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Geld und Kapital dienen der Wohlfahrt

In einer Welt des menschenwürdigen Wohlstandes dient das Geld den Menschen, das Kapital dient Investitionen in die Wertschöpfung, Regierungen dienen dem Wohl des Volkes – so weit so banal wie utopisch. Das Maß einer dem menschenwürdigen Wohlstand verpflichteten Gesellschaft bemisst sich an dem System, das diesen Wohlstand ermöglicht.

Seien Sie versichert, immer dann, wenn Korruption und Kriminalität im großen Stil gedeihen, immer dann, wenn es möglich ist, große Mengen Kapital anzuhäufen und obszönen Reichtum zusammenzuraffen, den man innerhalb seines Clans behalten und über Generationen vermehren darf, immer dann, wenn leistungsloses Einkommen aus Zinsen und Erträgen möglich ist, immer dann geschieht das mit Billigung, Förderung, Zustimmung oder Ermöglichung durch die Politik.

Gehen Sie getrost davon aus, jedes Steuerschlupfloch, jede Gesetzeslücke, jede Begünstigung eines wasauchimmer Sondertatbestandes ist das Ergebnis menschlicher Intervention in die Politik hinein. Das System hat keine Fehler, es funktioniert wunderbar. Natürlich führt dieses Regierungshandeln nicht zu einem menschenwürdigen Wohlstand auf breiter Front und schon gar nicht zu einem bescheidenen Wohlstand aus eigener Kraft. Auch das erzeugt großes Unbehagen im Volk.

Die aktuelle ökonomische Verfasstheit in Deutschland mit den weltweit sich in der Spitzengruppe befindlichen Steuersätzen zuzüglich Abgaben aller Art in Verbindung mit den nahezu weltweit höchsten Energiepreisen beschleunigt die Spaltung der Gesellschaft.

Wenn Sie auf einer Ferienreise wieder die Kamera, vermutlich eher Ihr Mobiltelefon zücken, um eine prächtige Kathedrale, eine beeindruckende Skyline mit sich in den Himmel reckenden Bankentürmen oder architektonisch ausladende Regierungsgebäude abzulichten, dann verbinden Sie Ihr Gefühl manifestierter Macht mit dem Gefühl, dass all dieses Geld, das diese Bauten ermöglichte, den Menschen vorenthalten wurde, die dieses Gepränge hart erarbeitet haben.

Jedem großen Reichtum wohnt im Anfang ein gutes Stück Piraterie inne. Etwas direkter mit Honoré de Balzac formuliert: „Hinter jedem großen Vermögen steht ein Verbrechen.“ Gerne ergänze ich: Hinter jedem großen Vermögen stehen Menschen, die dieses Vermögen ermöglicht haben, nicht selten eine Melange aus Mafia, Banken und Regierungen .

Als Betriebswirt lernte ich, dass Staatsausgaben immer dann Sinn ergeben, wenn diese in Investitionen fließen, in die Schaffung von Mehrwert zum Beispiel in Form von Straßen, Häusern, Schulen und Universitäten, in Forschungsinstitute und in Zukunftstechnologien. Ich lernte auch, dass Staatsausgaben in den Konsum – sprich Sozialausgaben – Beschleuniger der Inflation sind, weil der Konsum keine Werte schafft, sondern diese im Gegenteil aufzehrt, zum Beispiel durch Miete zahlen, Essen kaufen, in den Zoo gehen.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Ungleichheit schafft Unfrieden

Der mit Abstand größte Posten im bundesdeutschen Staatshalt sind mit knapp 39% die Sozialausgaben. Hier verbirgt sich meines Erachtens ein Grund für die stark angestiegene Inflation in Deutschland, die weitgehend dialektisch verbrämt wird als Folge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine.

Das ist mit Sicherheit auch ein Grund, doch jede Ursache für die steigende Geldentwertung ist hausgemacht – von der verschlafenen Energiewende über die erodierende industrielle Basis bis hin zu der den Konsum finanzierende staatliche Ausgabenpolitik.

Die Geldentwertung trifft dummerweise gerade die Menschen, die ihr nicht entkommen können, die kein Offshore-Konto in der Karibik haben, kein verschwiegenes Schließfach in der Schweiz, keine stillen Beteilungen an komplex miteinander vernetzten Unternehmen oder idealerweise eine Big Company in einer Steueroase ihr Eigen nennen. Nun gut, das ist jetzt polemisch zugespitzt und gleichwohl eine Tatsache, der man nur die Frage Cui bono? – Wem nützt es? hinzufügen muss. Dem jetzigen System mit den jetzigen Akteuren – dem Großkapital, den Banken und den sie in ihrem Raffen und Häufen geflissentlich unterstützende Regierungen, die vermutlich auch nicht ganz uneigennützig handeln.

Bei Oxfam nachzulesen: Seit dem Jahr 2020 vereinigte das reichste eine Prozent der Menschen mehr als zwei Drittel des weltweiten Vermögenszuwachses, während im gleichen Zeitraum für knapp zwei Milliarden Arbeitnehmer:innen die Lebenshaltungskosten schneller als die Löhne und Gehälter gestiegen sind. Bitte verabschieden Sie sich von dem Gedanken, all das wäre alternativlos und unausweichlich, denn das ist es nicht. Was Menschen ins Werk setzen, können Menschen ändern.

Fassen wir kurz zusammen, bevor wir uns dem Gedankenspiel eines möglichen menschenwürdigen Wohlstandes hingeben. Immer, wenn sich in einer Gesellschaft das Kapital auf wenige Akteure konzentriert, immer wenn leistungsloses Vermögen zu noch mehr Vermögen führt, dann läuft was schief. Immer wenn die Staatsausgaben aus dauerhaft überbordenden Sozialleistungen bestehen, dann läuft was schief. Immer dann, wenn die eigene Kraft nicht hinreicht für einen bescheidenen Wohlstand, dann läuft was schief.

Immer dann, wenn eine Regierung Haltung höherstellt als fachlich fundierte und wirksame Strukturbeiträge, dann läuft was schief. Immer dann, wenn man sich nicht gegen diese Entwicklungen stemmt, dann läuft was schief.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Banken dienen der Wohlfahrt aller Menschen

Folgender Absatz mag zu der Annahme führen, der Autor sei ein verkappter kommunistischer Radikalinski, doch dem ist nicht so, nichts liegt mir ferner und gleichzeitig näher als ein freies Leben aus eigener Kraft in einer offenen Gesellschaft. Für den Wandel hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft muss man manchmal seinen ganzen Mut zusammennehmen, um das falsch zu nennen, was offensichtlich falsch ist. Und das sei im Folgenden geschrieben.

Jede Bank unterliegt einer Veröffentlichungspflicht aller Konten. Denn das Bankgeheimnis schützt Menschen und Interessen, die der Mehrheit schaden – von der Steuerhinterziehung bis zum Drogengeld, das auf trickreiche Weise mit der Expertise der Banker gewaschen wird. Alle Einlagen, Guthaben, Kredite, Beteiligungen, Anleihen, Aktiendepots – kurz, alle Geschäfte – der Privatbanken, Banken auf Aktien, Investmentbanken, Genossenschaftsbanken und Banken in kommunaler Verantwortung werden überprüft – deren gesamtes Geschäftsmodell wird unter die Lupe genommen.

In dem Maße, wie die jeweilige Bank rechtschaffen gewirtschaftet hat und in ihrem Wirken Substanzwerte geschaffen oder an der Schaffung dieser mitgewirkt hat, kann sie ihr Geschäftsmodell weiterführen. Ausgehend von der aktuellen Rechtslage ist die Rechtschaffenheit schwer zu messen, denn die Akteure werden sich auf die Rechtmäßigkeit ihres Tuns berufen und das zu Recht. So müssen wir das Recht ändern und Übergangsfristen auf Sicht vereinbaren, wir müssen vermutlich auch Straffreiheit bei aktiver Kooperation anbieten.

Um es offen zu sagen: Ohne eine Reform des Bankwesens und des internationalen Zahlungsverkehrs wird es keine nachhaltige Gesellschaft geben. Diese Macht der Wenigen und der ihr Handeln unterstützende Profiteure muss gebrochen werden, mit allen Mitteln und mit aller Konsequenz. Die weitaus größte weltweit verfügbare Geldmenge hat nichts mit der Realwirtschaft zu tun. Es sei denn, eine Bank verzockt sich, wird als systemrelevant eingestuft und die Steuer zahlenden Bürger zahlen die Zeche.

Diese Banken folgen dem Prinzip: Gewinne privatisieren, Schulden vergemeinschaften. Und leider ziehen große, weltweit vernetzte Bankhäuser unfasslich viel Schwarzgeld, Drogengeld, Waffengeld oder schlicht geplündertes Geld aus zusammenbrechenden Volkswirtschaften an, die Versuchung ist einfach zu groß. Es sind eben nicht die Einzeltäter in einer im Prinzip guten Bank, nein, es sind die Einzeltäter in einer Bank, die dieses Handeln ermöglicht. Das alles muss aufhören. Und es wird einfach deshalb funktionieren, weil die Realwirtschaft davon nichts mitbekommen wird.

Der Weizen wird weiter auf den Feldern wachsen, die Bäckereien werden weiterhin ihre Kredite für die neuen Öfen abbezahlen, die Löhne und Gehälter werden weiter aus den Erträgen der Unternehmen bezahlt werden, die Menschen werden weiterhin Bort essen, auf ihr Häuschen sparen und sich auf das neue Auto freuen, sie werden weiterhin zur Schule gehen und Maschinen bauen und Computerprogramme schreiben. Nach einem Feuersturm der Entrüstung und ultimativen Endzeitdrohungen aus den Banktürmen heraus wird schlicht nichts passieren.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Das Böse eindämmen, das Gute befördern

Warum ist die Welt wie sie ist? Statt einer alles erklärenden vermessenen Weltformel biete ich folgenden Aspekt an: Im Menschen wohnt das Böse ebenso wie das Gute. Menschen verhalten sich hinterhältig, sie übervorteilen andere, sie schmausen an reichlich gedeckten Tischen im Anblick der Hungernden, sie überziehen Völker mit grausamen Kriegen, sie verschiffen ihren Müll nach Irgendwo und sie werfen ihren Müll auf die Straße.

Und Menschen verhalten sich hilfsbereit, sie unterstützen andere, sie arbeiten ehrenamtlich, sie investieren ihre Zeit in Initiativen und sie bringen dem ukrainischen Geschwisterpaar aus der Nachbarschaft die deutsche Sprache und Schrift bei.

Unser menschliches Verhalten ist die Folge unserer kulturellen Vereinbarung, wie wir miteinander umgehen, was wir positiv oder negativ sanktionieren. Nur eines von Millionen von Beispielen: um die Jahrhundertwende wurde der Vater schlecht angesehen, der seinen Filius bei einer ertappten Missetat nicht verdrosch, Haue wurde allgemein auch als Präventivmaßnahme und gerne auch in der Öffentlichkeit praktiziert als probates Erziehungsmittel angesehen – das ist heute ganz anders.

Wer sein Kind schlägt, verhält sich asozial und bei einer Anzeige drohen harte Strafen. Das Böse ist Teil von uns, das Gute ebenso. Die kulturelle Vereinbarung entscheidet, was wir als Böse werten. Das Böse will mit Macht mehr und größer werden, das Gute ist leider leiser und bedächtiger, es ist meist klein und bescheiden. Wir werden das Böse niemals aus der Welt bringen, einfach weil es Teil unserer Natur ist, doch wir können Vorsorge treffen, das Böse einzuhegen und klein zu halten.

