arbeiten mit Betrieben, die auf dem Weg der grünen Transformation sind. Damit generieren sie Wachstum durch mehr Umsatz, steigende Betriebsergebnisse und sinkende Kosten – sie sind widerstandsfähiger. Und wir befassen uns umfassend fundiert mit den Chancen der grünen Transformation, auch mit unseren Büchern im Springer Verlag.

    Ihre

    Anja & Stefan Theßenvitz

    – – –

    Obenstehende Gedanken sind eine Zusammenschau der Wirtschaftsnachrichten aus den letzten Monaten in Deutschland und ergänzt um unsere Expertise.

    Quellen (einige von vielen):

    Unternehmen in disruptiven Zeiten | Fallstudie Öffentliche Musikschulen

    Deutschland merkt es in jeder Branche – ob Handwerk, Musikschulen und Industrie, Handel, Landwirtschaft und Gastronomie – die Zeit der billigen Ressourcen ist vorbei. Die Zeit der billigen Honorarkräfte ist ebenso vorbei wie die Zeit der billigen Energie. Eine Suche nach Lösungen am Beispiel der prekären Verfasstheit öffentlicher Musikschulen.

    Das Prinzip der Ausbeutung ist an seinem Ende

    Im Prinzip ist das eine gute Nachricht, denn nachhaltiges Wirtschaften folgt der Prämisse des ausbeutungsfreien und emissionsfreien Wirtschaftens. Wollen wir wirklich in einer Welt weiterleben, in der wir bei vollem Bewusstsein Mensch und Natur ausbeuten für das, was wir Wohlstand nennen?

    In Realitas ist das eine schlechte Nachricht, denn so gut wie alle gegenwärtigen Geschäftsmodelle gründen sich auf dem Prinzip der Ausbeutung. Die Industrie kalkuliert mit billiger fossiler Energie, die Musikschulen kalkulieren mit billigen Honorarkräften. Die einen plündern und verwüsten den Planeten, die anderen betrügen Menschen um ein Leben in Würde.

    Diese scheinbar diametralen Beispiele verdeutlichen, in der Summe ist man sich branchenübergreifend einig und alle singen das Mantra der alten Ökonomie: Wachstum, Wohlstand und Wertschöpfung gelingen nur mit Ausbeutung. Die Industrie bemäntelt ihr Handeln mit den Zwängen der Globalisierung, die öffentlichen Musikschulen mit dem Sachzwang der leeren öffentlichen Kassen.

    Das stille Sterben hat begonnen

    Doch das Prinzip der Ausbeutung ist an seinem Ende. Wiederum nur zwei Beispiele: Am 28. Mai 2024 veröffentlichte das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung eine Pressemitteilung mit dem Titel: Leises Industriesterben in Deutschland[1]. Im Jahr 2023 schlossen 176.000 Industriebetriebe ihre Pforten – für immer. Damit verstärkt sich eine seit Jahren voranschreitende Entwicklung in Deutschland. Die wichtigsten Gründe sind die Energiekosten, mangelndes Kapital für Investitionen, erodierende Lieferketten, volatile Preise für Material, der Arbeitskräftemangel und politische Unwägbarkeiten. Systemisch betrachtet waren diese Geschäftsmodelle auf Kante genäht, sie können den Wandel nicht mehr gestalten und verschwinden vom Markt.

    Das zweite Beispiel: Das in der breiten Öffentlichkeit nahezu unbemerkte „Herrenberg-Urteil“ des Bundessozialgerichts vom 28. Juni 2022 schärfte die Kriterien für die Beschäftigung von Honorarkräften an öffentlichen Musikschulen erheblich. Damit ist die Fortführung der Beschäftigung auf Grundlage der bisherigen Honorarverträge nicht mehr rechtssicher[2]. Damit endet die Ausbeutungspraxis hochqualifizierter Arbeitskräfte in öffentlichen Musikschulen. Im Durchschnitt betragen die Personalkosten einer Musikschule 85 Prozent – es ist leicht auszurechnen, dass diese Geschäftsmodelle bei einer neuen Kalkulation mit sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen zusammenbrechen werden.

    Volkswirtschaftlicher Exkurs

    Das Prinzip der Ausbeutung hat bereits in den letzten Jahrzehnten immer weniger gut funktioniert. Die beigefügte Tabelle mit dem preisbereinigten BIP in Deutschland von 1950 bis 2021 und der sich daran anschließenden Prognos zeigt: Der Grenzertrag des BIP – das Wirtschaftswachstum in Deutschland – wurde von Dekade zu Dekade niedriger. Zum einen gilt natürlich, selbst minimale Zuwächse des BIP in Prozent in der Gegenwart übersteigen die nominalen Zuwächse der 1950er Jahre, zum anderen gilt, der Grenznutzen des bisherigen ökonomischen Handelns scheint erreicht[3].

    Die Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 24. April 2024 nennt nach der Schrumpfung des BIP im Jahr 2023 um 0,3 Prozent zum Vorjahr für das Jahr 2024 ein Wachstum des BIP um 0,3 Prozent und für das Jahr 2025 ein Wachstum des BIP um 1,0 Prozent. Soweit ich mich an meine VWL-Vorlesungen erinnere, braucht eine entwickelte Volkswirtschaft pro Jahr mindestens 2 Prozent Wachstum für deren Substanzerhalt[4]. Die Faustregel: das BIP sollte zumindest dem Bevölkerungswachstum entsprechen. Die Bevölkerung in Deutschland wuchs in den Jahren 2014 bis 2023 um knapp 5 Prozent auf 84,7 Mio. Menschen[5]. Das reale – preisbereinigte – BIP wuchs im gleichen Zeitraum um knapp 1,2 Prozent pro Jahr. Dieses Wachstum reicht bei Weitem nicht aus, um die Substanz zu sichern, ganz zu schweigen von den vollständig unzureichenden Mitteln für Investitionen, zum Beispiel in die grüne Transformation unserer Wirtschaft.

    Mehr zur grünen Transformation der Wirtschaft lesen Sie hier:

    Die grüne Transformation der Wirtschaft

    Gleichzeitig fehlt Deutschland jeder Wachstumsimpuls in den Schlüsselfeldern der Ökonomie des 21ten Jahrhunderts rund um Big Data: die vernetzte Mobilität, die KI-gestützte Gesundheitsvorsorge, das Design nachhaltiger Energie- und Wertstoffkreisläufe, die Energiewende und die KI-gestützte öffentliche Sicherheit sind in Deutschland höchstens im Ansatz erkennbar. Je nach kultureller Verfasstheit liegen hier entweder die USA oder China uneinholbar in Führung. Hinzu kommt die in Deutschland seit vielen Jahren stagnierende Produktivität und ihrem leichten Rückgang im Jahr 2023 um ein knappes Prozent[6], während die Weltwirtschaft munter an Produktivität zulegt[7]. Die Produktivität ist im Zusammenhang mit nachhaltigem Wirtschaften insofern von großer Bedeutung, weil mit ihr Wachstum ohne zusätzlichen Ressourcenverbrauch gelingt und die Entkoppelung von Produktion und Emissionen.

    Die Morgendämmerung der teuren Ressourcen

    Zwischenstand: Die Zeit der billigen Ressourcen – für billige Arbeitskräfte, Material und Energie ist vorbei. Das alte Modell der Ausbeutung ist ausgelutscht. Bisher auf Kante genähte Geschäftsmodelle brechen in sich zusammen. Die Grenzerträge des bisherigen Handelns wandern gegen Null. Wir erleben die Morgendämmerung einer Ökonomie der teuren Ressourcen. Besser wäre es, diese neu aufscheinende Welt die faire Ökonomie zu nennen. Unter Einbezug der sozialen Aspekte und der Umwelt könnte man es auch eine nachhaltige Ökonomie nennen.

    Die nachhaltige Ökonomie ist möglich

    Verbinden wir die nachhaltige Ökonomie mit einem unerhört neuen Gedanken, Wohlstand neu zu denken, dann könnte sich daraus unter Umständen etwas wirklich Schönes entwickeln, zum Beispiel eine heimische Industrie, die auf der Grundlage wunderbarer Innovationen ausbeutungs- und emissionsfreie Produkte vorzugsweise für den Binnenmarkt produziert und deren Arbeitnehmer dank mehr als auskömmlicher Löhne und Gehälter den Musikunterricht ihrer Kinder fair bezahlen können – unterstützt durch Mittel der Kommunen und Länder, die ebenfalls genügend Geld für die Schaffung öffentlichen Wohlstandes haben. Denn auch eine fair finanzierte öffentliche Musikschule ist Wohlstand – so wie das Krankenhaus, die Straßenbahn, Berufsschulen und Universitäten, die Polizei, Theater, Museen und Konzerthäuser und all das, was ein gutes Leben der Menschen unabhängig von deren privaten Geldbeuteln ermöglicht.

    Doch mit dem Traum von einer nachhaltigen Ökonomie allein wird das nichts. Für diese bedarf es Investitionen in Innovationen und vor allem viel Anstrengung. Hinzu kommen nicht ganz einfache Rahmenbedingungen, die wir uns im Folgenden in Schlaglichtern ansehen.

    Der Anbruch des disruptiven Zeitalters

    So nach und nach wird uns klar, die gemütliche Zeit der linear vorausberechenbaren Entwicklungen ist vorbei. Alles entwickelt sich immer rascher exponentiell – Politik, Gesellschaft, Ökonomie, Umwelt und Wissenschaft verändern sich sehr dynamisch und niemand kennt die Kipppunkte, wann das bisherige Gefüge auseinanderfliegt.

    Wir beobachten in der westlichen Welt den wachsenden Zuspruch zu weltanschaulich agierenden Parteien und Politikern von links bis rechts. Die einzigen Parteien in Deutschland mit einem klar formulierten Welt- und Gesellschaftsbild sind die Grünen und die AfD. Sie sind gleichzeitig das bevorzugte Ziel für Attacken auf deren politische Akteure und damit beherrschen sie auch weite Teile des öffentlichen Diskurses. Das ist insofern bemerkenswert, dass der Aufmerksamkeit meist auch die Sympathie folgt – das ist ein altes Gesetz der Öffentlichkeitsarbeit. Auch die Blicke nach Frankreich, Italien oder die USA zeigen ein ähnliches Bild.