Es ist wie mit dem inneren Schweinehund; geben wir ihm nach, geben wir ihm Futter, dann gedeiht er prächtig und überwölbt unser Verhalten bis hin zur fatalistisch hingenommenen Alternativlosigkeit „Ich bin fett und gefräßig, ist halt so und jetzt ist es eh zu spät“. Wir können auch Vorsorge treffen, das Gute zu befördern und wir können Menschen ermuntern, Gutes zu tun. Eine mögliche Formel: Das Böse eindämmen, das Gute befördern.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Die kleinen und großen Extraschlauen

In den Corona-Jahren 2020 und 2021 gab es sehr viele finanzielle Hilfen auf Bundes- und Landesebene für Unternehmen, Freiberufler, Musiker:innen, Veranstalter und viele mehr und auch ich beantragte Hilfsgelder und erhielt die erste Zahlung drei! Tage nach Antragstellung. Das empfand ich als sensationell und ich konnte die Corona-Krise damit sehr gut abfedern.

In meinem Umfeld nahm ich die Zuweisung der Hilfsgelder sehr unterschiedlich war, manche erhielten sehr wenig und manche nichts. Die Grundlage der Mittelzuweisung waren die Jahresabschlüsse 2019 und davon ausgehend wurden die Hilfen genehmigt. Nach und nach dämmerte mir, wer viel Geld an der Steuer vorbei verdient hatte, seinen Steuerbescheid sehr schmal hielt und vorzugsweise Schwarzgeld nach Hause trug, der ging bei den Hilfen leer aus.

Das Gejammer und Gezeter insbesondere in der Künstler-Szene war groß und in mir wuchs die Erkenntnis, es sind nicht nur manche Big Player, die das Gemeinwohl schädigten, es waren auch manche Kleine, die sich extraschlau aus der Verantwortung gestohlen hatten. Manche große Unternehmen richten mit diesem Verhalten großen Schaden an, doch viele kleine Unternehmen eben auch.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Die glorreichen acht Regeln der neuen Finanzordnung

  1. International agierende Konzerne werden verbindlich in die Rechtsordnung der Länder eingebunden, in denen sie ihre Leistungen verkaufen. Alle Unternehmen bezahlen ihre Steuern in den Ländern, in denen sie ihre Leistungen anbieten und absetzen. In diesem Zuge werden Steueroasen als kriminelle Vereinigungen gewertet.
  2. Jeder Zahlungsfluss in eine Steueroase und aus ihr heraus – gleich ob aus privater Hand, unternehmerisch oder staatlich induziert ist ein Straftatbestand. Ein Transparenzregister gibt allen Menschen jederzeit Auskunft darüber, welches Unternehmen wo welche Steuern zahlt. Es gibt auch ein Transparenzregister für jeden Politiker, aus dem alle Einkünfte, Posten, Nebenaufgaben, Ämter und finanziellen Beteiligungen hervorgehen. Und es gibt ein Transparenzregister, das die Steuerzahlungen jedes Menschen dokumentiert.
  3. Kapitalerträge, die in den privaten Konsum fließen, werden signifikant höher besteuert, in jedem Fall deutlich höher als die Steuern auf Arbeitsleistungen. Vermögen und Kapitalerträge, die in die Schaffung neuer Arbeitsplätze, in die Forschung und Entwicklung oder in das Gemeinwohl investiert werden, bleiben steuerfrei. Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin hat das Recht, sich mit dem Kauf von Unternehmensanteilen am wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens zu beteiligen.
  4. Finanztransaktionen mit dem Zweck der Spekulation – zum Beispiel Zins- und Währungswetten, Warentermingeschäfte und Leerverkäufe sind strafbar ebenso wie das Zocken mit Fremdkapital. In diesem Zusammenhang werden die Aufgaben der Börsen signifikant eingekürzt und einer durchsetzungsstarken staatlichen Kontrolle zugeführt.
  5. Die Aufblähung der Weltwirtschaft durch von der Realwirtschaft abgekoppelte Finanzströme wird beendet. Wenn wir eine nachhaltige Welt wollen, dann brauchen wir den Mut zum Widerstand mit Anstand. Clevere Steuerhinterziehungen, trickreiche Gesetzeslücken, die obszöne Anhäufung von Geld, das Ausnutzen von Amt und Macht für eine Günstlingspolitik sind gegen die Wohlfahrt aller Menschen gerichtet und strafbar.
  6. In dem Maße, wie die jeweilige Bank über nach dem neuen Recht rechtmäßig geschaffene und erworbene Substanzwerte verfügt, kann sie ihr Geschäftsmodell fortsetzen. Alle anderen Gelder werden dazu verwendet, den durch die Banken verursachten Schaden auszugleichen. In Deutschland dient das Geld dem staatlichen Schuldendienst und Investitionen in das Gemeinwohl – Forschung und Entwicklung, Bildung, Infrastruktur.
  7. Das Maß einer nachhaltigen Gesellschaft bemisst sich auch an dem Maß ihrer Freiheit von Schulden, denn Schulden zwingen Menschen, Unternehmen, Institutionen und Staaten in falsches Verhalten.
  8. Auf mittlere Sicht agieren alle Banken als regionale Genossenschaften mit einer breiten Streuung der Anteile oder als kommunale Banken mit Regionalverantwortung. Das Geld muss in regionalen Bezügen zirkulieren, nur dann erfüllt es seine segensreiche Wirkung als werthaltiges Tauschmittel für Wertschöpfung mit Substanz. Nachhaltiges Wirtschaften ist in erster Linie ein Wirtschaften in regionalen Bezügen.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Politik für eine Wirtschaft im Wandel

Gute Politik ist immer vernünftige Politik, die entlang mehrheitlich vereinbarter Ziele an der Ausgestaltung der Rahmenhandlungen arbeitet und Anreize schafft, an der Erreichung der Ziele mitzuwirken. Man könnte auch sagen, gute Politik bündelt die Interessen des Volkes und befördert deren Verwirklichung.

Die Realität in Deutschland sieht leider anders aus. Innerhalb der wertegeleiteten und gerne auch feministischen Politik nehme ich auf der Arbeitsebene viel zu wenig wahr, den postulierten Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise auf Seiten der Politik tatkräftig zu unterstützen.

Die Anforderungen an einen mittelständischen Betrieb, nur seinen aussagefähigen Nachhaltigkeitsbericht sauber zu verfassen, sind enorm und binden viel Zeit und Geld. Hinzu kommen Investitionen in optimierte oder neue Produktionsverfahren, die angepasste Organisation der Lieferkette, die Schulungen der Mitarbeiter:innen, die Kommunikation mit den Kunden, die Auswahl neuer und vermutlich teurerer Materialien und vieles mehr.

Es ist wirklich viel Arbeit, einen Betrieb entlang nachhaltiger Prinzipien weiterzuentwickeln, denn diese arbeiten innerhalb eines bestehenden Systems, dass genau dieses Verhalten nicht honoriert. Diese Betriebe stehen nicht zuletzt im Wettbewerb mit anderen Betrieben, die das Spiel der Ausbeutung von Mensch und Natur geschickt weiterbetreiben, sich für schlanke Euros als klimaneutral zertifizieren lassen und sich als Weltretter präsentieren.

Der Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise wird ohne politische Anreize nicht gelingen. Ganz konkret wahrnehmbar ist im Winter 2024 der massive Rückgang der Neuzulassungen von E-Autos, einfach weil zum Jahreswechsel die Kaufprämie dem Rotstift der Regierung zum Opfer fiel.

Bei den mittelständischen Betrieben ist es genau so, ohne Anreize und Unterstützung kein Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise.

Spannend fände ich zum Beispiel Steueranreize für Emissionssenkungen der Unternehmen. Es geht nicht um Klimaneutralität, das ist Humbug, es geht um Emissionsfreiheit. Wie wäre es, wenn jedes Unternehmen, dass seine Emissionen nachweisbar und konstant senkt, je Prozentpunkt Rückgang der Emissionen seine Unternehmenssteuern in entsprechender Höhe reduzieren kann?

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Die schöne Welt des Greenwashing

Der bisherige Ansatz, CO2-Zertifikate zu kaufen scheitert leider an der Wirklichkeit. CO2-Zertifikate sind weit überwiegend Fake, sie sind wirkungslos, die Kontrolle funktioniert nicht, CO2-Zertifikate dienen meist dem Greenwashing. Ihr Anreiz besteht darin, weiterhin CO2 zu emittieren, die Kosten werden in das Geschäftsmodell eingepreist; die Kunden werden belogen. Würde die Reduktion der Emissionen zu einer Steuererleichterung führen, dann könnten diese Unternehmen ihre Herstellkosten senken, sie hätten Geld für Investitionen und sie könnten die Angebotspreise senken und damit ihre Marktstellung verbessern.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Die Ausbeutung überwinden

Als obszön zu nennende Gehaltsspreizungen innerhalb eines Unternehmens dienen nicht der Nachhaltigkeit. Überbordende Gehaltsspreizungen sind auch Öl im Feuer der gesellschaftlichen Spaltung und es ist nicht Ordnung, wenn absurd hohe Vergütungen in Millionenhöhe Löhnen und Gehältern gegenüberstehen, die Menschen zu Aufstockern deklassieren.

Alle im Unternehmen beschäftigten Menschen arbeiten gemeinsam an einem Ziel, mit wettbewerbsfähigen Produkten und Dienstleistungen einen Mehrwert zu schaffen, der den Kunden, der Gesellschaft und auch den Mitarbeiter:innen zur Freude gereicht. Demzufolge müssen alle Mitarbeiter:innen angemessen am Erfolg beteiligt werden – auch Mitarbeiter:innen von Subunternehmern und Leiharbeiter.

Meine Vorstellung von Gerechtigkeit, Anreiz und Belohnung von Bildung, Leistung, Erfahrung und Erfolg in der Arbeitswelt würde ich bei 20:1 ansiedeln. Das Gehalt des am besten bezahlten Arbeitsplatzes in einem Unternehmen dürfte maximal das 20fache des am schlechtesten bezahlten Arbeitsplatzes betragen.

Das jetzige System belohnt die neoliberal agierenden Unternehmen, die einen Teil der Lohn- und Gehaltskosten via Bürgergeld der Gemeinschaft aufbürden, das sind meist Menschen, die ihrer Steuer- und Abgabenpflicht nicht entkommen können. In dem Maße, wie sich unsozial verhaltende Unternehmen am Geld der Gemeinschaft bedienen, ist eine staatliche Regelung zulässig.

Auch der Hinweis, nur mit diesen staatlichen Transferleistungen wäre ein Geschäftsmodell aufrechtzuerhalten, ist falsch. Jedes Geschäftsmodell, das sich nur mit den Methoden der Ausbeutung trägt – und auch Arbeitnehmer, die zusätzliches Bürgergeld zum Überleben brauchen, werden ausgebeutet – ist nicht nachhaltig und damit auch nicht unterstützungsfähig.

Wir müssen unterscheiden zwischen Unternehmen, die in eine schwere, von außen induzierte Krise geraten, zum Beispiel die Corona-Pandemie, und Unternehmen, deren Geschäftsmodell darauf angelegt ist, Menschen, Natur und Ressourcen auszubeuten. Diese Unternehmen müssen vom Markt verschwinden, denn sie agieren nicht nachhaltig und dafür brauchen wir staatliche Interventionen.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Unternehmen übernehmen Verantwortung

Sinnvoll wären steuerliche Vergünstigungen von Unternehmen, die in ihrem unmittelbaren Umfeld nachweislich zur Wohlfahrt beitragen. Unternehmen, die regional verfügbare Ausbildungsplätze anbieten, werden steuerlich begünstigt. Unternehmen, die in die Region investieren, zum Beispiel in einen Bahnanschluss oder einen Busverkehr, der auch von den Bürger genutzt werden kann, werden steuerlich begünstigt.

Unternehmen, die sich an der regionalen Infrastruktur beteiligen, vom Regionalkrankenhaus über Wohngebäude, Kindergärten und Schulen bis zum Pflegeheim, werden steuerlich begünstigt. Unternehmen, die in das Gedeihen der lokalen Wirtschaft – von der Landwirtschaft bis zum StartUp-Incubator investieren, werden steuerlich begünstigt.

All diese Ideen kulminieren in dem Ziel, die regionale Wirtschaft zu stärken wo immer sinnvoll und möglich und damit die Wohlfahrt und die Lebensqualität vor Ort anzuheben. Damit würden in Deutschland eine Vielzahl blühender Landschaften gedeihen und die Menschen würden signifikant nachhaltiger in konkret wahrnehmbaren Wirkungszusammenhängen leben. Und schließlich wird das Geld von den Menschen vor Ort investiert, die sich vor Ort auskennen und meistens viel besser wissen, was ihrer Region guttut.

Ja, das ist ein Plädoyer für eine ausgewogene kraftvolle Politik auf Bundesebene mit klaren Leitlinien und Durchsetzungsstärke, die der Politik vor Ort große Handlungsspielräume ermöglicht – das funktioniert, wenn Verantwortung und Vertrauen die Grundlage des Handelns bilden und wenn der Staat auch in Sachen Haushaltspolitik vorbildlich agiert.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Der nachhaltige Staatshaushalt

Die Ausgaben des Bundeshaushaltes betrugen im Jahr 2023 knapp 460 Milliarden Euro, die Einnahmen von etwas über 390 Milliarden Euro führten zu einem Defizit von knapp 65 Milliarden Euro, das im Wesentlichen durch die Entnahme aus Rücklagen und die Aufnahme neuer Kredite beglichen wurde.

Man muss keiner bestimmten politischen Farbe anhängen für die Aussage, auf Dauer defizitäre Systeme sind nicht nachhaltig, irgendwann kommt der große Knall. Dieses Naturgesetz gilt für jede Ökonomie, es gilt für jeden Haushalt, auch für Naturhaushalte. Die erste Regel der Nachhaltigkeit lautet „Entnimm maximal so viel, wie nachwächst. “

Dem ersten Ungleichgewicht unseres Bundeshaushaltes gesellt sich ein zweites hinzu, die Verteilung der Haushaltspositionen. Widmen wir uns dem größten Punkt, dem Anteil für Arbeit und Soziales mit knapp 39% bzw. guten 170 Milliarden Euro am Bundeshaushalt. Darunter wiederum finden wir mit knapp 74% bzw. knapp 127 Milliarden Euro die Rentenversicherung und Grundsicherung. Der Anteil der Grundsicherung hierbei beträgt gute 25% bzw. runde 43 Milliarden Euro und darunter mit guten 24 Milliarden Euro bzw. guten 55% Bürgergeld.

Umgangssprachlich könnte man sagen, von jedem Euro Einnahmen, die zu über 90% aus Steuermitteln erwirtschaftet werden, fließen 39 Cent in die Konsumausgaben der nicht (mehr) Erwerbstätigen.

Ich gönne jedem von Herzen ein auskömmliches Leben im Alter mit dem Geld, das jemand im Rahmen seiner Lebensleistung erwirtschaftet hat und ich freue mich, wenn die Solidargemeinschaft der Steuerzahler jedem Bürger ein Leben in Würde ermöglicht. Doch in der Summe ist der Anteil der – bitte verzeihen Sie den betriebswirtschaftlichen Ausdruck – unproduktiven Ausgaben am Staatshaushalt entschieden zu hoch.

Blicken wir zusätzlich auf die sozialen Leistungen der kommunalen Haushalte. Diese beliefen sich im Jahr 2020 im Schnitt auf 22% der Gesamtausgaben der Kommunen. Neben großen regionalen Unterschieden verzeichnen nahezu alle Kommunen in Deutschland eine stetige Steigerung der Sozialausgaben.

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Wetten auf die Zukunft

Es liegt auf der Hand, die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates und der Kommunen sind stark eingeschränkt, sehr viel Geld ist fest gebunden an die Existenzsicherung von Millionen Menschen. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, wenn sich die Regierungen kreativer Methoden bedienen, um ihre Handlungsfähigkeit zu erhöhen, zum Beispiel indem sie Schattenhaushalte respektive Sondervermögen  kreieren, die in der Neuverschuldung nicht auftauchen.

Buchhalterisch betrachtet sind Sondervermögen Kreditverträge mit der Zukunft. Die im Sondervermögen eingestellten Gelder werden sofort ausbezahlt, der Kredit wird erst in der Zukunft fällig. Das erste Sondervermögen der Bunderepublik Deutschland aus dem Jahr 1953 war das European Recovery Program, das europäische Wiederaufbauprogramm, im Volksmund bekannt als Marshall Plan. In diesem Zuge wurde die KfW – die Kreditanstalt für Wiederaufbau gegründet. Die USA stattete den Marshall Plan mit sechs Milliarden DM aus und erließ Deutschland in den späten 1960er den Großteil seiner Schulden.

Mit Stand Februar 2024 arbeitet Deutschland neben dem offiziellen Haushalt mit 29 Sondervermögen und darunter finden wir höchst kreative Lösungen wie den FMS – Finanzmarktstabilisierungsfonds zur Abfederung der Finanzkrise, der neben Einnahmen aus den Beteiligungen knapp 23 Milliarden Euro Schulden aufweist.

Die Sondervermögen erhalten der Regierung die investiven Gestaltungsmöglichkeiten, sie sind Verträge mit einer erwünschten Zukunft – zum Beispiel der KTF – Klima- und Transformationsfonds aus dem Jahr 2011. Doch Sondervermögen sind auch immer Schulden, die irgendwann zurückbezahlt werden müssen. Der Bundesrechnungshof  mahnt dringend an, sowohl die Anzahl als auch den finanziellen Umfang der Sondervermögen zu reduzieren.

Im Jahr 2023 umfassten diese mit knapp 870 Milliarden Euro fast das doppelte Volumen des offiziellen Bundeshaushalts. Das ist insofern gefährlich, als rund 90 Prozent der Sondervermögen kreditfinanziert sind. Der Bundesrechnungshof empfiehlt deshalb auch den passenderen Begriff der Sonderschulden.

Nehmen wir die erwartbaren stark steigenden Kosten für die Renten der Boomer in den kommenden Jahren hinzu zuzüglich der nachkommenden Generation der Geringverdiener, deren Anteil auf Grund des gesetzlichen Mindestlohns zwar stetig sinkt , doch rund gerechnet immer noch jeden sechsten Arbeitsplatz betrifft. Diese Menschen landen bei Renteneintritt in der Grundsicherung und damit wieder im Topf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Eine Fortschreibung dieser Situation in den kommenden Jahren wird sich wie folgt gestalten: Die Ausgaben des Staatshaushaltes für Renten und Grundsicherung werden nominell und in Prozentanteilen steigen, die Handlungsfähigkeit im offiziellen Bundeshaushalt wird weiter sinken, in diesem Zuge verlagert der Staat seine Gestaltungsmöglichkeiten immer mehr in Wetten auf die Zukunft, sprich in Sondervermögen.

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Das große Ungleichgewicht

Das große Ungleichgewicht unseres Staatshaushaltes ergibt sich aus der Staatsquote. Die Staatsquote, besser Staatsausgabenquote, wird in Prozent gemessen. Die Zahl sagt aus, wieviel Geld der Staat gemessen am BIP – Bruttoinlandsprodukt für die Erfüllung seiner Aufgaben ausgibt.

Zwei Zahlen für Romantiker: Im Jahr 1880 lag die Staatsquote in Deutschland bei etwas über 11 Prozent, im Jahr 1960 lag sie bei gut 23 Prozent. Ernüchternd ist die Zahl aus dem Jahr 2022: die Staatsquote lag in Deutschland bei knapp 50 Prozent .

Diese Entwicklung der Anhebung der Staatsquote finden wir in allen Industrienationen und vieles ist sehr berechtigt, einfach weil der Staat mit seinen Transferleistungen heute existenzielle Lebensrisiken wie Armut, Arbeitslosigkeit oder Krankheit deutlich besser abfedert als in früheren Zeiten.

Eine gesunde Staatsquote finanziert die Wohlfahrt und schafft die Grundlage für einen Sozialstaat. Eine gesunde Staatsquote investiert insbesondere in eine belastbare Infrastruktur und in Forschung und Entwicklung für den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt. Staatsausgaben in Investitionen wie zum Beispiel in eine funktionierende Bundesbahn oder Bundesautobahnen beinhalten einen großen Wertschöpfungshebel für die Gesellschaft und die Wirtschaft.

Der Wertschöpfungshebel der Staatsausgaben in den Konsum wie Hilfen zum Lebensunterhalt ist wesentlich geringer und kofinanziert im Zweifel Lebens- und Geschäftsmodelle, die nicht nachhaltig sind. Eine ungesund niedrige Staatsquote erzeugt sehr viel gesellschaftliches Elend und setzt zu geringe wirtschaftliche Impulse, eine ungesund hohe Staatsquote lähmt die schöpferische Gestaltungskraft einer freien Gesellschaft. Provokativ gesagt, ab 50 Prozent Staatsquote bewegt sich der Staat stracks in Richtung Sozialismus.

Zusammengefasst stellt sich die Situation mit den Staatsfinanzen wie folgt dar: Der offizielle Bundeshalt ist strukturell defizitär, er produziert regelmäßig mehr Ausgaben als Einnahmen. Diese Defizite werden durch neue Kredite ausgeglichen. Die größte Haushaltsposition des Bundeshaushaltes auf der Ausgabenseite nimmt mit knapp 39% das Bundesministerium für konsumtive Ausgaben in Anspruch und der Aussicht, diese Haushaltsposition in den kommenden Jahren massiv auszuweiten.

Die den Bundeshaushalt um fast das doppelte übersteigenden Sondervermögen und die damit geschaffenen finanziellen Gestaltungsspielräume der Regierung dienen einer kreditfinanzierten wünschenswerten Zukunft. Der Staat benötigt für seinen Selbsterhalt die Hälfte der gemeinschaftlich erwirtschafteten Leistung. Diese Finanzpolitik ist nicht nachhaltig. Sie wird zwangsläufig ihr Ende finden, entweder als dröhnender Big Bang oder als stiller Seufzer einer sanft in sich zusammensackenden Endzeitökonomie.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Den Karren wieder auf die Räder stellen

Die im folgenden skizzierten Lösungen mögen radikal erscheinen, doch sie stellen eine gute Lösung auf der Grundlage nachhaltiger Prinzipien dar, die funktionieren wird, wenn wir es wollen und gemeinsam anpacken.

Die Rentenzahlungen und deren massiver Anstieg sind für den sozialen Frieden und ein Leben in Würde unantastbar. Sie resultieren nicht zuletzt aus der Lebensleistung der Menschen, die dem Staat im Vertrauen auf dessen umsichtige Haushaltspolitik ihr Geld anvertraut haben.

Die Mittel für die Grundsicherung der Menschen, die aus ihrer ökonomisch geringen Lebensleistung in unterirdisch schlecht bezahlten Berufen resultieren, werden von den jahrzehntelang davon profitierenden Unternehmen bezahlt, es gilt das Verursacherprinzip. Das Renteneintrittsalter muss neu verhandelt werden. 45 Beitragsjahre sind mit Sicherheit genug und in schweren Berufen sind diese meist zu viel.

Pumperlgsunde Rentner, die sich tiefenentspannt nach einem anstrengungsfreien Berufsleben, das auf ein langjähriges Studium folgte, einer jahrzehntelangen exzessiven Freizeitgestaltung hingeben, muss eine Gesellschaft nicht finanzieren. Wie gesagt, ich gönne jedem Menschen alles, doch wer nimmt, der soll auch geben.