    Wir beobachten eine Muslimifizierung des Diskurses, die sich von der UN-Vollversammlung[8] über den UNO-Vorsitz von Saudi-Arabien zur Förderung von Frauen[9] und die Studentenproteste an den Hochschulen der westlichen Welt[10] bis zur voranschreitenden staatlichen Anerkennung der unter der Knute der Terrorhorde Hamas leidenden Bevölkerung Palästinas unter anderen durch die EU-Staaten Schweden, Spanien und Irland[11] erstreckt und auch durch Demonstrationen in Deutschland für ein Kalifat als Lösung[12]. Wir beobachten die Aufspannung des Dreiecks des Hasses von Russland, China und Iran gegen alles, was westlich und damit incl. der Ukraine seiner Vernichtung wert ist[13].

    Wir beobachten massive Veränderungen der Biosphäre vom meist stillen Artensterben bis hin zu sehr konkret erlebbaren Folgen der Klimaveränderung auch in Deutschland und wir erleben den Siegeszug der künstlichen Intelligenz als neue Sehnsuchtsapplikation für das Very Big Business im 21ten Jahrhundert in den USA und in China. Europa liegt in diesem KI-Rennen mittlerweile weit abgeschlagen zurück, seine in der Summe und in Relation zu den USA und China bescheidenen Ausgaben für KI-Forschung führten bisher nicht zu den erhofften privaten Investitionen[14].

    Man könnte jetzt fragen, was bedeutet das im Kleinen? Was bedeutet das für den mittelständischen Industriebetrieb und die öffentliche Musikschule? Kann uns all das in Deutschland nicht herzlich egal sein? Es kommt auf die Perspektive an, auf die Imaginationskraft einer als erstrebenswert erachteten Zukunft und auf das Maß der zu leistenden Anstrengung für einen Wandel. Doch zuvorderst kommt es darauf an, Tatsachen als solche zu erkennen. Zum Beispiel, dass wir im zänkischen Weiter-So im alten Gleis und im Rangeln um immer kleiner werdende Kuchenstücke den Zug garantiert an die Wand fahren und der Kuchen in matschigen Fetzen von der Windschutzscheibe der Lokomotive rutscht.

    Die neue Vereinbarung mit der Zukunft

    Nehmen wir als Beispiel die öffentlichen Musikschulen in Deutschland. Wir könnten auch den Industriebetrieb nehmen, doch in dieser Fallstudie geht es um die Gestaltung eines guten Unternehmens und eine öffentliche Musikschule ist auch eines – sofern sie etwas unternimmt. Die humanistische Perspektive der Menschwerdung durch Musik lassen wir beiseite, sie ist das unbestreitbare wertvolle Ziel der musikalischen Bildungsarbeit. Wir befassen uns mit den ökonomischen Grundlagen.

    Nachfrage und Image

    Jede Musikschule braucht Nachfrage – ihr Wert bemisst sich im Wesentlichen an ihrem Beitrag zum Gemeinwohl, der zum Beispiel anhand der Schülerzahlen bemessen werden kann. Aus der öffentlichen positiven Wahrnehmung einer Musikschule resultiert ihr Markenwert. Er steigt in dem Maße, wie eine Musikschule als aktiver Teil einer Gemeinschaft, zum Beispiel einer Kommune oder eines Landkreises, wahrgenommen wird.

    Das öffentliche Geld bleibt knapp

    Jede Musikschule braucht Geld – um Löhne und Gehälter zu bezahlen, um die Liegenschaften zu unterhalten, um Instrumente zu kaufen. Sie braucht Geld für Investitionen, für Kommunikation und für ihren Beitrag zum Gemeinwohl – vom Unterricht bis zum Konzert. Dieses Geld bekommt sie im Wesentlichen aus drei Quellen, zu 50 Prozent und meist mehr von den Privathaushalten mit zunehmend schmaleren Geldbeuteln für Bildung und Freizeit, zu in der Regel ungefähr 30 Prozent aus den kommunalen Kassen, deren wirtschaftliche Situation meist als dauerhaft strapaziert bezeichnet werden kann und aus den Kassen der Bundesländer, die sich in Deutschland meist seit Jahrzehnten – vornehm ausgedrückt – in ausgesprochener Zurückhaltung üben.

    Die kommenden Jahre in Deutschland vorausgedacht dürfte als realistische Annahme gelten: Das öffentliche Geld bleibt knapp, insbesondere auf kommunaler Ebene. Durch das Industriesterben werden die Steuereinnahmen weiter sinken, die Soziallasten werden entlang der Migration weiter steigen, die Boomer wandern auf die Seite der Rentenempfänger und vergrößern die Arbeitskräftelücke, die staatlichen Investitionen konzentrieren sich auf den Erhalt und die Reparatur der Infrastruktur. Für staatliche Investitionen in neue Geschäftsfelder bleibt kaum Geld. Es kann mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass öffentliche Musikschulen am Ende der Nahrungskette bei der Vergabe von öffentlichen Mitteln eher eine höhere Nummer auf der Warteliste ziehen werden.