Wer mit 30 Jahren mit dem Berufseintritt mit der Beitragszahlung beginnt, kann, sofern gesund, locker bis 75 Jahre arbeiten, wenn er denn die volle Rente erhalten möchte. Gleichzeitig sollte die starre Regel des gesetzlich verordneten Renteneintritts verschwinden. Die Menschen sollten frei entscheiden dürfen, wie lange sie arbeiten wollen, manche aus Lust an der Freude, manche aus ökonomischer Notwendigkeit. Ein Beruf ist etwas anderes als ein Job, Arbeit verleiht auch Würde durch Teilhabe, das ist ein wertvolles Gut.

Die Staatsausgaben für Sozialleistungen jeder Art müssen signifikant sinken. Überbordende Sozialausgaben sind ein deutliches Zeichen für ein dysfunktionales System, das als Reparaturbetrieb einer neoliberalen Wirtschaftsordnung fungiert. Jeder arbeitsfähige Mensch in Deutschland wird nachdrücklich ermuntert, zu arbeiten und sich einzubringen. Ich schreibe hier bewusst Mensch, denn das gilt für alle Menschen, die mit beiden Beinen auf deutschem Boden stehen – es gilt für Staatsbürger ebenso wie den frisch angekommenen Asylbewerber.

Der Arbeitskräftemangel auf jeder Qualifikationsstufe in Deutschland ist enorm und ist deutlich höher als die im Jahr 2023 gezählten 533.000 bis 630.000 fehlenden Fachkräfte in Deutschland   – bei gleichzeitigem Allzeithoch des Bevölkerungsstandes. Die Sozialleistungen für jeden Erwerbsfähigen sinken auf Null, jeder hier lebende Mensch erhält umstandslos eine Arbeitserlaubnis. In diesem Zuge müssen die Sozialausgaben auf max. 10 Prozent des Staatshaushaltes sinken. Mehr Sozialausgaben sind ein klares Anzeichen für einen kranken Reparaturbetrieb.

Der Staatshaushalt wird transparent dargestellt. Schulden werden Schulden genannt, nicht Sondervermögen. Die Bürger haben das Recht auf eine nachvollziehbare Darstellung der Einnahmen und Ausgaben, der Kredite und Beteiligungen, sie haben ein Recht auf die damit verbundenen Zwänge, Unsicherheiten und Risiken, sie haben auch ein Recht auf Mitbestimmung, in welche Zukunft investiert wird, wie die Lasten verteilt werden

Der Staatshaushalt wird grundlegend saniert. Schuldenfreiheit auf Sicht ist das Ziel. Denn schuldenfrei wirtschaften ist ein zentraler Aspekt nachhaltigen Wirtschaftens. Die aus der Steuer- und Vermögensprüfung der Banken, Unternehmen und Privathaushalte  generierten Gelder und Sachwerte dienen dem Schuldendienst des Staates. Etwaige Überschüsse könnten den ehrlich Steuern zahlenden Unternehmen und Privathaushalten entsprechend ihren Beiträgen zum Gemeinwohl zufließen, denn sie haben die Folgen der kriminellen Machenschaften jahrzehntelang mit ihren hohen Steuern mitfinanziert.

Das alles würde funktionieren, wenn wir es denn wollten, und Sie wissen ja, das bestehende System erfüllt seinen Zweck prächtig, eben nur manifest unzureichend für das Gemeinwohl. Der Staatshaushalt wird neu strukturiert. Entscheidend sind Investitionen in die Substanz und in die Zukunftsfestigkeit des Staates und in die Selbstermächtigung der Bürger.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Zukunft wird mit Investitionen gestaltet

Unter dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit 8,7 Prozent Anteil am Bundeshaushalt beziehungsweise knapp 39 Milliarden Euro finden sich bei dem Punkt Digitale Infrastruktur nicht einmal eine Milliarde Euro. Das sind in der Summe etwa 0,2 Prozent am Staatshaushalt.

Die Bundesschienenwege schlagen mit guten 12 Milliarden Euro beziehungsweise 2,6 Prozent zu Buche. Man könnte diese Aufzählung sehr lange fortsetzen und die Thematik ist hochkomplex, doch am Ende steht die Erkenntnis: Das viele Geld wird nur unzureichend in die Substanz und in die Zukunftsfestigkeit des Staates und in die Selbstermächtigung der Bürger investiert. Mögliche Eckpunkte nachhaltiger Staatsfinanzen könnten sein:

Haushaltsposition und ihr Anteil am Haushalt in Prozent:

  • Renten 28 Prozent
  • Öffentliche Infrastruktur 20 Prozent
  • Sozialausgaben 10 Prozent
  • Wissenschaft und Forschung 10 Prozent
  • Landesverteidigung (leider) 10 Prozent
  • Bildung 10 Prozent
  • Kunst und Kultur 10 Prozent
  • Selbstverwaltung des Staates* 2 Prozent

*Anmerkung zum letzten Punkt: die Kosten der Selbstverwaltung des Staates – der Eigenkonsum des Bundes  muss drastisch von bisher fünf Prozent aus zwei Prozent sinken.

Seit dem Jahr 2010 stiegen die Kosten der Verwaltungsaufgaben des Staates um über 120 Prozent, die Steuereinnahmen wuchsen im gleichen Zeitraum nur um knapp 60 Prozent. Diese Entwicklung muss sich umkehren. Das wäre auch ein sehr klares Zeichen seitens des Bundes für die Schaffung eines nachhaltigen Staatshaushaltes. Mit all diesen Punkten wird auch die Staatsquote signifikant reduziert.

Der nachhaltig agierende Staat muss sich wieder auf seine Kernaufgaben konzentrieren – Äußere und innere Sicherheit, Abfederung existenzieller Lebensrisiken, Investitionen in die Substanz und in die Zukunftsfestigkeit des Staates. Jede Staatsausgabe erfolgt unter der Prämisse: jeder Euro dient der Selbstermächtigung der Bürger, ein gutes Leben aus eigener Kraft zu führen.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Verlässliche Wissenschaft

Die Wissenschaft war stets ein verlässlicher Wegbegleiter und Wegbereiter jeder aufgeklärten Gesellschaft. Im 17ten Jahrhundert eroberte ein neues Denken die Welt. Das Neue war die Art, wie die Menschen über die Welt nachdachten. Kurz gesagt, man begann alles zu hinterfragen. Man ließ die Welt und die Wahrnehmung über sie nicht mehr unhinterfragt. Dieses Denken verstörte die Mächtigen, denn Aberglaube, Dogmen, Macht und Gottes Gnade waren perfekte Herrschaftsinstrumente, derer sich die Mächtigen nach Lust und Laune bedienen konnten.

Die Werkzeuge der Aufklärung speisten sich aus der Vernunft, aus dem Verstand, aus der Kognition. Sie setzte man ein für empirische Forschung, für Experimente, für die Begutachtung in dem Wissen, dass Irrtum immer möglich ist und der Weg der Erkenntnis nie endet. Die große Kraft hinter dem aufklärerischen Impuls war die Sehnsucht nach Selbstbestimmung und dem Ende der selbstverschuldeten Unmündigkeit (Immanuel Kant).

Gerade ein nachhaltiges Verständnis unserer Welt und der Ordnung dieser nach nachhaltigen Prinzipien – insbesondere ein Leben in Freiheit ohne Ausbeutung – braucht eine unbestechliche, unkorrumpierbare Wissenschaft an ihrer Seite, die den Erkenntnisfortschritt furchtlos von Irrtum zu Irrtum vorantreibt, um mit diesem Wissen die Welt beständig lebenswerter zu gestalten.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Die Welt begreifen

Der Weg der Aufklärung gelingt nur mit den Menschen, niemals über ihre Köpfe hinweg und er gelingt nur dann, wenn sich Lebensverhältnisse für alle Menschen spürbar und konkret verbessern. Eines muss immer klar sein, um Aufklärung muss man immer kämpfen und diese ist und bleibt die größte Gefahr für die Mächtigen.

Manchmal denke ich an früher – an die 1970er und 1980er. Die Nachrichten drehten sich um die Außenpolitik, um die wirtschaftliche Lage in Deutschland, die RAF und um die wirklich wichtigen Themen – neue Filme im Kino, Schallplatten-Veröffentlichungen, neue Theaterstücke mit ihren Skandalen, neue Bücher und ganz viel Tratsch. Im Vermischten schließlich auf der letzten Seite der Süddeutschen Zeitung fand sich immer eine kleine Rubrik, die meistens mit den Worten begann: „Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden ….“ Ich fand das immer sehr erheiternd, diese Meldungen aus einer vollständig fremden Welt mit ihren skurrilen Inhalten.

Das hat sich vollständig geändert. Mit dem Einzug des Waldsterbens, der Umweltkatastrophen und  der Erderwärmung in die gesellschaftliche Debatte gewann auch die Wissenschaft im öffentlichen Diskurs an Bedeutung. Wir lernten viel über den sauren Regen, über Quecksilber in den Flüssen und Frostschutzmittel im Wein, über Methan und Kohlendioxid und die Zusammensetzung der Erdatmosphäre, über Sonnenflecken, über Alpha-Strahlung und Becquerel und vieles mehr.

Mich prägte das sehr und ich empfand die Wissenschaft als einen Weg in die Aufklärung. Wir wussten immer mehr über die Zusammenhänge unserer Welt und unseren Beitrag in diesen Zusammenhängen. Ich lernte gerne dazu und mein Gefühl für die Verantwortung wuchs, die ich gegenüber der Welt habe.

Ganz konkret war meine Generation die erste, die den Müll trennte, in meiner Kirchengruppe veranstalteten wir Basare mit gebrauchten Dingen, wir reparierten Fahrräder, die wir auf den Kirchentagen zum Verleih anboten. „Jute statt Plastik“ war mir ein sympathischer Slogan und ich begann beim Einkaufen auf die Herkunft der Lebensmittel zu achten. Biologisch, regional, saisonal produziert und fair gehandelt, das ging mir in Fleisch und Blut über.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Das Fundament der Wissenschaft ist Vertrauen

Mein Urvertrauen in die Wissenschaft wurde erschüttert im Zusammenhang mit dem Waldsterben. Die Tatsachen, die zum Sterben einiger Wälder am Südhang des Erzgebirges führten, wurden sehr stark emotional aufgeladen. Die Untersuchungsergebnisse wurden manipuliert, auf seltsame Arbeit extrapoliert und hochgerechnet. Es stimmte einfach hinten und vorne nicht mehr.

Mir ist schon klar, dass weniger Umweltgifte prima sind, das weiß ich als Radfahrer, der sich in den brüllheißen Sommern Münchens in der abgasgeschwängerten Luft der Schwanthaler Straße eine saftige Portion bleihaltiger Abgase einverleibte und als Schwimmer in der Isar, der froh war, als die Einleitung der Fäkalien im Oberlauf beendet wurde.

Der Punkt ist, die Wissenschaft wurde nach und nach zum Werkzeug der Politik, das alternativlose Denken gewann an Macht. Die Wissenschaft baute ein Bedrohungsszenario nach dem anderen auf (die Erde verglüht, die nächste Eiszeit kommt), die Fördermittel für die angewandte Forschung wuchsen, die Wissenschaft griff beherzt zu und lieferte das Gewünschte: Prognosen aus einer Zukunft, die wir garantiert nicht erleben wollen.

Die Politik pfiff sich eins und begann mit in Verordnungen und Gesetze gegossenen Verhaltensänderungen. Ich sage es noch einmal: Ich erfreue mich einer Welt, in der keine alten Kühlschränke und Autoreifen im Wald entsorgt werden, in der kein Ölwechsel in der heimischen Garage erlaubt ist. Wissen Sie, warum sich die Menschen daran halten? Weil die Strafen brutal hoch sind – zu Recht.