    Ein paar unangenehme Fragen

    Was also bleibt den öffentlichen Musikschulen? Es den Bauern gleichtuend sternförmig gen Berlin ziehen und Transparente mit lustigen Texten schwenkend in Gummistiefeln zum Kanzleramt stapfen? In der Hoffnung auf Mitleid eine gepflegte Depression entwickeln und leise seufzend vor sich hin Sterben? Sich in den sozialen Medien über die Zustände empören und mit Glück zwei Likes und einen zustimmenden Kommentar ergattern – und sich gleichzeitig viele unerfreuliche Kommentare einfangen, die all das etwas anders sehen? Sich an ihre Landesverbände oder an den Bundesverband wenden, deren Gestaltungsimpuls für den notwendigen Wandel sich in den letzten Jahren meist sehr verhalten zeigte? Sich stur auf das alte Geschäftsmodell kaprizieren und mit freitäglichen Sitzstreiks vor dem Rathaus auf eine Fortsetzung des Weiter-so pochen? Online-Petitionen schreiben? Um die öffentliche Anerkennung der musikalischen Bildung betteln? Oder die disruptiven Veränderungen antizipieren und gedanklich alles auf Anfang setzen?

    Megatrends bilden die Rahmenhandlung

    Jede Musikschule muss akzeptieren, dass sie als Teil dieser Welt nicht alle Entwicklungen beeinflussen kann. Es braucht die Kraft für einen Gestaltungsimpuls der Zukunft und den Mut zur Selbstermächtigung. Es ist entscheidend, die für die Musikschule entscheidenden Megatrends und Treiber des Wandels zu identifizieren und damit zu arbeiten. Die obenstehende Grafik verbildlicht die sieben Megatrendcluster. In der gebotenen Kürze nur so viel: Entscheidend ist immer die Situation Ihrer Musikschule vor Ort. Führen Sie stets eine eigene Megatrendanalyse durch! Es folgt eine mögliche Rahmenhandlung für eine typische Musikschule, die es so in Realitas nicht 1zu1 geben wird.

    Megatrends finden statt. Um Megatrends operationalisierbar, für die Gestaltung der Zukunft nutzbar zu machen, unterteilen wir diese in vier Bereiche. Diese ergeben sich aus den Fragen, wie stark ein Megatrend auf die Arbeit der Musikschule einwirkt und wie stark die Musikschule den Megatrend beeinflussen kann. Aus diesen Fragen resultieren vier grundlegende Strategieoptionen.

    Megatrends, die kaum auf die Arbeit einwirken und die man kaum beeinflussen kann, werden beobachtet. An Megatrends, die stark auf die Arbeit einwirken und die man kaum beeinflussen kann, muss man sich anpassen, sich gegen negative Auswirkungen absichern und diesen – wenn möglich – ausweichen. Bei Megatrends, die kaum auf die Arbeit einwirken und die man stark beeinflussen kann, kann man situativ und dosiert agieren. Bei Megatrends, die stark auf die Arbeit einwirken und die man stark beeinflussen kann, muss man sich klar positionieren, strategisch agieren, sich Vorteile erarbeiten und sein Macht gezielt nutzen.

    Betrachten wir ausschließlich die Megatrends, die stark auf die Arbeit einer Musikschule einwirken. Ihnen muss das besondere Augenmerk gelten, denn sie determinieren die Rahmenhandlung des Kommenden. Achtung: Nicht nur Musikschulen weichen hier gerne in bequeme und leichte Handlungsmuster aus, die einem die Illusion von Wirkmächtigkeit geben. Aus der sachbezogenen Analyse der Megatrends – und zwar unabhängig davon, wie kommod deren Ergebnisse für die Musikschule sind, ergeben sich sieben Handlungscluster: Das Cluster der Ökonomisierung, Globalisierung und Europäisierung, das Cluster rund um Big Data, das gesellschaftliche Cluster mit seinen Milieus, der Demografie und Migration, das Cluster der regionalen Autonomie und Vernetzung, das Cluster rund um die Neugestaltung der Bürgerschaft, das Cluster der Nachhaltigkeit und damit verbunden das Cluster des neuen Konsumentenverhaltens.

    Auf Grundlage dieser sachbezogenen Analyse ergeben sich fünf zentrale Handlungsstränge für eine Musikschule innerhalb der Megatrends, die stark auf die eigene Arbeit einwirken. Wichtig ist, mit den eigenen Spielregeln – dem eigenen Geschäftsmodell – Herr im eigenen Haus zu bleiben. Die Digitalisierung dient der Stärkung des Geschäftsmodells. Das Geschäftsmodell bietet den Menschen lebensweltbezogene Angebote auf Grundlange des Bildungs- und Kulturauftrags. Die Musikschule steigert ihren Mehrwert und ihr Maß an Unverzichtbarkeit durch eine tiefe Verwurzelung in und mit der Region und ihrer dichten Vernetzung mit allen relevanten regionalen Akteuren. Das Geschäftsmodell fußt auf den Prinzipien des nachhaltigen Wirtschaftens, um dauerhaft relevant zu bleiben.

    Selbstbestimmt agieren

    Die folgenden Gedanken sind explizit KEINE Blaupause für das Handeln einer öffentlichen Musikschule vor Ort. Sie mögen als Anregung dienen, ausgehend von diesen den Diskurs vor Ort mit allen Beteiligten zu führen – für eine passgenaue und sachgerechte Lösung, die den jeweiligen lokalen Bedingungslagen Rechnung trägt. Die folgenden Gedanken sind als nicht abgeschlossen zu verstehen. Deren Reihenfolge ist zufällig und beinhaltet weder Gewichtung noch Rangreihe.