Was nicht geht, ist eine Wissenschaft, die sich unlauterer oder unsauberer Methoden bedient, um Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen und sie damit der Politik als willfährige Lämmer zuführt. Ziehen wir noch einmal ein die Zeitenwende einläutendes Ereignis heran, auch wenn wir uns gerne nicht mehr daran erinnern wollen. Die wissenschaftliche Darbietung der Fakten zur Corona-Krise war erbärmlich. Wir erfuhren nichts über Vergleichswerte der Sterblichkeit aus den Vorjahren, wir hatten keine Vergleiche innerhalb der Altersklassen, wir wussten nicht, wer wann wo getestet wurde, wir unterschieden nicht das Mit und An Corona gestorben. Lustigerweise sank die Infiziertenrate immer montags, einfach weil am Wochenende weniger getestet wurde – hallo, war das wissenschaftlich?

Der demographische Wandel – es lebten und leben mehr ältere Menschen als vor fünf und vor zehn Jahren in Deutschland wurde bei der Übersterblichkeit nicht eingerechnet. Wir wussten nichts über den Anteil der Getesteten zur Grundgesamtheit und deren statistische Verteilung innerhalb dieser. War die Stichprobe normalverteilt? Wie war sie zusammengesetzt? Wo wich ihre Zusammensetzung von der Grundgesamtheit ab? Stattdessen gab es den R-Wert, Inzidenz-Zahlen, erschröckliche exponentielle Kurven und Graphen und abstruse Vergleiche mit anderen Ländern mit vollständig anderen Lebensbedingungen (Infrastruktur, medizinische Versorgung, Bildungsstand der Bevölkerung, Bevölkerungsdichte, Altersverteilung).

Als Höhepunkt der Wissenschaftlichkeit folgte eine siebenseitige Erklärung der Leopoldina – davon zwei Seiten mit einer Auflistung der „Mitwirkenden“ . Zum einen fiel spontan auf, die Erklärung hatte keine Autoren, sie hatte nur Mitwirkende, zum anderen die bunte Mischung der Professionen. Die fünf Seiten lesen sich flott und sie lesen sich wie eine Handlungsanweisung zur Eindämmung der Pandemie. Die Leopoldina hatte ohne bekennende Autorenschaft die Aufgabe der Politik übernommen. Die Politik war nur mehr willige Vollstreckerin und in diesem Fall sogar im vorauseilenden Gehorsam noch härter in der Vollstreckung als sie die Schließung der Geschäfte nicht erst zum 24. Dezember, sondern bereits zum 14. Dezember vornahm.

Die Fleißbildchen der Wissenschaft waren der Politik sicher. Tief beeindruckend in der Ad-hoc-Stellungnahme war der Vergleich mit Irland, ein Land, das mit dem unseren ja nahezu 1 zu 1 vergleichbar ist oder Belgien (Achtung: Ironie). Die rapide fallenden Zahlen in anderen Ländern – in Frankreich, Italien und Spanien, den Horrorländern des Frühjahrs 2020 – wurden weder erwähnt, geschweige denn erklärt.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Wissen beginnt bei der Erkenntnis des Irrtums

Wenn Wissenschaft glaubwürdig bleiben will, dann muss sie ihre Aufgabe ernsthaft angehen und sie muss bei ihren Leisten bleiben. Unser Land wurde über Monate von der Ministerpräsidentenkonferenz regiert – ein Gremium, das im Grundgesetz nicht als Entscheidungsorgan vorgesehen ist – unser Land wurde ohne parlamentarische Kontrolle und den Einbezug des Parlaments regiert und wir drifteten ab in eine Parawissenschaftlichkeit, die nur die Fakten heranzog, die ihr passten. Das macht mich wirklich schaudern.

Die Dominanz der Wissenschaft ist genauso bedrohlich wie die Dominanz der Religion oder des Neoliberalismus. Deshalb habe ich mir keinen Aluhut gebastelt, keine Querdenker-Videos reingepfiffen oder bei illegalen Glühwein-Raves mitgegroovt. Das mit dem Maske tragen, Abstand halten und Lüften war schon in Ordnung. Die grundlegenden Hygieneregeln mit dem Händewaschen und so und nicht im Gesicht rumfummeln weiß ich seit meiner Kindheit. Bitte, liebe Wissenschaft, manipuliert die Menschen nicht, sondern klärt uns auf!

Leider geht die Entwicklung in der Politik hin zum Wissenschaftlichen und damit reflexartig zum Alternativlosen – ich sage bewusst leider – denn die Auswüchse einer alles überformenden Wissenschaft erleben wir bereits im Rahmen der Klimadebatte mit so schönen Zuschreibungen von Menschen als Klimawandel-Leugner und dem Postulat, man wisse jetzt alles und müsse nicht mehr forschen. Liebe Wissenschaft, ich möchte nicht an euch glauben, ich möchte euch vertrauen.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Voodoo Science

Voodoo ist immer dann, wenn magische Kräfte walten sollen. Wenn höhere – überirdische oder außerirdische Mächte angerufen werden, um bedrohliche oder verderbliche Entwicklungen für uns Menschen abgewendet oder zum Besseren gewendet werden sollen. Deshalb brachten Menschen Opfer für eine gute Ernte, sie hopsten singend über Feuerstellen für Regen oder errichten (bis heute) Flughafen-Tower aus Bambus in der Hoffnung auf Konservenregen aus Eisenvögeln. Voodoo ist ein bisschen wie Homöopathie. Wirkt es, dann ist alles gut und wir fahren mit dem Hopsen fort. Wirkt es nicht, dann haben wir eben nicht genug gehopst oder nicht fest genug an die Wirkung des Hopsens geglaubt oder zu spät mit dem Hopsen begonnen oder wir haben einen Verräter unter uns Hopsenden.

In meinen jungen Jahren verbrachte ich viele Ferien in Italien und es war immer wunderbar. Das Wetter, die Lebensfreude, der Cappuccino, der Vino, das Meer, der Reichtum an Kulturschätzen und überhaupt diese Leichtigkeit, dieser Charme und die laute Lebensfreude der Menschen. Doch ich blieb stets „deutsch“ und sah auch die schnell rostenden Autos, die knatternden Mopeds, die stinkenden Abwasserkanäle, die morschen Häuser mit ihren schiefen Wänden und Fensterläden mit der Wäsche draußen, die vielen Menschen mit kaputten Zähnen und die Zufälligkeit der Pünktlichkeit – eben all das, was ich als „nicht-deutsch“ empfand. Da war ich ehrlich gesagt immer ein wenig stolz auf „mein“ Deutschland, diese prachtvoll funktionierende Ingenieurnation und einen Johann Sebastian Bach hatten wir auch!

Im Frühjahr 2020 machte sich das Corona-Virus (das ist jetzt der letzte Bezug zur Pandemie, versprochen!) auf der Welt breit und wir alle waren geschockt. Keiner wusste, was zu tun ist und sicherheitshalber blieben die Menschen zu Hause, meist freiwillig. Im Sommer dann wurde das Leben wieder flockiger und ich dachte mir, jetzt bekommen wir das in den Griff, der zweiten Welle werden wir trotzen! Unsere Politiker, Wissenschaftler:innen und Mediziner:innen tüfteln jetzt einen unserem großartigen Land – eine weltweit führende Industrienation – angemessenen Plan aus und dann zeigen wir es der Welt und dem Virus.

Ich malte mir den Herbst und Winter 2020 ungefähr so aus: In den Schulen sind leistungsfähige Lüftungsanlagen und Luftfilter installiert, wir haben flächendeckend erstklassige digitale Lernangebote zur Verfügung – von der Grundschule bis zur Universität, der öffentliche Personen-Nahverkehr verdichtet seinen Takt auf zwei bis fünf Minuten und die Bahn auf 15 Minuten, damit die Reisenden genug Platz haben. Der Arbeitsplatz findet für die Pandemiezeit wo möglich seinen Weg ins Home-Office, wir bauen zehn Krankenhäuser mit jeweils 1.000 Intensivbetten, die wir vermutlich nicht selbst brauchen und europaweit zur Verfügung stellen können.

Wir haben eine Menge bestens geschulter und bezahlter Pfleger:innen und Ärzte und natürlich haben wir haufenweise Kapazität für die Kinderbetreuung, wo nötig. Unsere Altenheime und Pflegeheime sind auf beste hygienische Standards hin getrimmt und die Hygienekonzepte dort sind so ausgefeilt, dass Besuche jederzeit möglich sind. Natürlich gibt es an jeder Ecke für jedermann und jede Frau schmerzfreie Schnelltests mit verlässlichen Ergebnissen. Natürlich bleiben die Restaurants, Cafés, Bars, Kneipen, Clubs und vor allem die kleinen inhabergeführten Geschäfte offen, denn auch sie setzen die Hygienekonzepte sorgfältig um.

Natürlich finden weiterhin Konzerte mit Zuhörern und Fußballspiele mit Zuschauern statt, einfach weil wir es technisch und logistisch können. Und die Menschen lieben es und machen gerne mit.

Merken Sie was? Pustekuchen! Nichts, Nada, Niente, Zero, Null ist passiert. Keine Strategie, kein Konzept, kein Plan, keine Idee. Na gut, dass mit der Bazooka war schon Klasse, allein der Name ist schon beeindruckend.

Und so langsam keimte in mir ein Verdacht: Wir haben all das nicht umgesetzt, weil wir es nicht konnten. Wir haben es verlernt, gute Ingenieurlösungen zu entwickeln. Wir bekamen die Pandemie nicht mit technischen und logistischen Lösungen in den Griff. Blieb noch der Mensch, den konnte man verängstigen, manipulieren, schurigeln, in seine Schranken weisen und als Schuldigen brandmarken.

Die dargebotenen Lösungen empfand ich als demütigend und erbärmlich. Kinder sollen sich in der Schule warm anziehen und ab und zu in die Hände klatschen und hopsen, so die damalige Bundeskanzlerin. Wir sollten nicht mehr aus dem Haus gehen, außer zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Arzt und zum fresh-air-snapping alone. Die Politik betete das Mantra vor: Menschen treffen ist böse, Alleinsein ist brav. Das war der Griff in das Herz des Mensch-Seins.

Die Kinder mussten eigentlich nur in die Schule, damit deren Betreuung, respektive die Arbeitsfähigkeit der Eltern gewährleistet werden konnte. Genauso sagte es der Söder Markus. Und die Polizei wurde ermächtigt, an jeder Haus- und Wohnungstür zu klingeln und in die gute Stube zu linsen, wer sich da so alles versammelt hatte.

Die damals beschlossenen Maßnahmen waren nur mit der Aushebelung fundamentaler Grundrechte der Bürger kontrollierbar. Was in Deutschland passierte, war Science-Voodoo. Wir verstärkten unsere Anstrengungen in den Bereichen, die bisher auch nicht funktioniert hatten.

Die Psychologie hat dafür einen Begriff: Neurotisches Verhalten. Der Irrsinn fand Gott sei Dank sein Ende, doch als Ergebnis läutete die Pandemie den Beginn eines neurotischen, hypernervösen Zeitalters ein, in dem immer mehr zutiefst verunsicherte und vereinzelte Menschen zur Church of Science beten. Ich flehte damals und auch heute noch um Erlösung: Lasst uns technische und medizinische Lösungen finden statt Voodoo-Gehopse. Auch das auf die Straße kleben und Lebensmittel auf Bilder werfen ist Voodoo.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Exzellente Bildung

Desolat, Niedergang der deutschen Bildung, mangelhaft, Debakel, katastrophal, drastischer Leistungsabfall, Allzeittief, Pisa-Schock, so schlecht wie nie zuvor, Setzen – Sechs, verheerend. Soweit eine Auswahl der Schlagworte aus den Schlagzeilen der deutschen Qualitätspresse nach Veröffentlichung der PISA-Studie am 5. Dezember 2023 über die schulischen Leistungen der halbwüchsigen Schüler in Deutschland in Mathematik, Naturwissenschaften und Deutsch.