    Selbstbestimmtes Geschäftsmodell: Musikschulen brauchen ein nachhaltiges – ausbeutungsfreies – Geschäftsmodell auf Vollkostenbasis, das sich trägt durch die Schüler und deren Eltern, eine starke Bürgerschaft, eine verantwortlich handelnde Kommune und das die Zukunft der Musikschule unterstützende Land. Die alten Zeiten der billigen Ressourcen und Arbeitskräfte sind (Gott sei Dank) vorbei.

    In dem Maße, wie sich Kommunen und das Land weigern, Teil der neuen Vereinbarung zu werden, müssen sich Musikschulen aus diesen toxischen Beziehungen befreien für einen selbstbestimmten Weg mit neuen Partnern. Der unverhandelbare Kern einer öffentlichen Musikschule ist eine qualitätvolle musikalische regional verortete kulturelle und musikalische Bildung, die jedem Menschen unabhängig von seiner biographischen, sozialen und finanziellen Situation offensteht. Nochmal zum auf der Zunge zergehen lassen: Es heißt immer noch öffentliche Musikschule, nicht unter zu prekären Arbeitsbedingungen verdammte Musikschule unter kommunaler Herrschaft. Selbstbestimmung ist Pflicht für eine der Öffentlichkeit und dem Gemeinwohl dienenden Musikschule.

    Bürgerschaftliches Engagement: Die meisten öffentlichen Musikschulen wie fast alle Kultur- und Bildungseinrichtungen entstanden vor vielen Jahrzehnten auf Betreiben einer aktiven Bürgerschaft. Diese damals erbrachten bewundernswerten Leistungen wurden nach und nach in übergeordnete konstitutiv organisierte Systeme überführt und damit verschwand häufig der Gründungsimpuls.

    Jede öffentliche Musikschule ist in erster Linie eine bürgerschaftlich getragene Institution. Die Politik wird sich in den kommenden Jahren mit Sicherheit nicht stärker engagieren, deren Aufgaben und Lasten sind bereits heute kaum mehr tragbar. Den öffentlichen Musikschulen bleibt die Möglichkeit der Wiederbelebung des Ursprungsgedankens durch die Aktivierung des bürgerschaftlichen Engagements und die gezielte Einbindung der Bürgerschaft – vom Förderverein über das Ehrenamt bis hin zur Pflege von Netzwerken und zu ehemaligen Schülern.

    Mehrwert dokumentieren: Jede Leistung einer öffentlichen Musikschule kann erfasst werden – als Qualität und als Quantität. Die Dokumentation reicht zum Beispiel von der Qualifikation der Lehrkräfte bis zur Zahl der Schüler und der Kooperationen von der Kindertagesstätte bis zum Pflegeheim, sie umfasst das Leistungsspektrum ebenso wie die Zahl der öffentlichen Aufführungen, der Besucher und des erzeugten Wertschöpfungshebels durch die Arbeit der Musikschule.

    Mehrwert kommunizieren: die Öffentlichkeitsarbeit der meisten öffentlichen Musikschulen kann deutlich ausgebaut werden, insbesondere im digitalen Raum. Der dokumentierte Mehrwert findet seinen Platz auf den ansprechenden Websites ebenso wie das Story-Telling aus Sicht der Schüler und die Anzahl und Tiefe der Kooperationen.

    Der Schatz der Möglichkeiten mit Social-Media kann gehoben werden ebenso wie die digitale Vernetzung verdichtet, ausgeweitet und vertieft werden kann. Auch Google stellt mächtige Werkzeuge bereit, im digitalen Raum kostengünstig präsenter zu werden.

    Qualität beweisen: jede öffentliche Musikschule liefert Fakten für ihre erbrachte Qualität in Form von Aussagen der Schüler, in Form von Zahlen für Wettbewerbe, für das Leistungsspektrum, für angebotene Formate, für die pädagogische Qualität und die miteinander verzahnten Bildungsmodule in Form von Zertifikaten, Urkunden, Mitgliedschaften und Testaten. Menschen lieben Beweise, Qualität und Exzellenz.

    Nachhaltiges Geschäftsmodell: Insbesondere die Zusammenarbeit mit Kommunen und deren Mittelvergabe orientiert sich immer mehr an nachweislich nachhaltigen Geschäftsmodellen ihrer Partner und Auftragnehmer. Der DNK – Deutsche Nachhaltigkeitskodex stellt werthaltige Entsprechenserklärungen aus, die allen gesetzlichen Vorgaben Genüge tun und den Kommunen signalisieren: unsere Musikschule ist ein nachhaltig agierender Partner.

    Flexibilisieren: Wo immer möglich, muss die öffentliche Musikschule ihr Geschäftsmodell flexibilisieren, um sich schnell und professionell an neue Bedingungslagen anzupassen. Wertvolle Partner erkennt man immer daran, dass sie wirksam agieren und ihren Beitrag leisten.

    Kooperation und Vernetzung: Alle in der Kommune relevanten Institutionen müssen mit der öffentlichen Musikschule in Form erlebbarer Zusammenarbeit vernetzt sein. In dem Maße, wie eine öffentliche Musikschule tief im Gemeinwesen vernetzt, verwurzelt und verankert ist, wird sie immer unverzichtbarer für die Kommune.

    Kooperativ kollaborieren: Unter dem Gesichtspunkt der Effizienz können Zusammenschlüsse von öffentlichen Musikschulen in Form von losen Kooperationen bis hin zu Fusionen eine gute Lösung sein – sofern damit deren Leistungsfähigkeit steigt, ohne auf Kosten der Substanz der Musikschulen zu gehen, zum Beispiel Personal, Angebotsspektrum, Leistungsdichte und Beschaffung.

    Geeignete Rechtsform: Die Rechtsform folgt immer dem Geschäftsmodell und ermöglicht diesem,  friktionsarm innerhalb einer für alle Stakeholder hohen Rechtssicherheit im angestrebten Sinne wirksam zu werden. Ändern sich die Rahmenbedingungen, dann ändert sich das Geschäftsmodell, dann ändert sich die Rechtsform.

    Mögliche Rechtsformen einer öffentlichen Musikschule können neben dem eingetragenen Verein oder einer kommunalen Trägerschaft auch eine gemeinnützige GmbH sein, ein Eigenbetrieb, eine Genossenschaft oder eine Stiftung. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Wichtig ist, dysfunktionale Strukturen zu zerschlagen und durch wertschöpfende Strukturen zu ersetzen.

    Neue Geschäftsfelder: In schwierigen Zeiten öffnen sich meist neue Türen, einfach weil manche Akteure vom Markt verschwinden und weil neue Aufgaben entstehen. Hier gilt: Der frühe Vogel fängt den Wurm, denn nach der Krise kommt der Boom für diejenigen, die in der Krise ihre Hausaufgaben erledigt haben. Jetzt ist die Zeit, über Innovationen nachzudenken. Denn jetzt kann man nur gewinnen – das meiste ist ja bereits verloren und der Rest schlittert schwankend auf der Kante in eine ungewisse Zukunft.

    Neue Zielgruppen: Gerade im Privatkundensektor entsteht nicht zuletzt durch die einer nachberuflichen Lebensphase in Massen entgegenstrebenden Boomer ein unfasslicher großer Sinnmarkt. Viele Boomer werden endlich das tun, worauf sie sich ein Leben lang gefreut haben – zum Beispiel das Musikinstrument ihrer Jugend wiederentdecken oder neu lernen – und viele von Ihnen werden das nötige Kleingeld dafür haben. Doch Achtung: Boomer sind konsumerfahren und anspruchsvoll.

    Klare Haltung: In einer sich zunehmend auf Werte konzentrierenden öffentlichen Debatte kommt man mit Wischiwaschi nicht weit. Öffentliche Musikschulen brauchen einen klar kommunizierten Wertekanon, der sich eindeutig als weltoffen und allen damit zusammenhängenden Werten verpflichtet. Nur am Rande: das ist eines der DNK-Kriterien.

    Umfassende Digitalisierung: Alle Geschäftsprozesse von der Verwaltung in einer öffentlichen Musikschule bis zur Vermittlung müssen digitalisiert werden – um Kosten zu sparen, um Abläufe zu  vereinfachen, um die wertvolle Arbeitszeit der Mitarbeiter für qualitätvolle Arbeit zu nutzen, um Schüler auch digital an sich zu binden, um Kooperationen zu managen. Auch KI-Tools für einfache Antwortroutinen rund um die Verwaltung können erhebliche Kostenvorteile generieren.

    Die Grundregeln müssen sein: In der Verwaltung wird alles digitalisiert, was die Effizienz steigert und letztlich stupide Arbeit ist. In der Vermittlung wird alles digitalisiert, was die Unterrichtsqualität unterstützt und was die Bindung der Schüler an ihre Musikschule verbessert.

    All diese Aspekte können in ihrer jeweils individuellen Ausformung vor Ort wesentlich dazu beitragen, auf Dauer resiliente – widerstandsfähige – Geschäftsmodelle für öffentliche Musikschulen zu entwickeln.

    Mehr über die Entwicklung resilienter Geschäftsmodelle lesen Sie hier:

    Resiliente Geschäftsmodelle

    Ich wünsche Ihnen frohes Schaffen und gutes Gelingen,

    Ihr

    Stefan Theßenvitz


    Quellen

    [1] Quellen: https://www.zew.de/presse/pressearchiv/leises-industriesterben-in-deutschland, https://www.welt.de/wirtschaft/plus251736510/Deutschland-erlebt-ein-leises-Industriesterben-176-000-Unternehmen-geben-auf.htmlhttps://www.welt.de/wirtschaft/mittelstand/plus250234774/Zukunft-der-Wirtschaft-Wer-geht-geht-im-Stillen-Viele-andere-sitzen-auf-gepackten-Koffern.html

    [2] Quellen: https://www.nmz.de/nmz-verbaende/verdi-fachgruppe-musik/nach-herrenberg-urteil, https://www.musikschulen.de/medien/doks/recht/faq-honorarvertrag.pdf,

    [3] Eine ausführliche Darstellung hierzu mit allen Quellen finden in meinem Buch: Nachhaltig wirtschaften in der Praxis im Kapitel 11 Ökonomische Zusammenhänge und Wechselwirkungen, https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-42458-9_11

    [4] Eine Abfrage bei ChatGPT am 29. Mai 2024 bestätigt mein Wissen. Der Prompt: Liebes ChatGPT, welche Wachstumsrate des BIP – Brottoinlandsprodukts einer Volkswirtschaft ist notwendig, damit die Volkswirtschaft ökonomisch gesund bleibt? Was meinen die Experten? Antwort (Auszug): Für entwickelte Länder (wie die USA, Deutschland oder Japan) wird eine jährliche Wachstumsrate von etwa 2-3% als gesund betrachtet. Diese Länder haben bereits hohe Einkommensniveaus und stabilere wirtschaftliche Strukturen, sodass ein moderates Wachstum ausreicht, um Arbeitsplätze zu schaffen und den Lebensstandard zu erhalten.