Das Bildungsdesaster reicht mittlerweile bis in die Gymnasien hinein. Und sofort war man mit Schuldzuweisungen zur Stelle: die Migrantenquote in den Klassenzimmern, die Ablenkung durch Digital Devices, die Folgen der Corona-Pandemie, mangelhafte Pädagogik, versagende Eltern, unfähige Lehrer, die Veränderungen verhindernde Bürokratie und vermutlich ist an allen Aspekten und Perspektiven etwas dran. Doch den Kern der Misere hat man nicht getroffen.

Als wir 2011 von München nach Leipzig zogen, zogen unsere Kinder mit. Der Jüngere war in München auf einem musischen Gymnasium und erzielte dort manchmal mittlere und meist mäßige Ergebnisse. Freude bereitete ihm die Schule selten. Die Herausforderung in Leipzig war, es gab nur eine passende Schule für die Fortsetzung in dem musischen Schultyp, das war die städtische Thomasschule.

Unser jüngerer Sohn wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen und dann saßen wir der Direktorin gegenüber, die sich alles anhörte und dann das letzte Zeugnis unseres Jüngeren unter die Lupe nahm. Dort standen neben einigen Dreiern vor allem Vierer. Sie ging Fach für Fach und Note für Note durch und fragte jeweils nach der Ursache für die Note. Das war unserem Jüngeren sehr unangenehm und uns ehrlich gesagt auch, denn die Antworten und Begründungen klangen in der Summe schon sehr nach Ausrede und äußeren Umständen, womit ich uns Eltern ganz klar mit einbeziehe.

Mein lieber Bewerber, meinte sie, erhob ihren Blick und ließ diesen auf unserem jüngeren Sohn ruhen. Du weißt, meine Schule gehört zu den besten in Sachsen, unsere Abiturienten legen meist ein Abitur mit der Eins vor dem Komma ab und ich will, dass das so bleibt. Kannst Du dir vorstellen, Deine Ergebnisse binnen eines Jahres in jedem Fach um mindestens zwei Notenstufen anzuheben? Leicht errötend nickte unser jüngerer Sohn und bejahte. Versprichst Du mir das? Ein zweites Ja folgte.

In einer der ersten Schulwochen der Thomasschule sollte es für unseren jüngeren Sohn zu unserer großen Freude auf Klassenfahrt an die Ostsee gehen, so könne er gleich zu Beginn des Schuljahres einen guten Zugang in die Klassengemeinschaft finden.

Unser jüngerer Sohn legte uns ein paar Tage vor Abreise ein Formular zur Unterschrift durch uns beide und ihn vor. Neben dem Kleinkram wie Allergien, Unverträglichkeiten und einer möglichen Medikation enthielt das Formular einen Passus, dass jeder Schüler der Thomasschule ein Repräsentant dieser sei und sich entsprechend in der Öffentlichkeit verhalten werde und dass der Schüler dieses Versprechen bitte mit seiner Unterschrift bekräftigen möge und wir Eltern ebenfalls unser Versprechen, unseren Sohn dahingehend zu instruieren, mit Signatur bestätigen.

Wir lernten damals: Im Zentrum gelingender Bildung steht immer eine verbindliche Vereinbarung der zentralen Akteure – der Schüler, der Eltern und der Lehrkräfte.

So wurde unser jüngerer Sohn ein Thomasschüler, seine Klassenkameraden nahmen den Neuankömmling sympathisch in ihre Gemeinschaft auf, und das Wunder geschah. Seine Leistungen verbesserten sich erheblich und noch viel wichtiger, er ging jeden Tag gerne zur Schule und verließ diese mit seinem Abitur in der Tasche – und einige Freundschaften aus der Schulzeit tragen bis heute.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Manchmal braucht man einen Notfallplan

Unsere Welt besteht aus Tatsachen. Der Lehrermangel, die vielfach heruntergewirtschafteten Schulen und deren häufig mangelhafte Ausstattung, die Probleme vieler Kinder mit Migrationshintergrund mit der deutschen Sprache, missglückte Reformen und unzureichend funktionierende pädagogische Konzepte sind Realität, ebenso wie erschwerte Rahmenbedingungen durch forderungswütige Eltern gegenüber der Schule und neue Lebenswirklichkeiten der Schüler, in der Digital Devices einen festen Platz einnehmen. Das alles hilft nichts, wenn man das Dilemma der unzureichenden Schulbildung beheben will. Es ist wie bei einem Notfallpatienten, wir brauchen erstmal einen Notfallplan, um den Patienten Schule zu stabilisieren.

Größere Klassen beseitigen nicht den Lehrermangel, doch so werden viele Unterrichtsausfälle vermieden. Für meine Generation ist eine große Klasse kein Schrecken, wir waren auf dem Gymnasium bis zu 38 Schüler in der Klasse. Für guten Unterricht in größeren Klassen brauchen wir mehr Disziplin; die Lehrkräfte müssen sich sehr gewissenhaft auf ihren Unterricht vorbereiten, die Schüler brauchen die Ruhe im Klassenverband, um den Wissensstoff aufzunehmen und zu verarbeiten.

  • Der Gemeinschaft verpflichtet
  • Commitment
  • zur Leistung
  • Wille zur Bildung

Wer Lust hat, der googelt die Geschichte von Michael Rudolph, dem Berliner Schuldirektor, der die Außenklinken seines Schulgebäudes abmontieren ließ und die Eingangstüren ab Unterrichtbeginn von außen verschlossen hielt.

Jeder Schüler erhält vor dem ersten Schultag eine sechswöchige Unterrichtsvorbereitung vor dem ersten Schultag. Dort lernen die Schüler Pünktlichkeit, Ordnung, Umsicht mit ihren Schulsachen, sie lernen die Regelmäßigkeit im Lernen, und sie lernen, sich in Aufgaben zu versenken. Wer dennoch den Unterricht über die Maßen stört oder sein Lernverhalten dysfunktional ist, der wiederholt die Unterrichtsvorbereitung.

Alle Lehrkräfte werden konsequent von Verwaltungsarbeit entlastet. Das Einzige, was zählt, ist die Produktivarbeit mit den Schüler:innen. 12 Wochen durchbezahlte Ferien für beamtete Lehrkräfte mit auskömmlichen Pensionsansprüchen sind eindeutig zu viel.

Damit wird eine Berufsgruppe übermäßig privilegiert und diese Privilegien ziehen die falschen Menschen aus den falschen Gründen an. Sechs Wochen bezahlter Urlaub genügen völlig. Die Eltern werden wieder wesentlich stärker in ihrer Erziehungsarbeit gefordert.

Die Eltern sind immer Teil des Bildungsauftrages, deshalb müssen Eltern verantwortlich eingebunden werden. Auch die Lehrkräfte haben einen Erziehungsauftrag, doch eher im Sinne der Heranziehung eines mündigen Staatsbürgers, die Lehrkräfte kümmern sich in erster Linie um die Bildung. Nicht akzeptable Deutschkenntnisse, unsoziales und die Mitschüler schädigendes Verhalten sind nicht akzeptabel.

Die Deutschkenntnisse werden in eigenen Förderklassen auf Vordermann gebracht, Störungen werden hart bestraft. Besserung wird massiv belohnt. Das alles ist ein Haufen Arbeit, insbesondere für die Lehrkräfte, das Verwaltungspersonal in Schulen und die Eltern, und genau deswegen scheitert unser Schulsystem fast mit Ansage. Die Akteure sind oft schlicht faul und Schuldzuweisungen und Konferenzen und Tagungen und Konzepte schreiben ist viel leichter als das verantwortliche Wirken am Menschen.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

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Bildung braucht Bindung und Vertrauen in Talent

Spannen wir den Bogen über den Notfallplan hinaus etwas weiter für gute Ansätze und Lösungen, die das Lebensglück der Kinder auf Grundlage einer guten Bildung auf ein tragfähiges emotionales und kognitives Fundament stellen. Alle Kinderkrippen werden privatisiert. Kleinkinder bis zum dritten Lebensjahr gehören in ein behütetes Zuhause, in dem sie Vertrauen, Geborgenheit, Beständigkeit und Liebe erfahren. In Einzelfällen mit häuslicher Gewalt, Drogensucht der Eltern und Verwahrlosung entscheidet das Jugendamt, ob ein Kleinkind in einer Kinderkrippe besser aufgehoben ist als zuhause.

Wir sollten die frühkindlichen Traumata beenden, mit einem Gefühl des täglich abgeschoben Werdens aufzuwachsen. Wir sollten die Kleinkinder aus den Fängen der Liebesersatzdienstleister befreien. Wer sich dennoch für eine Kinderkrippe entscheidet, bezahlt diese vollständig aus eigener Tasche und sollte sich idealerweise rechtzeitig prüfen, ob er emotional und psychisch in der Lage ist, gute Eltern sein zu wollen. Kindergärten sind und bleiben für Kinder hervorragende Möglichkeiten, sich zu entwickeln – wenn sie auf dem dafür geeigneten Entwicklungsstand sind: motorisch, sprachlich, verständigungsfähig und mitmachbereit.

Wir brauchen eine Schule, die ihren Namen wieder verdient, in der Kinder entsprechend ihren Fähigkeiten und Talenten gefordert und gefördert werden. Wir brauchen die gleichgewichtige Ausbildung mit anerkannten Abgangszeugnissen in der Hauptschule für Kinder und Jugendliche mit überwiegend praktisch-händischen Befähigungen, Neigungen und Talenten, in der Realschule für Kinder und Jugendliche mit überwiegend organisatorisch-planerisch-kognitiven Befähigungen, Neigungen und Talenten und Gymnasien für Kinder und Jugendliche mit überwiegend wissenschaftlichen Befähigungen, Neigungen und Talenten. Natürlich ist jede Schulart durchlässig in alle Richtungen.

Das Fatale an der bisherigen Entwicklung ist die Herabwürdigung der Hauptschulen und Realschulen unter die Gymnasien, in die so gut wie alle Kinder gepresst werden, obwohl viele von ihnen dafür nicht geeignet sind und im Laufe ihrer Bildungskarriere zu todunglücklichen, sich selbst fremden Menschen werden. Leider sind die wertenden Konnotationen der Begriffe Hauptschule, Realschule und Gymnasium in der Gesellschaft so fatal festgebacken. Unter Umständen brauchen wir gleichgewichtige neue Namen für diese drei im Grunds sinnvollen Schulformen und dafür jeweils inhaltlich scharfe und wertschätzende Profile.

Ich traue mir zu, in einem einwöchigen Ferienlager mit 50 zehnjährigen Kindern und vier weiteren Betreuern die Befähigungen, Neigungen und Talente jedes Kindes sehr genau zu erfassen. Die einen spielen still vor sich hin und entdecken die Welt im Kleinen und Großen in erster Linie für sich, die anderen tummeln sich in Gruppen, in diesen Gruppen bilden sich die Führungskräfte heraus, bei Gemeinschaftsaufgaben finden sich schnell die Praktisch veranlagten, die Hilfsbereiten, die Kümmerer, die Mitdenker, die Extraschlauen und die Logistiker.

Es ist nicht so schwer, Kinder entlang ihrer Befähigungen, Neigungen und Talente zu fordern und zu fördern. Auch die Störenfriede, Unruhestifter und subversiven Verweigerer erkennt man schnell. Um diese Kinder kümmert man sich mit konkreten Rückmeldungen und Aufgaben, die ihnen helfen, einen guten Zugang zu sich selbst und zur Gemeinschaft zu finden. Gutes Verhalten wird belohnt, positive Verhaltensänderungen werden belohnt, Einzelleistungen und Gemeinschaftsleistungen werden belohnt. Kreativität wird belohnt.

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© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Bildung dient der Menschwerdung in Gemeinschaft

Erlauben wir uns einen Blick in eine mögliche Zukunft der Schule. Die Fächer Werken, Hauswirtschaft, kaufmännisch Rechnen, Deutsch, Sport, Musik und Kunst sind Pflichtfächer im Bildungskanon von der ersten bis zur Abschlussklasse. Eine gute Schule dient der Menschwerdung. Mensch sein bedeutet, sich selbst tragen zu können, sich in erster Linie selbst helfen zu können, sein Leben im Griff zu haben und sich und seine Persönlichkeit ausdrücken zu können.

Kein Kind bleibt zurück. Bildung wird für jedes Kind konsequent durchgesetzt, es gibt kein Pardon für bildungsferne Eltern, die ihren Kindern die Menschwerdung vorenthalten. Bildung ist Pflicht. Deshalb übernimmt die Gemeinschaft der Steuerzahler – gemeinhin Staat genannt, wenn es um Geld geht – die Kosten für Bildung, Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung, von der Grundschule bis zum Studienabschluss, vom Computerkurs bis zur Meisterschule.

Viele Studiengänge insbesondere der Geisteswissenschaften werden Privatsache, hier ist eine Renaissance der Privatgelehrten sehr begrüßenswert. Der Steuerzahler bezahlt, was der Gesellschaft konkret dient, was die Gesellschaft voranbringt, was die Welt konkret verbessert, was Wohlstand und Fortschritt schafft und was einen ökonomisch tragfähigen Lebensentwurf ermöglicht.

Bildung reicht weit über Schulen, Meisterschulen, Berufsfachschulen und Hochschulen hinaus. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk investiert massiv in Bildungsangebote für alle Bildungs-, Bevölkerungsschichten, um wieder seinem Bildungsauftrag gerecht zu werden.

Im Internet will ich zahllose qualitativ hochwertige Bildungsangebote finden, ich will endlich Wissens- und Bildungsplattformen auf Weltniveau, um jederzeit jedermann und jedefrau den qualitätvollen Wissenserwerb und das individuelle Lernen zu ermöglichen, hier sehe ich die Bildungspolitik in Deutschland, gleich ober Ländersache oder nicht, massiv in der Pflicht.

All das dient dem Ziel: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung zu gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle zu fördern. Damit erfüllt die Bildung in einer nachhaltig agierenden Gesellschaft ihren Auftrag – Bildung ist ein Stützpfeiler soziale Nachhaltigkeit, die jeden Menschen befähigt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Gute Lebensmittel

Weltweit betrachtet ist der Hunger ein sehr großes Problem. Die Website des BMZ zählt zwei Milliarden Menschen, die nicht jeden Tag genug Essen haben und es bilanziert weltweit Lebensmittel im Wert von über 400 Milliarden US-Dollar, die jährlich verderben. In Deutschland sprechen wir eher von Ernährungsarmut, Mangelernährung  und insbesondere von Fehlernährung  im Sinne von Überernährung.

Essen ist für uns Menschen mit Lust verbunden. Jede Handlung, die für unser Überleben – als Individuum oder als Art – von existentieller Bedeutung ist, verbindet unser Körper mit einem starken Gefühl, einem Trieb, einem unbedingten Willen. Wir müssen essen, um zu leben, doch wir empfinden meistens keinen Handlungsdruck in Form eines äußeren Zwanges, wir entwickeln einen gesunden Appetit und Vorfreude auf die nächste Mahlzeit.

Genetisch leben wir Menschen immer noch in einer Zeit der permanenten Knappheit, so wurden wir vor abertausenden Jahren programmiert. Damals wurde jede sich bietende Gelegenheit dankbar angenommen, sich satt zu essen und sich wann immer möglich einen Vorrat zuzulegen, ein Polster eben, denn man wusste nie, wann es wieder zu essen gab.

Männer speichern die überschüssige Energie eher als Fett zwischen den Organen vorzugsweise im Bauchbereich, um beim Jagen in ihrer Beweglichkeit und Schnelligkeit möglichst wenig behindert zu sein.

Bei Frauen legt sich das Fett eher unter die Haut von Bauch, Hüften und Oberschenkeln. Dadurch entsteht die typisch weibliche Silhouette. Das ist insofern praktisch, als damit auch deren Gebärmutter wirksam vor Kälte geschützt wird.

Diese uns in den Genen liegende Programmierung ist in Deutschland im Jahr 2023 fatal, denn Essen gibt es an jeder Ecke, an der Tankstelle und der Imbissbude, im Einkaufsmarkt, im Restaurant, im Café, in der Kantine oder als Lieferdienst. Wir entkommen weder dem Essensangebot noch unserem Fresstrieb – es sei denn, wir zügeln unsere Lust mit dem Großhirn und das erfordert dauerhafte Anstrengungen.

Hinzu kommt das Dilemma, dass die Fresslust vieler Menschen in den Industrienationen nicht weiß, welche Ernährung gesund für sie ist. Das Essverhalten ist durch die dauerhafte Versorgung mit hochverarbeiteten Lebensmitteln oftmals degeneriert. Die Fresslust ist konditioniert auf Essen, das uns schnell mit viel Energie versorgt, also Fleisch, Fett und Zucker und was unseren Appetit beflügelt, also Salz, Gewürze und Alkohol. Das wäre alles kein Problem, wenn diese Dinge knapp wären. Sind sie aber nicht.

Es ist immer wieder interessant, das Essverhalten von Kindern zu beobachten und zu analysieren. Jedes Kind wählt die ihm bekömmliche Nahrung innerhalb des kulturellen Kontextes und seiner genetischen Disposition, sofern es die Wahl hat. Kinder, die ihr Essen frei wählen dürfen, entwickeln sich besser als Kinder, denen bestimmtes Essen vorgesetzt wird. Allerdings entwickeln Kinder bereits im Mutterleib bestimmte Vorlieben für Geschmack und ihr Stoffwechsel passt sich dem der Mutter an .

Mangelnde Bildung erschwert Kenntnisse und Erkenntnisse und diese wiederum führen zu einem Konsumverhalten von Lebensmitteln, das Folgeprobleme nach sich zieht. Man kann sich sein Essen mit nicht verarbeiteten Lebensmitteln zubereiten (zum Beispiel Obst, Gemüse, Eier, Milch und frisches Fleisch), man kann leicht verarbeitete Lebensmittel (zum Beispiel Butter, Zucker, Salz, Brot, Käse, Nudeln und Pflanzenöl) und hochverarbeitete Lebensmittel hinzunehmen (zum Beispiel Süßigkeiten, Cerealien, Softdrinks, Tiefkühlpizza, Fertiggerichte und Instantsuppen) oder die nicht und leicht verarbeiteten Lebensmittel durch hochverarbeitete Lebensmittel ersetzen.

Je verarbeiteter Lebensmittel sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein dauerhafter und reichlicher Genuss dieser zu gesundheitlichen Problemen führt. Die Ursache finden wir in der Konfektionierung hoch verarbeiteter Lebensmittel der Industrie. Sie verwendet viel Salz, Zucker und Fett als Geschmacksträger, sie erhöht die Haltbarkeit der Lebensmittel mit Konservierungsstoffen und ersetzt gerne natürliche Inhaltsstoffe durch künstliche Inhaltsstoffe (zum Beispiel für Farbe, Geschmack und mehr Volumen).

Die Lebensmittelindustrie setzt bei ihren Produkten auf eine hohe Energiedichte bei geringer Nährstoffdichte und gleichzeitig maximal reduzierten Herstellkosten. Industrielle Lebensmittel werden mit manipulativer Werbung massiv in unser Relevant-Set gehämmert und sie haben einen niedrigen Sättigungseffekt. Die Folgen: man isst einfach zu viel; mit den sich daran anschließenden bekannten Folgen für das Wohlbefinden und die Gesundheit.

Insbesondere Menschen mit Bildungsdefiziten und schmalem Geldbeutel greifen signifikant häufiger zu industriell verarbeiteten Lebensmitteln. Die Markenprodukte der Lebensmittelindustrie suggerieren immer knapp an der strafbewehrten Lüge vorbei Wohlfühl- und Sorglos-Aspekte und animieren zum beherzten Zugreifen, nicht zuletzt mit dem Versprechen, damit ein wertvoller Teil der Konsumenten zu sein, die sich und ihren Lieben gerne viel Gutes gönnen. Die Wahrheit ist: Industrielle Nahrungsmittel sind ein Geschäftsmodell mit vielen Profiteuren.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Mieses Gemüse

Wer arm ist, dem fehlt meist das Geld für eine gesunde Ernährung. Mit unter sechs Euro Regelsatz pro Tag und Mensch im Rahmen des Bürgergeldes  für Ernährung dürfte es eng werden für eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Zudem kochen nur etwas über 35 Prozent der Menschen in Deutschland mit sinkender Tendenz regelmäßig , knapp 14 Prozent der Menschen kochen nie.

Besonders schön entfaltet sich zur Fehlernährung das Dilemma der jetzigen Wirtschaftsweise. Viele Menschen leben in beruflichen, ökonomischen und sozialen Situationen, die ihnen die Zubereitung von schmackhaftem und gesundem Essen mit frischen unverarbeiteten Zutaten erschweren. Verbunden mit unzureichenden Kenntnissen in der Aufbereitung, Zubereitung, Lagerung und vollständiger Verwertung von Lebensmitteln, beruflich bedingtem Zeitmangel und anstrengenden sozialen Bedingungslagen folgen aus der Fehlernährung weitere Probleme wie Adipositas, Bluthochdruck und Gefäßkrankheiten . Diese Krankheiten erzeugen volkswirtschaftlichen Kosten  und dennoch profitieren viele Akteure in diesem System – insbesondere die Lebensmittelindustrie, die Logistikbranche, die Lebensmitteldiscounter, die Pharmabranche und nicht zuletzt Ärzte, Kliniken und Therapeuten.

Diese Wirtschaftsweise erhöht zwar das BIP – Bruttoinlandsprodukt , sie ist allerdings nicht nachhaltig. Der Dreiklang des Problems besteht aus ungesunden und billigen hochverarbeiteten Lebensmitteln, aus mangelnder Aufklärung über deren Risiken und der denaturierten Ernährungsweise vieler Menschen.

Der weiße Elefant im Raum heißt steuern und Steuern – die Lebensmittelindustrie, die Aufklärungsarbeit und die Verbraucher. Leider wird der Diskurs über die Besteuerung der Lebensmittel ideologisch entlang des Grabens Vegetarisch – Karnivor geführt. Tierfleisch essende Menschen sind einem zunehmenden Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, dieser reicht von der unverschämten Energieaufnahme von Nutztieren im Vergleich zu ihrer Energieleistung über den Vergleich mit Fleischessern als Mörder und ihrer Schuld am Hunger im globalen Süden bis hin zu den die Atmosphäre zerstörenden Rinderflatulenzen.

Betrachten wir abgesehen von den weiteren Nährwerten (die sich jeder selber ergoogeln kann) nur die Kilokalorien (kcal) ausgewählter Nahrungsmittel: 1 kg Kartoffeln enthält ca. 700kcal, ein 1 kg Getreide liegt je nach Art bei ca. 360kcal, ein 1 kg Salat ohne Dressing landet bei ca. 150kcal und 1 kg Rindfleisch ist mit ca. 2.200kcal dabei. Je nach Absender variieren die Daten des Platzverbrauches im Vergleich zu Anbauflächen für beispielsweise Kartoffeln, Äpfel oder Karotten und der Energieaufnahme von Rindern über ihre Lebensspanne hinweg sehr stark – beim Futter reicht die Spanne von 1,7kg Kraftfutter für 1kg Fleisch bis hin zu 16kg Getreide. So findet jede Ideologie die ihrer Argumentation zuträgliche Datenbasis.

All diese Daten und Vergleiche sind letztlich nicht hilfreich und schüren nur das Gegeneinander. Verschwiegen werden in diesen Diskursen gerne differenzierte Betrachtungen über die lokale Bodenqualität, die klimatischen Bedingungen, und den natürlichen Wasserhaushalt. Kurz gesagt: Der Anbau von Pflanzen ist nicht immer gut, die Zucht von Nutztieren für deren Verzehr ist nicht immer schlecht.

Nehmen Sie als zwei Beispiele von abertausenden die Produktion von Kartoffeln für die Pommes Frites der Fastfood-Ketten und einen kleinen Biobauernhof, der seine Rinder für den lokalen Verzehr aufzieht, schlachtet und in der Region mit Direktvermarktung verkauft. Das Übel der Lebensmittelproduktion findet sich in den Anbaubedingungen, der Verwendung von Pestiziden, dem Einsatz genmanipulierten Saatguts und dem Einsatz von Antibiotika in der Tiermast.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Mangelernährung macht fett

Versuchen wir gedanklich einen anderen Weg. Der Mensch ist genetisch als Omnivor – als Allesfresser – gebaut. Ihm bekommt besonders gut eine abwechslungsreiche Mischkost, die idealerweise frisch zubereitet ist. Jede Einschränkung der Vielfalt bedeutet Mangel. Zum Beispiel war die Skorbut über Jahrhunderte hinweg eine Geißel der Seefahrer, einfach weil es ihnen auf ihren monatelangen Reisen schlicht an Vitamin C mangelte.

Moderne Mangelernährung resultiert aus Nährstoffmangel, man kann als dicker Mensch auch mangelernährt sein. Jedes Lebensmittel kann nur so gut sein wie sein Herstellungsprozess. Das gilt für jedes Lebensmittel – für Fleisch, für Obst und Gemüse, für Nudeln, Tomaten und Pilze – und natürlich auch für Tiefkühlpizza.

Die Lösungen werden den wenigsten schmecken, insbesondere der gezielt Lebensmittelmüll produzierenden Lebensmittelindustrie und den sich achtlos mit Lebensmittelmüll vollstopfenden Menschen. Man hört schon das Gezeter vom freien Markt und der freien Bürger – beides ist Unsinn.

Wer schädliche Produkte in den Umlauf bringt und anderen damit schadet, handelt vorsätzlich verantwortungslos. Das muss ein Ende haben. Gleichwohl liegt auch die Verantwortung beim Verbraucher, sich und anderen – der Gemeinschaft – nicht zu schaden. Die Lösungen bestehen aus einer Mischung von Markt, Gesetzen und Steuern.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Gewinnmaximierung ist sehr teuer

Jeder Markt entsteht durch Angebot und Nachfrage. Die Bereitstellung der Angebote erfordert Arbeitskraft, Energie und Ressourcen. Die daraus resultierenden Herstellkosten müssen erwirtschaftet werden, um all das zu bezahlen zuzüglich Gewinn und Rücklagen für Investitionen. So weit, so einfach. Ein industrieller Hersteller profitiert erheblich von Kostendegressionseffekten.

Es ist erheblich kostengünstiger, Millionen von Hühnern in einer Massentierhaltung für die Produktion von Eiern zusammenzupferchen als eine Handvoll freilaufender Hühner in einem Hühnerhotel zu halten. Die Kostendegressionseffekte reichen vom Einkauf von Futtermitteln über den Energieeinsatz bis hin zu den Personalkosten. Deshalb sind industrielle Prozesse so unfasslich sexy.

Problematisch wird es immer dann, wenn das oberste Ziel die Gewinnmaximierung ist. Verbunden mit den anonymen Kundenbeziehungen und den nicht öffentlich einsehbaren Produktionsprozessen entsteht daraus die große Versuchung, es nicht so genau zu nehmen. Ein handwerklich arbeitender Bauernhof mit direktem Kontakt zu seinen regionalen Kunden steht diesen täglich im hellen Licht gegenüber.

Abschließend hierzu: nicht jedes Industrieunternehmen ist böse, nicht jeder Bauernhof ist gut. Entscheidend ist immer die Zielsetzung und das Maß an Verantwortung, die jeder Betrieb in der Herstellung seiner Produkte für seine Kunden, seine Mitarbeiter und die Umwelt übernimmt. Eine gute Lösung ist, die Nachhaltigkeit als oberstes Ziel zu setzen und entlang dieser Kriterien für alle hergestellten Güter eine neue Vollkostenrechnung einzuführen, die die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette umfasst.

Die gesetzlichen Regelungen umfassen die Sorgfaltspflicht bei der Herstellung von Lebensmitteln. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit müssen hinzugenommen werden: gerechte Löhne für alle Menschen in der Landwirtschaft, die artgerechte Haltung von Tieren vorwiegend im Freiland unter Berücksichtigung ihres angeborenen Verhaltens, kein Transport von lebendenden Tieren weiter als 50km, kein Export von Fleisch aus Deutschland und kein Import von Fleisch nach Deutschland.

Es gibt kein Menschenrecht auf argentinisches Rindfleisch in Deutschland und auf in Deutschland gezüchtete Schweine in China. Diese Regelungen begünstigen die regionale, bäuerliche Landwirtschaft und sie führen zu stark steigenden Preisen für Fleisch. Sie begünstigen die Wertschätzung für das Naturprodukt und sie erhöhen die Wertschöpfung in regionalen Kreisläufen.

Steuerlich ein Segen sind differenzierte Steuersätze für differenziert zu betrachtende Lebensmittel. Unverarbeitete Lebensmittel, die nach den Regeln der Biolandwirtschaft hergestellt werden, müssen mehrwertsteuerfrei sein. Das begünstigt in einem freien Wettbewerb günstigere gesunde Lebensmittel.

Importierte unverarbeitete Lebensmittel, zum Beispiel Bioerbsen aus Ägypten oder Biotomaten aus Spanien müssen zwingend auf ihre Nachhaltigkeit hin geprüft werden – entsprechen die Arbeitsbedingungen und sozialen Standards für die dort Beschäftigten unseren Standards? Wenn nicht, dann werden Strafzölle in dem Maße fällig, wie diese Nachhaltigkeitskriterien nicht eingehalten wurden. Hört man da wieder den Ruf nach dem freien Markt?

Freier Markt bedeutet insbesondere nicht, Mensch und Natur für die Maximierung des Gewinns auszubeuten. Es bedeutet, langfristig weltweit für gerechte Löhne zu sorgen. Es bedeutet, langfristig weltweit für faire Produktionsbedingungen einzutreten und damit auch Deutschland wettbewerbsfähig zu halten. Es bedeutet mit den Strafzöllen zum Beispiel die heimische Landwirtschaft zu fördern.

Für leicht verarbeitete Lebensmittel kann der Mehrwertsteuersatz bei sieben Prozent bleiben. Daran sind die Menschen gewöhnt. Alle anderen Lebensmittel werden mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belegt zusätzlich der durch ihren Verzehr entstandenen Gesundheitskosten. Wie bei allem gilt auch hier das Verursacherprinzip. Wer den Schaden anrichtet, bezahlt für dessen Beseitigung.

Alle Lebensmittel produzierenden Unternehmen – gleich ober Konzern oder Nebenerwerbsbetrieb – legen ihre verarbeitenden Inhaltsstoffe offen. Deren Risikoanteil an den Zivilisationskrankheiten sind bekannt. Die Summe der risikobehafteten Inhaltstoffe stellt man die Summe der daraus resultierenden Krankheiten und der damit verbundenen Gesundheitskosten gegenüber, vom Arzt bis zur Reha. Alle Produzenten hochverarbeiteter Lebensmittel bedienen den Gesundheitsfonds anteilig ihrer verwendeten Inhaltsstoffe und daraus werden die Gesundheitskosten bezahlt. Das ist ein fairer Beitrag, den volkwirtschaftlichen Schaden durch die Verursacher zumindest in Teilen zu beheben.

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz

Die Welt wird nur besser im Konkreten

Das Fatale an der aktuellen politischen Entwicklung ist, dass die nach rechts abgebogenen Mitbürger relativ rasch sozial vom Rest der Republik isoliert werden, was die Menschen – so deren O-Töne – als soziale Wesen verstärkt in den Umgang mit Rechten zwingt. Eine offene Gesellschaft muss den Nachbarn aushalten, der dummes Zeug redet, es bedarf der Widerworte im Treppenhaus bei gleichzeitiger Einladung zum offenen Wort beim Bier oder Kaffee, es bedarf der Zivilcourage auf der Straße, wenn Unrecht geschieht.

Auch wäre es schön, wenn sich mehr Menschen verantwortlich zeigten für ihr unmittelbares Umfeld und nicht warten würden auf Wenauchimmer, der eine wahrgenommene Achtlosigkeit beseitigt, aufräumt, entsorgt oder repariert. Die bessere Welt beginnt immer bei mir, mit meiner Zugewandtheit, meinem Willen zum Dialog, meinem Mut im Alltag und auch damit, einfach einen im Rinnstein liegenden Pappbecher in den nächsten Papierkorb zu werfen.

Und so beenden wir das Gedankenspiel mit einem Traum. In diesem Traum übernehmen wir Menschen wieder die Verantwortung für unser Land. Gleich mit dem nächsten Sonntag beginnen wir, und wir widmen jeden Sonntag um in einen Ehrenamtssonntag mit konkreten Beiträgen zur Verbesserung unserer Lebenswelt. Wir renovieren die Schulen unserer Kinder – solche Dinge haben wir früher als Eltern tatsächlich gemacht – wir restaurieren die oft verwahrlosten Regionalbahnhöfe, wir kochen in den Pflegeheimen und entlasten dort das Pflegepersonal, wir räumen den Müll aus unseren Parks und wir machen uns bei den Steuern ehrlich und vieles mehr und all das machen wir gemeinsam.

Mit Wir meine ich alle von den 85 Millionen Menschen in unserem Land, die gesunde Hände und Füße haben und einen einsichtigen Kopf auf den Schultern tragen und dann demonstrieren wir mal so richtig für das Gute und dass wir es ernst meinen mit dem Zusammenrücken.

Die Ehrenamtssonntage nennen wir meinethalben gerne Subbotniks, ich finde den Namen ganz lustig und so beziehen wir alle Menschen ein von Nord bis Süd und von West bis Ost. Mich werden Sie nicht finden auf Haltungsdemos, mich finden Sie stets im Konkreten.

Mein konkreter Beitrag zum Weltfrieden im Februar 2024 war es, in unserem Blasorchester bei diversen Faschingsfestivitäten ehrenamtlich den Bass zu spielen und die Trommel zu schlagen während der Altbürgermeister unseres Dorfes beim Familienfasching Kaffee und Kuchen ausgab. So wird ein Schuh draus mit der besseren Welt.

Stellen Sie sich die verdutzten Mienen unserer Politiker vor, die durch unser Handeln auch ins konkrete Handeln gezwungen werden. Gut, der eine oder andere bekommt auch eine Stunde Mathematik spendiert, in der die Quadratur des Kreises erklärt wird und vielleicht hängen  wir noch eine Stunde Betriebswirtschaft dran, in der wir die Sache mit der Insolvenz besprechen. Hierzu würde ich mich bereiterklären, den Erklärbär mache ich gerne.

Und nach getaner Arbeit gehen wir alle auf den Marktplatz unserer Stadt und unseres Dorfes und dann feiern wir zusammen. Wie sagt man bei uns so schön:

„Wir brauchen weniger Dorfmitbenutzer, wir brauchen mehr Dorfmitmacher.“

Auszug aus dem Buch: Nachhaltigkeit in Gesellschaft und Politik | Perspektiven, Spielregeln und Lösungen für eine lebenswerte Zukunft der Spezies Mensch im schönsten Land der Welt – in Deutschland, Stefan Theßenvitz, 248 Seiten, 38 Euro. Im Webshop erhältlich: https://shop.thessenvitz.de/produkt/nachhaltigkeit-in-gesellschaft-und-politik/

© Abbildung erzeugt mit Hilfe von OpenAI, 2024, Stefan Theßenvitz