    [5] Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2861/umfrage/entwicklung-der-gesamtbevoelkerung-deutschlands/

    [6] Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/974199/umfrage/produktivitaet-je-erwerbstaetigenstunde-in-deutschland/

    [7] Quelle: https://www.welt.de/wirtschaft/article251716650/Produktivitaet-Die-Welt-wird-leistungsfaehiger-und-Deutschland-faellt-zurueck.html

    [8] Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/un-palaestinenser-rechte-100.html

    [9] Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/saudi-arabien-uebernimmt-vorsitz-der-uno-frauenrechtskommission-menschenrechtler-protestieren-100.html

    [10] Nur ein Beispiel von vielen: https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/usa-columbia-universitaet-israel-gaza-100.html

    [11] Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/palaestina-staat-100.html

    [12] Quelle: https://www.brisant.de/kalifat-bedeutung-144.html

    [13] https://www.arte.tv/de/videos/114207-000-A/russland-china-iran-front-gegen-den-westen/

    [14] Quelle: https://orf.at/stories/3359040/

    Klug vernetzte Mobilität schafft Wohlstand

    Der Begriff der nachhaltigen Infrastruktur umfasst die Mobilität, die bezahlbare und saubere Energie, das Leben in nachhaltigen Städten und Gemeinden und die damit verbundenen Innovationen und Investitionen des Bundes, der Länder und Gemeinden. Dazu finden Sie in den beiden bereits vorgelegten Büchern zum nachhaltigen Wirtschaften sehr viel Information. Im Folgenden geht es um eine qualitative Betrachtung wünschenswerter Entwicklungen hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft, die aus eigener Kraft im Wohlstand leben will und für diese Transformation einen politischen Gestaltungswillen braucht.

    Sich frei bewegen können, ungebunden sein, selbstbestimmt handeln können, spontan sein, die Nachbarschaft und die Welt erkunden, Menschen besuchen, Reisen können, jederzeit aufbrechen wann, warum und wohin auch immer, sprichwörtlich Neues erfahren, das sind Urbedürfnisse des Menschen. In der individuellen Möglichkeit der Mobilität bemessen sich nicht zuletzt die Freiheitsgrade des Menschen. Dem einen genügt die Wanderung von der Haustür weg, der andere träumt vom anderen Ende der Welt. Oftmals sind auch der Beruf und seine Ausübung mit der Fähigkeit und Möglichkeit verbunden, mobil zu sein.

    Der aktuelle Diskurs in Deutschland hat das Auto aufs Korn genommen. Autos verstopfen die Innenstädte, Autobahnen schlagen riesige Schneisen in Landschaften, Autos erzeugen Feinstaub durch den Abrieb der Reifen und Bremsscheiben, die Abgase der Verbrennermotoren stinken und sind giftig, Autos töten und schädigen andere Verkehrsteilnehmer, Autos können gefährlich werden. Das ist alles richtig. Auf der anderen Seite steht das oben beschriebene Verlangen der Menschen nach Mobilität und genau deshalb sind Autos auch für viele Menschen Sehnsuchtsorte, für die sie lange sparen, die sie hegen und pflegen und sehr gerne benutzen.

    Nicht zuletzt ist die Automobilindustrie in Deutschland eine Schlüsselindustrie, die ca. fünf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt und vier Prozent der Arbeitnehmer beschäftigt . Mit der Automobilindustrie verbunden sind unzählige mittelständische Betriebe – beispielsweise Spezialmaschinenbau, Komponentenhersteller, Ingenieurbüros, Autohändler, Werkstätten, Tankstellen. Die Arbeitsplätze sind meist hochqualifiziert und entsprechend hoch sind die damit verbundenen Löhne und Gehälter und die daraus resultierenden Einkommenssteuern.

    Kurz gesagt, die Automobilindustrie trägt einen großen Anteil zum materiellen Wohlstand in Deutschland bei. Auch die für den Autoverkehr notwendigen Straßen tragen zum Wohlstand bei, weil die Autofahrer auf diesen zur Arbeit fahren, in die Ferien und immer wieder nach Hause, dass Dank der Straßen auch weiter vom Arbeitsort entfernt liegen kann. Wer ein Auto hat, kann bequem am Stadtrand wohnen oder auf dem Land und sich dort von mittelständischen Handwerksbetrieben sein Eigenheim bauen lassen.

    Diese drei zusammenwirkenden Faktoren – Straße, Auto, Haus – beschreiben im Wesentlichen das Wohlstandsmodell in Deutschland; mit all den negativen Folgen wie Landschaftsverbrauch, Zersiedelung und Umweltverschmutzung. Ein schlichtes Weiter so ist ein Irrweg, ebenso wie eine pauschale Verteufelung des Autos.

    Das private Auto ist ein mächtiger Wohlstandshebel. Die öffentlichen Verkehrsmittel von der Straßenbahn bis zur Bundesbahn sind ein mächtiger Wohlfahrtshebel. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kann jeder Mensch kostengünstig und umweltschonend seine Sehnsuchtsziele ansteuern, sofern diese aus Steuermitteln kofinanziert werden. An dieser Stelle den auf das Jahr 2070 verschobenen Deutschlandtakt der Bahn und ihre aktuelle Verfasstheit mit ätzender Satire zu bewerfen, ist zu billig. Jeder Mensch weiß, so geht das nicht und so wird das auch nichts auf Sicht.

    Für den an der Zahl der Fahrgäste bemessenen Erfolg und die gesellschaftliche Akzeptanz öffentlicher Verkehrsmittel bedürfen diese auf Dauer angelegte günstige Preise, die deutlich günstiger sind als Fahrten mit dem privaten Auto. Dazu kommen die Erfolgsfaktoren Verfügbarkeit – öffentliche Verkehrsmittel jederzeit und überall – und ein gepflegter Zustand des rollenden Materials und der Bahnhöfe. Aktuell sind bis auf das Deutschlandticket, das leider nur für den Regional- und Nahverkehr gilt, für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel keine der drei Erfolgsfaktoren Preis, Verfügbarkeit und Annehmlichkeit erfüllt.

    Für eine mobile Gesellschaft ist die intelligente Vernetzung der Verkehrsmittel untereinander, vom ICE über das Auto bis zum Fahrrad ein guter Weg, den auch alle Menschen gerne mitgehen würden. In dem Maße, wie Autos mit emissionsfreien Energieträgern – Elektrizität und Wasserstoff aus regenerativen Energiequellen – angetrieben werden, würde sich das Umweltproblem verflüchtigen.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

    Helden einer nachhaltigen Gesellschaft

    Die Helden einer nachhaltigen Gesellschaft sind die Menschen, die mit ihrer Arbeit und den daraus resultierenden angemessenen Steuern das Gemeinwohl finanzieren. Je mehr Menschen mitwirken, desto besser für alle. Im Jahr 2024 leben in Deutschland so viele Menschen wie niemals zuvor, knapp 85 Millionen Menschen. Seit dem Jahr 2011 wächst die Bevölkerung vor allem aus der Zuwanderung kontinuierlich an. Es wäre eine wunderbare Entwicklung, wenn diese Zuwanderung jedem hier lebenden Menschen die Chance auf einen menschenwürdigen Wohlstand eröffnen würde. Leider ist dem nicht so.

    Auf der einen Seite wachsen die Sozialausgaben mit jedem Jahr, auf der anderen Seite verzeichneten wir im Jahr 2023 eine Fachkräftelücke von weit mehr als 500.000 Menschen  mit kontinuierlich steigender Tendenz. Hier läuft was gewaltig schief und jeder weiß das. Wir müssen den Elefanten im Raum zur Kenntnis nehmen und uns eingestehen, dass wir alle Akteure im Spiel sind. Die Demonstrationen im Winter 2024 zeigen ja eindrücklich, dass wir viele sind.

    Ob das Demonstrieren gegen rechts wirklich den Elefanten beim Namen nennt – hinter dem rechts stehen ja insbesondere 20 Prozent + X Wähler, also auch Bürger, die vermutlich aus Wut, Verzweiflung, Angst, empfundener Zurücksetzung oder als Reaktion auf unzureichenden Respekt vor ihrer Lebensleistung nach rechts drallern – wage ich zu bezweifeln. Es sind schon wir alle zusammen, die diese Entwicklungen zu verantworten haben – von der Inflation über Steuerschlupflöcher, der misslungenen Integration und dem Erstarken des mittlerweile üppigen rechten Randes – einfach, weil wir es zugelassen haben.

    Die Demonstrationen gegen rechts zeigen deutlich, den Demonstranten sind die Werte der freiheitlich demokratischen Grundordnung sehr wichtig. Sie zeigen öffentlich Gesicht für die jedem Menschen in unserem Grundgesetz garantierte Würde und gegen menschenverachtendes Reden und Handeln. Dafür nutzen die Demonstranten ihre wertvolle Zeit zusätzlich zu ihren Herausforderungen im Alltag. Das ist aller Ehren wert.

    Doch auch zulassen, unterlassen, ignorieren, Ursachen und Wirkung verdrehen, intellektuelle Nebelkerzen werfen, normative Dogmen befeuern, Gegenrede unterbinden, in eine Haltung zwingen, all das sind aktive Beiträge, mit denen wir gemeinsam an der erlebten Wirklichkeit bauen. Mit den Folgen der Ausgrenzung und Ächtung der als falschdenkend Entlarvten und einem dumpf-selbstgerechten Kollektivismus, der im Irrtum eines vermeintlich aufgeklärten, mündigen Staatsbürgers verharrt.

    Dräuend richtet sich mein Blick in das nahende Superwahljahr 2024 in der Ahnung, Schildchen mit Sprüchen wedeln ist keine Lösung – mein Lieblingsspruch war ja die öfters in der Tagesschau zu sehende Mahnpappe „Menschenrechte statt rechte Menschen“. Gott ist das naiv. Da sehe ich schon den Menschen, wie er wohlig dampfend nach der Demo heimschreitet und sich so recht wohl fühlt in seiner Haut und Gesinnung. Leider verbessert die Haltung alleine nicht die Welt, diese wird nur besser durch konkrete Taten.

    Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

    © Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz